Erfolgreiches Payroll-Management : Arbeitszeitmanagement
Die Arbeitszeit ist ein zentrales Thema im Personalmanagement und betrifft sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer. Sie beinhaltet verschiedene Aspekte wie die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, Ruhezeiten, Mehrarbeit, zu vergütende Arbeitszeit und den Arbeitsschutz.
In diesem Beitrag werden diese Begriffe detailliert erläutert und ihre Bedeutung im betrieblichen Alltag aufgezeigt.
Arbeitsschutz
Der Arbeitsschutz umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu gewährleisten. Dazu gehören z. B. die Bereitstellung von Schutzkleidung und -ausrüstung, regelmäßige Sicherheitsunterweisungen und vor allem die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und deren Wirksamkeit regelmäßig zu überprüfen.
Arbeitszeitrechtliche Vorgaben
Der Gesetzgeber begrenzt die arbeitsbzw. werktägliche Arbeitszeit und die wöchentliche Arbeitszeit zum Schutz der Arbeitnehmer. Zu diesem Zweck regelt das deutsche Arbeitszeitgesetz in nationaler Ausgestaltung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie, was tatsächlich schützenswerte Arbeitszeit oder nicht schützenswerte Ruhezeit ist. Ruhezeiten sind gesetzlich vorgeschriebene Pausen, die Arbeitnehmern zwischen den Arbeitsschichten zustehen. Nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) beträgt die Mindestruhezeit elf Stunden. Diese Regelung soll sicherstellen, dass Arbeitnehmer ausreichend Erholung erhalten und somit ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit erhalten bleibt. Dies beinhaltet Öffnungsklauseln, sodass in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen abweichende Regelungen getroffen und dann in Arbeitsverträgen konkretisiert werden können.
Arbeitgeberrisiken bei Verstößen
Der Arbeitgeber ist letztlich verantwortlich dafür, dass die gesetzlichen Vorgaben der Arbeitszeit und zum Schutz der Arbeitnehmer (Beschäftigten) eingehalten werden. Kommt es zu einem Wegeunfall, und es stellt sich heraus, dass die werktägliche Arbeitszeit überschritten war, kann der Arbeitgeber in Haftung genommen werden. Zusätzlich haftet der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer für die Zahlung der zu vergütenden Arbeitszeit. Und nicht zuletzt haftet der Arbeitgeber gegenüber den Sozialversicherungsträgern für die korrekte Abführung der Sozialversicherungsbeiträge nebst Umlagen für die vergütungspflichtigen Arbeitszeiten. Diese Rechtsfolge trifft den Arbeitgeber insbesondere auch dann, wenn Arbeitszeiten – egal ob vorsätzlich, grob fahrlässig oder schlicht aus Unkenntnis – nicht vergütet werden. Dieser Sachverhalt wird unter dem Begriff Phantomlohn im Sozialversicherungsrecht abgebildet. Die Vermittlung der gesetzlichen Vorgaben sowie der rechtssicheren Umsetzung bei Mandanten ist für Fachanwälte im Arbeitsrecht und gleichermaßen für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer immer wieder eine große Herausforderung. Denn die Beitragspflicht entsteht in dem Moment, wo ein Beschäftigter vergütungspflichtige Arbeitszeit erbringt und in der Folge einen Rechtsanspruch auf die Auszahlung von laufendem Arbeitsentgelt erhält.
Arbeitgeberpflicht zur Arbeitszeiterfassung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 13.09.2022, Az. 1 ABR 22/21 bestätigt, dass alle Unternehmen jeder Branche und jeder Größe verpflichtet sind, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten arbeitstäglich zu erfassen. Das BAG hat dann seine Entscheidungsgründe am 03.12.2022 veröffentlicht. Im Nachgang zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14.05.2019, Az. C-55/18 und zum oben genannten Beschluss des BAG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 27.03.2023 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes und anderer Vorschriften (ArbZG-E) vorgelegt. Dieses beinhaltet die tarifoffene Pflicht zur arbeitstäglichen Erfassung der Arbeitszeit auf elektronischem Weg. Und der Arbeitgeber haftet bei mitbestimmungskonformer Wahl der Art der betrieblichen Durchführung (make or buy) für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. So kann er bei Verstößen von der zuständigen Aufsichtsbehörde für den Arbeitsschutz nach notwendiger vorheriger Aufforderung mit Bußgeldern belegt werden. Und in der Folge von Arbeitsoder Wegeunfällen kann der Arbeitgeber wie oben beschrieben durch die zuständige Berufsgenossenschaft (BG) in Regress genommen werden.
