Wandel im Blick - Arbeitswelten der Zukunft : Digitale Personalakte – Professionalisierung der Personalarbeit
Es ist höchste Zeit, die Personalarbeit insgesamt zu professionalisieren und an die Erfordernisse der digitalen Arbeitswelt heranzuführen. Gleichzeitig müssen Wirtschaftlichkeit (Effizienz) und Wirksamkeit (Effektivität) bei der Durchführung personalwirtschaftlicher Maßnahmen verbessert werden.

Ausgangssituation
Die in Papierform vorhandenen Personalakten werden oft von einer Fremdfirma eingescannt und im Anschluss zurückgegeben. Die digitale Personalakte befindet sich somit genau wie die Stamm- und Abrechnungsdaten der Mitarbeiter im HR-System. Nach dem Scanprozess wird eine Qualitätskontrolle durch das Personalmanagement vorgenommen.
Die Mitarbeiter erhalten dann Gelegenheit, Einsicht in ihre Papierakte zu nehmen, und anschließend sollen die Papierunterlagen vernichtet werden. Es stellt sich nun für eine revisionssichere Archivierung die Frage, welche Papierunterlagen trotz Digitalisierung im Unternehmen aufbewahrt werden müssen. Die verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen lassen nicht einheitlich erkennen, welche Unterlagen das im Einzelnen sind und welche gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen sind.
Weiterhin steht die Frage im Raum, wie lange Papierunterlagen, die nicht vernichtet werden dürfen, im Unternehmen aufbewahrt werden müssen. Denn dies dient der Beweisführung durch die schriftliche Verfassung von Vereinbarungen, einseitigen Wissens- oder Willenserklärungen, um für die Zukunft die Gewissheit zu haben, einen Sachverhalt im Rechtsstreit jederzeit nachweisen zu können. Leider existiert häufig keine einheitliche Verfahrensbeschreibung im Unternehmen.
Aufbewahrungspflichten
Die historisch gewachsenen Aufbewahrungsfristen unterscheiden sich in den für das Personalmanagement relevanten Bereichen (Arbeitsrecht, Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, Recht der betrieblichen Altersversorgung etc.) erheblich, und dies schafft große Unsicherheiten bei der Digitalisierung. Das wird deutlich, wenn durch die gesetzlichen Vorschriften (Datenschutz-Grundverordnung der EU, Bundesdatenschutzgesetz etc.) die Vorgaben zur Erstellung eines Verfahrensverzeichnisses in die betriebliche Praxis umgesetzt werden.
Gleichwohl kann die Verletzung von Aufbewahrungspflichten straf- und berufsrechtliche, aber auch prozessuale Konsequenzen haben. Beispiele sind die Verletzung der handelsrechtlichen Buchführungspflicht, dies kann eine Insolvenzstraftat nach §§ 283 ff. Strafgesetzbuch (StGB) darstellen. Gemäß § 427 Zivilprozessordnung (ZPO) gilt der Inhalt der Abschrift einer Urkunde als bewiesen, wenn der Gegner der Anordnung, die in seinen Händen befindliche Urkunde vorzulegen, nicht nachgekommen ist.
Die (Papier-)Urkunde ist im System des Beweisrechts das sicherste Beweismittel, da das Gericht, sofern die Echtheit der Unterschrift feststeht, hinsichtlich der Bestimmung des Beweiswerts des Dokuments Beweisregeln unterliegt. Elektronische Dokumente mit qualifizierter Signatur sind Urkunden gleichgestellt. Nicht signierte elektronische Dokumente können ebenfalls in einen Prozess als Beweismittel eingeführt werden; das Gericht ist allerdings in seiner Beweiswürdigung frei. Sofern die Echtheit des Dokuments strittig ist, muss der Beweispflichtige weiterführende Nachweise erbringen. Ob dies gelingt, hängt von den konkreten Umständen ab und dürfte bei ungesicherten Dokumenten schwierig sein.
Gesetzliche Aufbewahrungsfristen
Im Handelsgesetzbuch (§§ 238 und 257 HGB) und in der Abgabenordnung (§ 147 AO) ist geregelt, wie lange kaufmännische Dokumente aufbewahrt werden müssen. In § 15 Abs. 4 Telemediengesetz (TMG) ist der Umgang mit Verbindungsdaten geregelt.

Für die Aufbewahrungsfristen von Daten innerhalb der Personalakte eines Mitarbeiters gilt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Eine Aufbewahrungspflicht der Personalakte über die Verjährung hinaus ist nur für bestimmte Dokumente vorgeschrieben. Je nach Art der Unterlagen ist die Länge der Aufbewahrungsfrist etwa im Arbeitsrecht, im Lohnsteuerrecht oder im Sozialversicherungsrecht geregelt.
Dokumente wie Lohnabrechnungen und Lohnsteuerbescheinigungen sowie alle anderen Belege für den Lohnsteuerabzug dürfen laut Steuerrecht (§ 41 Einkommensteuergesetz – EStG) erst nach sechs Jahren vernichtet werden.

Eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren ist für alle Dokumente vorgeschrieben, die zur Gewinnermittlung eines Betriebs verwendet werden.
Vor der Entsorgung einer Personalakte sollte deshalb eingehend geprüft werden, ob Lohnunterlagen darin enthalten sind, für welche die zehnjährige Aufbewahrungsfrist gilt. Aufbewahrungsfristen von zehnjähriger Dauer und mehr ergeben sich insbesondere aus dem Steuer- und Handelsrecht. Dies betrifft nach § 147 Abs. 1 Nr. 1, 4 und 4a AO Bücher, Jahresabschlüsse, die Eröffnungsbilanz und die zu ihrem Verständnis erforderlichen Unterlagen, beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung gemacht worden oder der Buchungsbeleg, wie Lohnabrechnung, Bankauszug oder Betriebskostenabrechnung, entstanden ist.
Aufbewahrung (Checkliste)
Erster Prüfungsschritt:
- Notwendigkeit der Aufbewahrung
- Bestimmen des Dokumentenbestands
- Qualifizieren der Dokumente (Arten/Kategorien)
- Identifizieren der jeweiligen gesetzlichen Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten
- Bestimmen betrieblicher Aufbewahrungszwecke
Zweiter Prüfungsschritt:
- Ausgestaltung der Aufbewahrung
- Beachten der Grundanforderungen: Integrität, Authentizität, Lesbarkeit
- Bestimmen weiterer Anforderungen: Aufbewahrungsdauer, Verkehrsfähigkeit, Vollständigkeit und Vertraulichkeit
- Auswählen der Sicherungsmittel in Bezug auf die zu erfüllenden Anforderungen: Qualitätsunterschiede elektronisch signierter und unsignierter Dokumente
- Notwendiges Pflegen der eingesetzten Sicherungsmittel (Notwendigkeit von Transformation, Verifikationsdatenbeschaffung und Neusignierung)
- Konzipieren des elektronischen Archivsystems
Datenschutz-Compliance (Löschkonzept)
In vielen Geschäftsprozessen und IT-Anwendungen werden personenbezogene Daten verwendet. Die gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzes wie Erforderlichkeit, Datenvermeidung und -sparsamkeit im Umgang mit personenbezogenen Daten sind zu beachten und eine Löschung ist zu gewährleisten.
Daten werden auf der Grundlage von einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorschriften wie Gesetzen oder Verordnungen (Betriebs- oder Dienstvereinbarungen) erhoben, verwendet und gelöscht.
Im Löschkonzept ist festzulegen, wie die datenschutzrechtlichen Pflichten zur Löschung erfüllt werden. Löschprotokolle dienen als Nachweis der rechtskonformen Löschung, und sie sind nach vier Jahren ebenfalls zu löschen. Personenbezogene Daten sollten grundsätzlich nicht nach individuellen Entscheidungen, sondern konsequent nach sinnvollen Regeln gelöscht werden. Demgemäß sind für eine datenschutzgerechte Gestaltung von IT-Prozessen die Prinzipien Zweckbindung („Use, Retention and Disclosure Limitation“) und Datensparsamkeit („Data Minimization“) anzuwenden. Unternehmen, die diesen Verpflichtungen nicht hinreichend nachkommen, drohen hohe Haftungsrisiken. Es zeigt sich, dass die Löschfristen aus der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) eng mit den Aufbewahrungsfristen aus anderen Rechtsgebieten verknüpft sind.
Der datenschutzrechtlich Verantwortliche, somit der Arbeitgeber, unterliegt einer laufenden Pflicht zur Überprüfung des Bestehens von Löschungspflichten. Um die bei Verstößen gegen die DS-GVO drohenden schwerwiegenden Haftungsrisiken zu minimieren, müssen sich Arbeitgeber die Löschungsverpflichtung, die damit einhergehende, kollidierende Aufbewahrungspflicht und die jeweiligen Fristen vergegenwärtigen. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass bei einem Nebeneinander von verschiedenen Aufbewahrungsfristen die längste einschlägige Frist hinterlegt werden sollte.
Prozesse im Wandel
Der Übergang vom Papier zum elektronischen Dokument schreitet schnell voran. Die elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen resultiert vor allem in Zeit- und Kostenvorteilen. Einsatzfelder für Digitalisierungsmöglichkeiten im Personalmanagement sind Personalauswahl, Personalentwicklung, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Zeitmanagement sowie die Personaleinsatzsteuerung. Nachholbedarf besteht in vielen Unternehmen und insbesondere bei zunehmender Teilzeitarbeit sowie wachsenden Flexibilitätserfordernissen.
Raschid Bouabba, MCGB GmbH