Experten antworten 8/2021

Regelaltersrentner und 450-Euro-Job
Wir haben jetzt erstmalig einen Regelaltersrentner, der bei uns eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (450-Euro-Job) ausübt. Müssen wir in diesem Fall noch einen Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung (RV) zahlen?
Obwohl ein weiterbeschäftigter Regelaltersrentner nicht mehr rentenversicherungspflichtig ist, muss der Arbeitgeber bei Ausübung einer geringfügig entlohnten Beschäftigung 15 Prozent zur RV zahlen.
Die RV-Beiträge des Arbeitgebers werden nicht mehr dem geringfügig beschäftigten Rentner zugeordnet. Diese RV-Beiträge laufen in den „großen“ Topf und werden zur allgemeinen Verwendung genutzt. Damit werden auch versicherungsfremde Leistungen finanziert.
Hätte der Rentner die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht, wäre auch der Rentner RV-pflichtig und müsste auf den normalen RV-Prozentsatz aufstocken (= 3,6 Prozent), wovon er sich allerdings befreien lassen könnte.
Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) – Arbeitgeber-Zuschuss wegen ersparter Sozialversicherungsbeiträge
Einige unserer Arbeitnehmer haben mehrere „alte“ Verträge zur betrieblichen Altersversorgung (bAV). In dem Zusammenhang haben wir zwei Fragen: Muss der Arbeitgeber-Zuschuss pro Vertrag berechnet werden? Welche Reihenfolge gilt bei mehreren Verträgen?
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber-Zuschuss in den Vertrag gezahlt werden, in dem Sozialversicherungsbeiträge gespart werden. D. h. der Zuschuss muss pro Vertrag berechnet werden. Wenn der Arbeitnehmer eine Direktversicherung und eine Pensionskasse hat, muss eine Einzelbetrachtung erfolgen und der Arbeitgeber-Zuschuss in die jeweiligen Verträge laufen.
Wenn der Arbeitnehmer mehrere gleiche Verträge hat (z. B. zwei Direktversicherungen), ist das korrekte Vorgehen rechtlich noch nicht entschieden. Es ist unter Juristen umstritten, ob er Arbeitgeber-Zuschuss dann „in den jeweiligen Vertrag“ eingezahlt werden muss (dann pro Vertrag) oder „in den Durchführungsweg Direktversicherung“ (dann für beide Verträge gemeinsam).
Wenn ein Arbeitnehmer mehrere externe bAV-Verträge hat, schreibt das Betriebsrentenstärkungsgesetz keine Reihenfolge für die Berechnung der eingesparten Sozialversicherungsbeiträge vor. Der Arbeitgeber könnte sich z. B. an der zeitlichen Reihenfolge der Vertragsabschlüsse orientieren.
Regelaltersgrenze erreicht und Weiterbeschäftigung
Ein Arbeitnehmer hat die Regelaltersgrenze erreicht, beantragt aber keine Altersrente, sondern arbeitet weiter. Wie ist dieser Arbeitnehmer in der Renten- und Arbeitslosenversicherung (AV) zu verschlüsseln?
Da die Altersrente noch nicht bezogen wird, bleibt der Arbeitnehmer in seiner Beschäftigung ganz normal weiter RV-pflichtig. Es müssen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Beiträge zur RV gezahlt werden.
Wenn die Regelaltersrente bezogen und daneben eine Beschäftigung ausgeübt wird, ist der Rentner in der Beschäftigung RV-frei, kann aber auf die RV-Freiheit verzichten. Damit ergeben sich folgende Konstellationen:
- ohne Verzicht auf die RV-Freiheit • RV nur Arbeitgeber-Anteil
- bei Verzicht auf die RV-Freiheit • RV Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Anteil
Für den Arbeitnehmer endet die AV-Pflicht mit Ablauf des Monats, in dem die Regelaltersgrenze erreicht wird – unabhängig vom tatsächlichen Rentenbezug. Ebenfalls unabhängig von der tatsächlichen Zahlung einer Regelaltersrente entfällt bis zum 31.12.2021 auch der Arbeitgeber-Beitrag zur AV mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht hat. Ab dem 01.01.2022 muss, wie bis Ende 2016, wieder der Arbeitgeber seinen Beitrag zur AV zahlen.
Dienstwagen und Dienstrad
Können wir einem Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem Dienstwagen ein E-Bike überlassen? Wie erfolgt dann die Ermittlung des geldwerten Vorteils für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte?
Der Gesetzgeber macht diesbezüglich keine Einschränkung. Die Nutzung eines Dienstrads neben einem Dienstwagen ist zulässig.
Ein geldwerter Vorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ergibt sich nur bei einem E-Bike, das verkehrsrechtlich als Kfz eingestuft ist (Geschwindigkeit höher als 25 km/h, Kennzeichen- und Versicherungspflicht). Es gelten dann die Regelungen analog der Überlassung von Firmenwagen zur privaten Nutzung. Grundlage dafür ist das BMF-Schreiben vom 04.04.2018. Wenn einem Arbeitnehmer gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge zur Verfügung stehen, ist bei Anwendung der 0,03-Prozent-Regelung dem pauschalen Nutzungswert für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte der Listenpreis des überwiegend für diese Fahrten genutzten Kraftfahrzeugs zugrunde zu legen (Randziffer 22). Die Beurteilung wäre dann sicherlich vom individuellen Einzelfall abhängig. Grundsätzlich würde man davon ausgehen, dass der Firmenwagen auch für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt wird.
Werkstudentenregelung
Kann ein Student freiwillig auf die Anwendung der Werkstudentenregelung verzichten?
Sofern Werkstudenten neben ihrem Studium eine Beschäftigung von nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich ausüben, sind sie in der Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung versicherungsfrei. Wird die Beschäftigung in der vorlesungsfreien Zeit (Semesterferien, Wochenende, Abendstunden) ausgeübt, kann die 20-Stunden-Grenze überschritten werden, wobei die Summe der Beschäftigungszeiten innerhalb eines Zeitjahres 26 Wochen (182 Tage) nicht überschreiten darf.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Werkstudentenregelung anzuwenden: Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung und Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Ist das vom Werkstudenten nicht gewünscht, müssten die Rahmenbedingungen der Beschäftigung so verändert werden, dass Versicherungspflicht eintritt und die Werkstudentenregelung somit nicht mehr angewendet werden darf. Auf diese Weise soll ein „Erschleichen“ eines Versicherungsschutzes (z. B. in der Arbeitslosenversicherung) vermieden werden.
Sabine Törppe-Scholand
Leiterin der alga-Akademie und
Mitglied des alga-Competence-Centers
Thomas Fromme
Steuerberater, Mitglied des alga-
Competence-Centers und Leiter der
ARGEn Entgeltabrechnung, Bremen