Know-how-Schutz : Auf diese Regelungen können Sie setzen
Oftmals steckt im Know-how eines Unternehmens sein wichtigstes Asset. Für HR leiten sich daraus vor allem arbeitsrechtliche Fragestellungen ab: Welche Verschwiegenheitspflichten bestehen generell im Arbeitsverhältnis? Was nützt das Geschäftsgeheimnisgesetz? Wie lässt sich Geheimhaltung darüber hinaus wirksam vertraglich vereinbaren? Und wie kann letztlich auf Verschwiegenheitsverstöße reagiert werden?
Spektakulär werden Fälle von Geheimnisverrat in der Wirtschaft meist dann, wenn es um Insiderhandel an der Börse geht. So haben Investoren zum Beispiel vor Jahren etliche Millionen Dollar zusätzlich verdient, weil Mitarbeitende von Apple, Dell und AMD Firmengeheimnisse auf Vermittlung von Beratern ausgeplaudert hatten. Am Telefon hatten sie über Neuentwicklungen, Verkaufszahlen und noch unveröffentlichte Finanzergebnisse Auskunft gegeben. Die Hauptverantwortlichen wurden auf Initiative der US-amerikanischen Börsenaufsicht im Nachgang zu Haftstrafen verurteilt.
Das müssen die meisten Mitarbeitenden hierzulande erst einmal nicht unbedingt befürchten, wenn sie beim Know-how-Schutz für ihren Arbeitgeber patzen. Wichtig ist zunächst einmal, dass eine Verschwiegenheitspflicht während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses auch ohne ausdrückliche Vereinbarung dazu im Arbeitsvertrag besteht. Sie ergibt sich aus der allgemeinen Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber als sogenannte arbeitsvertragliche Nebenpflicht.
Schutz vor unlauterem Wettbewerb
Eine wichtige Rechtsgrundlage für den Know-how-Schutz ist das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG). Dieses Gesetz schützt Geschäftsgeheimnisse, die Unternehmen durch geeignete Maßnahmen der Geheimhaltung schützen. Das frühere Strafrecht aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), insbesondere § 17 UWG, der die Bestrafung von Geschäftsgeheimnisverrat regelte, wurde durch das neue Gesetz ersetzt.
Das Geschäftsgeheimnisgesetz legt fest, dass Geschäftsgeheimnisse nur dann als solche gelten, wenn sie durch den Inhaber des Unternehmens angemessen geschützt wurden und einen wirtschaftlichen Wert haben, weil sie nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind. Diese Schutzmaßnahme ist ein wichtiger Bestandteil des Know-how-Schutzes, da sie Unternehmen einen rechtlichen Rahmen bietet, um ihre sensiblen Informationen zu schützen.
In der Praxis hat das Unternehmen mehrere Möglichkeiten, wenn Mitarbeitende ihre Verschwiegenheitspflichten verletzen. Zivilrechtlich ist das eine Unterlassungsklage, im Falle eines entstandenen Schadens zudem eine Schadenersatzklage. Außerdem steht die außerordentliche fristlose Kündigung im Raum, für die der Verrat von Geschäftsgeheimnissen als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gelten kann. Strafrechtlich können entsprechende Vorschriften im Geschäftsgeheimnisgesetz ebenfalls eine Strafe bei Fehlverhalten erzwingen. Zunächst werden Arbeitgebende vermutlich eher mit einer Abmahnung reagieren und nur in schweren Fällen unmittelbar kündigen. Wichtig ist, dass die Pflicht zur Verschwiegenheit zumeist auch über das Arbeitsverhältnis hinaus gilt. Das Geschäftsgeheimnisgesetz gilt seit 2019 zusätzlich zu den bis dahin schon gültigen – und auch weiterhin geltenden – Regelungen.
Was ist ein Geschäftsgeheimnis?
Wesentliche Neuerung innerhalb der 23 Paragrafen dieses Gesetzes ist die dezidierte Antwort auf die Frage, was überhaupt ein Geschäftsgeheimnis ist. Das Gesetz gibt dafür drei Kriterien vor, die allesamt erfüllt sein müssen: Demnach ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist.
Hinzu kommt aber noch eine weitere Pflicht für die Unternehmen, die das GeschGehG komplex macht. Denn die später als „geheim“ zu qualifizierende Information wird erst zu einer solchen, wenn sie auch „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber“ ist. So will es das Gesetz. Im Klartext: Ein Geschäftsgeheimnis wird nur durch die entsprechende Behandlung seines Inhalts zu einem solchen. Wie die Schutzmaßnahmen ausgestaltet werden müssen, bleibt offen. Das letzte Kriterium für ein Geschäftsgeheimnis gemäß Gesetz ist, dass ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.
Im Arbeitsvertrag genau regeln
Darunter fallen in der unternehmerischen Praxis zum Beispiel technisches Know-how, Bau- oder Konstruktionspläne, Rezepturen, Lieferanten-, Kunden- oder Preislisten oder bestimmte Finanzdaten. Wie sich aus dem Gesetz ergibt, fallen private oder öffentlich zugängliche Informationen normalerweise nicht unter die Verschwiegenheitspflicht. Wenn ein Unternehmen dies dennoch möchte, muss es spezifische Vereinbarungen im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung treffen. Damit dies wirksam der Fall ist, sollte nicht mit einer All-Klausel agiert werden. Denn wer Mitarbeitenden quasi bei allen betrieblichen und geschäftlichen Tatsachen einen Maulkorb verpassen will, vereinbart dies rechtsunwirksam.
Generell werden bei der richterlichen Würdigung von Arbeitsverträgen unter diesem Aspekt stets die Interessen des Arbeitgebers an einer vertraglichen Erweiterung der Geheimhaltungspflicht mit den entgegenstehenden Interessen der Arbeitnehmer abgewogen. Arbeitsvertragliche Regelungen dürfen daneben grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung darstellen und müssen dem Transparenzgebot entsprechen.
Whistleblower – ausgenommen?
Seit 2023 gilt zusätzlich zu den schon angesprochenen Regelungen in Deutschland das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), das die Whistleblower-Richtlinie der Europäischen Union umsetzt. Es verlangt unter anderem von Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden, einen sicheren Rahmen für diejenigen zu schaffen, die im Job Informationen über Regelverstöße oder ethisch problematische Verhaltensweisen erlangt haben und diese melden wollen. Das HinSchG verbietet nicht nur jegliche Repressalien gegenüber den Whistleblowern, sondern verpflichtet Unternehmen auch dazu, sichere Kanäle für die Meldung von Missständen einzurichten.
Mittlerweile gibt es ComplianceDienstleister, die anbieten, dies extern zu übernehmen. Oftmals sind es dieselben, die auch externen Datenschutz oder das Lieferkettenschutzgesetz im Angebot haben. Sie offerieren, eine digitale Meldestelle einzurichten, alle eingehenden Meldungen zu prüfen und sich nur dann beim auftraggebenden Unternehmen zu melden, wenn dies gesetzlich erforderlich sei. Inwiefern dies für Unternehmen in diesem sensiblen und nur mit Insiderwissen beurteilbaren Bereich wirklich sinnvoll ist, bleibt dahingestellt. In Konflikt zum Know-how-Schutz tritt das Hinweisgeberschutzgesetz vermutlich aber in der Regel nicht.
Alexandra Buba, M. A., Wirtschaftsredakteurin