BAföG verliert an Strahlkraft : Warum viele Studierende lieber arbeiten, statt Förderung zu beantragen
Immer weniger Studierende beziehen BAföG. Zu wenig Geld, zu viel Bürokratie – viele arbeiten lieber, um ihr Studium selbst zu finanzieren.
Seit mehr als 50 Jahren steht das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für das Versprechen von Bildungsgerechtigkeit in Deutschland. Doch die Realität 2025 zeigt: Immer weniger Studierende nehmen die staatliche Unterstützung in Anspruch. Stattdessen finanzieren sie ihr Studium zunehmend selbst – mit Nebenjobs, Kreditkarten und Improvisation.
Aktuellen Zahlen zufolge erhalten nur noch rund 12 Prozent der Studierenden BAföG. Die Zahl der Geförderten ist auf den niedrigsten Stand seit einem Vierteljahrhundert gesunken. Gleichzeitig ist die Erwerbsquote unter Studierenden laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung auf über 56 Prozent gestiegen. Immer mehr Studierende entscheiden sich bewusst gegen einen Antrag – zu kompliziert, zu langwierig, zu wenig Geld.
Der maximale Förderbetrag liegt derzeit bei 992 Euro im Monat. Doch laut dem Moses Mendelssohn Institut zahlen Studierende allein für Miete durchschnittlich über 500 Euro. Hinzu kommen Ausgaben für die Krankenversicherung, Lebensmittel und Lernmaterialien. „Das BAföG deckt kaum die Grundkosten“, kritisieren Studierendenvertretungen. „Viele müssen zusätzlich arbeiten, um überhaupt über die Runden zu kommen.“
Neben den finanziellen Lücken sorgt vor allem der bürokratische Aufwand für Frust. Viele berichten von monatelangen Bearbeitungszeiten und unklaren Rückfragen – insbesondere, wenn Unterlagen zu elterlichen Einkünften fehlen oder familiäre Situationen komplex sind. Wer dringend Geld braucht, greift daher lieber gleich zu einem Nebenjob.
Doch das hat Folgen: Wer regelmäßig 20 Stunden pro Woche arbeitet, verpasst Lehrveranstaltungen, verlängert die Studienzeit und gerät in Dauerstress. Lehrende berichten bereits von sinkender Präsenz und abnehmender Leistungsfähigkeit ihrer Studierenden.
Die Bundesregierung plant zwar eine BAföG-Reform, um Verfahren zu digitalisieren und Fördersätze an die Lebensrealität anzupassen. Künftig soll der Grundbedarf stärker am Niveau der Grundsicherung orientiert werden. Doch viele befürchten, dass die Reform zu spät kommt.
Das BAföG steckt in einer Glaubwürdigkeitskrise. Was einst als Garant für Chancengleichheit gedacht war, wirkt heute wie ein Relikt aus einer Zeit niedriger Mieten und stabiler Lebenshaltungskosten.
Wenn Bildungspolitik mehr sein will als ein Versprechen, braucht sie endlich ein modernes, einfaches und ausreichendes Fördersystem – eines, das Studierenden echte Freiheit gibt, statt sie zwischen Hörsaal und Nebenjob aufzureiben.