Bereitschaftszeiten
Der EuGH hatte sich mit der komplexen Frage zu beschäftigen, wann Bereitschaftszeiten eines Arbeitnehmers als Arbeitszeit zu qualifizieren sind und somit vergütungspflichtig werden. Hieran knüpfen auch umfassende Folgefragen an, etwa nach der zulässigen Länge der Bereitschaftsdienste oder nach etwaigen Dokumentationspflichten. Hintergrund des Urteils war neben der Klage eines slowenischen Technikers auch die eines deutschen Feuerwehrmanns. Dieser ist während seiner Bereitschaftszeit dienstlich dazu verpflichtet, nicht später als 20 Minuten nach einem eingegangenen Alarm in voller Dienstmontur samt Einsatzfahrzeug an der jeweiligen Unglücksstelle im gesamten Stadtgebiet einzutreffen. Vorgaben hinsichtlich seines Aufenthaltsorts während der Bereitschaftszeit hat er jedoch keine. Entscheidend sei laut EuGH, ob dem Arbeitnehmer die Bereitschaftszeit faktisch als Ruhezeit dienen kann oder nicht. Da die Arbeitszeitrichtlinie lediglich zwischen Arbeitszeit und Ruhezeit unterscheidet, orientiert sich der EuGH bei der Einstufung von Bereitschaftszeiten daran, ob der Arbeitnehmer in der freien Gestaltung seiner Bereitschaftszeit sowie der Möglichkeit, sich eigenen Interessen zu widmen, „ganz erheblich beeinträchtigt“ wird, und bezieht dies auf die Wahl des Aufenthaltsorts sowie die Reaktionszeiten. Sei dies der Fall, liege Arbeitszeit vor.
Beeinträchtigungen könnten sich insofern etwa ergeben aus rechtlichen Rahmenbedingungen, konkreten dienstlichen bzw. arbeitsvertraglichen Vorgaben oder Weisungen des Arbeitgebers. Wichtiger Indikator sei z. B. die Häufigkeit von Einsätzen oder die Frist, innerhalb derer die Arbeit aufgenommen werden muss. Ohne Berücksichtigung blieben indes rein organisatorische Schwierigkeiten, die in die Risikosphäre des Arbeitnehmers fallen, wie etwa die Entfernung des Wohnorts zum Einsatzort. Auch seien im Gegenzug spezifische Erleichterungen in die Abwägung einzubeziehen, die sich im Falle des oben erwähnten Feuerwehrmanns etwa durch die Nutzung eines Dienstfahrzeugs mit Blaulicht ergeben können. Bereits 2018 hatte der EuGH entschieden, dass eine bloß achtminütige Einsatzfrist jedenfalls so kurz bemessen sei, dass Arbeitszeit vorliege. So ist etwa auch das BAG der Auffassung, dass eine Rufbereitschaft, die sich durch die freie Wahl des Aufenthaltsorts des Arbeitnehmers kennzeichnet, zumindest dann nicht mehr vorliegt, wenn dieser aufgrund der Vorgaben faktisch keine andere Möglichkeit mehr hat, als sich ständig in der Nähe des Einsatzorts aufzuhalten. Vielmehr liege in einem solchen Fall Arbeitszeit vor.
