Urteil : Kommanditist ist abhängig beschäftigt
Folgt man einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 22.07.2020, liegt bei einem Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (KG) eine abhängige Beschäftigung vor, wenn er seine Tätigkeit aufgrund eines Vertrags über eine Mitarbeit und nicht aufgrund gesellschaftlicher Verpflichtungen ausführt.

Grundsätzlich sind Kommanditisten, die in der KG gegen Arbeitsentgelt tätig sind, als Arbeitnehmer zu bewerten und als solche sozialversicherungspflichtig. Dies gilt auch, wenn die Geschäftsführerbefugnis des Komplementärs Einschränkungen unterliegt – etwa, weil bei Entscheidungen der Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist.
Sachverhalt
Die Klägerin war eine KG, deren Komplementärin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist (GmbH & Co. KG). Zum 01.06.2015 begann ein Betriebswirt als Projektleiter eine Beschäftigung bei der Kommanditistin. Aufgrund eines geschlossenen Vertrags war der Betriebswirt ab 01.01.2018 mit 25 Prozent an der KG beteiligt. Zum gleichen Zeitpunkt beschlossen die Gesellschafter der KG, unabhängig vom Gewinn der Gesellschaft, eine monatliche Tätigkeitsvergütung für den Betriebswirt in Höhe von 6.500 Euro brutto.
Statusfeststellung
Am 19.01.2018 beantragte der Betriebswirt ein Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung. Er gab an, dass er mit Aufnahme als Gesellschafter zum 01.01.2018 weitere administrative Tätigkeiten und mehr Verantwortung in der Repräsentation nach außen hatte. Durch die Erforderlichkeit der Einstimmigkeit bei allen Gesellschafterbeschlüssen könne er diese herbeiführen oder verhindern.
Seine Pflicht zur Mitarbeit ergebe sich ausschließlich aus dem Gesellschaftsvertrag. Sie sei nicht in einem besonderen Arbeitsvertrag/ Dienstvertrag geregelt.

Weisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit unterliege er nicht und er könne seine Tätigkeit im Rahmen der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung und der gesetzlichen Einschränkungen frei bestimmen und gestalten. Urlaub müsse er sich nicht genehmigen lassen. Unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens erhielt er eine monatliche Vergütung, die im Fall seiner Arbeitsunfähigkeit nicht weitergezahlt wurde.
Bescheid der Rentenversicherung
In einem Bescheid vom 13.07.2018 hat die Deutsche Rentenversicherung entschieden, dass der Betriebswirt seit 01.01.2018 in einer abhängigen Beschäftigung steht. Es besteht seit diesem Zeitpunkt Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. In der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestand keine Versicherungspflicht, weil das beitragspflichtige Arbeitsentgelt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze lag. Aufgrund des Kapitaleinsatzes von 25 Prozent des Gesamtkapitals und des daraus resultierenden Stimmrechtsanteils sei es nicht möglich, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen. Die Tatsache, dass seine Mitarbeit nicht im Rahmen eines Arbeitsvertrags geregelt sei, schließe das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung nicht aus.
Entscheidung des LSG
Die Richter des LSG wiesen die Berufung mit Urteil vom 22.07.2020 (Az.: L 5 BA 4158/19) ab. Das Sozialgericht (SG) sei zu Recht von einer abhängigen Beschäftigung ausgegangen.
Nicht aufgrund des Gesellschaftsvertrags
Gegen ein Tätigwerden auf der Grundlage des Gesellschaftsverhältnisses spricht bereits die Tatsache, dass die Mitarbeit des Projektleiters nicht auf einer im Gesellschaftsvertrag festgelegten Mitarbeitspflicht beruht. Die Tätigkeit des Betriebswirtes erfolgte damit nicht auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags, sondern aufgrund einer eigenständigen Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und dem Projektleiter, die, nachdem ein schriftlicher Vertrag fehlt, mündlich abgeschlossen wurde. Dass die Tätigkeit auf einer eigenständigen Dienstleistungspflicht und nicht im Gesellschaftsverhältnis wurzelt, wird auch dadurch belegt, dass nicht alle Kommanditisten der Klägerin eine entsprechende Tätigkeitsvergütung erhalten. Der Betriebswirt ist nicht als Geschäftsführer für die KG tätig gewesen, sondern verrichtet im Wesentlichen die Tätigkeiten, für die er bei der Klägerin bereits seit 2015 zuständig gewesen war.
Ulrich Frank, Sozialversicherungsfachwirt und Wirtschaftsjournalist