Begriffe | Bedeutung | Arbeitsschutz | Vergütungspflicht |
---|---|---|---|
Vollarbeitszeit | vertragliche Arbeitszeit | ja | ja |
Arbeitsbereitschaft | BAG: wache Aufmerksamkeit am Arbeitsplatz | ja | ja |
Bereitschaftsdienst | anwesend am Arbeitsplatz | ja | ja, aber Mindestlohn kann |
Ruhezeit | uneingeschränkte Verfügung durch Arbeitnehmer | nein | nein |
Rufbereitschaft | uneingeschränkte Verfügung durch Arbeitnehmer, aber für Arbeitgeber erreichbar | nein | nein, aber klar zum Bereitschaftsdienst abgrenzen |
Arbeitszeit und Vergütung
Die zu vergütende Arbeitszeit umfasst alle Zeiten ohne die Ruhepausen, in denen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt oder sich auf Anweisung des Arbeitgebers bereithält. Dazu zählen auch Überstunden und Bereitschaftsdienste. Die Vergütung dieser Zeiten ist im Arbeitsvertrag oder in Tarifverträgen geregelt und muss den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen. Zeiten des Bereitschaftsdiensts zählen nach dem ArbZG zur Arbeitszeit. Sie gelten nach ständiger Rechtsprechung des BAG grundsätzlich als zu vergütende Arbeitszeit. Bereitschaftsdienst leistet ein Arbeitnehmer dann, wenn er sich außerhalb seiner regulären Arbeitszeit an einem durch den Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten hat, um auf Anweisung des Arbeitgebers seine Arbeit unverzüglich aufnehmen zu können. Bereitschaftsdienst stellt somit eine Beschränkung des Aufenthaltsorts dar, verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf tätig zu werden. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) schreibt verbindlich vor,
dass der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns als Bruttolohn je Stunde geleisteter Arbeit hat. Dies beinhaltet alle Zeiten ohne Ruhepausen, in denen der Arbeitnehmer tatsächlich seine Arbeit verrichtet. Hierunter fällt die Arbeitsbereitschaft genauso wie die Vollarbeitszeit. Die Arbeitsbereitschaft ist geprägt von einer gegenüber der Vollarbeitszeit (= volle Arbeitsleistung) nur geminderten, nicht die gesamte Aufmerksamkeit beanspruchenden Tätigkeit. Das BAG definiert sie als „Zeit wacher Achtsamkeit im Zustand der Entspannung“. Gegenüber der Vollarbeit stellt die Arbeitsbereitschaft in körperlicher und geistiger Hinsicht eine mindere Leistung dar (BAG, Urteil vom 25.10.1989, 2 AZR 633/88).
Die Vergütung von Wegezeiten entfällt für die Fahrt von der Wohnung zum Arbeitsplatz (steuerlicher Begriff: erste Tätigkeitsstätte). Fahrten im Rahmen von Dienstreisen (steuerlicher Begriff: Auswärtstätigkeiten) sind zu vergüten, sofern Start oder Ziel dieser Fahrten an einem Ort innerhalb der Bundesrepublik Deutschland liegen. Für reine Transitfahrten wurde die Anwendung
des MiLoG am 30.01.2015 bis zur endgültigen Klärung durch den EuGH ausgesetzt. Das MiLoG sieht vor, dass der Mindestlohn grundsätzlich zum Zeitpunkt der vertraglich vereinbarten Fälligkeit zu zahlen ist. Eine spätere Zahlung des Mindestlohns stellt eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit bis zur Höhe von 500.000 Euro dar, und es besteht das oben beschriebene Phantomlohnrisiko für den Arbeitgeber.
Fazit
Die Regelungen zur Arbeitszeit sind vielfältig und dienen dem Schutz der Arbeitnehmer. Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung, die Einhaltung von Ruhezeiten, die Regelung von Mehrarbeit sowie die Vergütung sind zentrale Elemente, die zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten beitragen. Der Arbeitsschutz bildet dabei das Fundament, auf dem diese Regelungen aufbauen und ihre Wirksamkeit entfalten. Die rechtssichere Unterscheidung der verschiedenen Ausprägungen von Bereitschaftszeiten ist notwendig, um den Arbeitnehmerschutz zu gewährleisten und die Vergütungspflicht durch den Arbeitgeber zu erfüllen.