Zusatzbeiträge in der Krankenversicherung steigen auf breiter Front
Es ist ein Vorgeschmack auf den kommenden Jahreswechsel. Durch die vom Gesetzgeber verursachten Mehraufwendungen für die gesetzliche Krankenversicherung steigen die Zusatzbeiträge. Etliche Kassen haben schon zum 1. August 2024 ihren Zusatzbeitrag angehoben, vereinzelt sogar über 3 Prozent. Insgesamt 21 Kassen haben vom 01.04.2024 bis 01.08.2024 eine Beitragsanpassung vorgenommen – in 20 Fällen mit einer teils deutlichen Erhöhung. Mit einem „GKV-Tag“ im März 2024 haben die Krankenkassen und ihre Verbände diese Entwicklung als unnötig kritisiert.
Ende Juni hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Finanzentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für das 1. Quartal 2024 veröffenticht. Hiernach beträgt das Defizit der Krankenkassen alleine von Januar bis März 2024 insgesamt 776 Millionen Euro. Auch die Finanzreserven der Krankenkassen befinden sich weiter im Abwärtstrend. Sie betrugen Ende März noch rund 7,6 Milliarden Euro, was rund 0,3 Monatsausgaben entspricht. Das gesetzliche Mindestmaß für die Rücklage beträgt 0,2 Monatsausgaben. Seit Ende 2018 wurden die Rücklagen der Kassen insgesamt um rund 13,4 Milliarden Euro abgebaut.
Zusatzbeiträge überschreiten 3-Prozent-Marke
Bereits zum Jahreswechsel 2024 haben 45 der 94 Krankenkassen eine Beitragsanhebung beschlossen. 9 Kassen erreichten dabei bereits die 2-Prozent-Marke beim Zusatzbeitrag (AOK Nordost: 2,7 Prozent, BKK Karl Mayer: 2,3 Prozent, AOK Rheinland/Hamburg: 2,2 Prozent, Securvita BKK: 2,2 Prozent, Knappschaft: 2,2 Prozent, BKK Mahle: 2,2 Prozent, BAHN-BKK: 2,2 Prozent, Barmer: 2,19 Prozent und BKK Rieker – Ricosta – Weisser: 2,0 Prozent). Unterjährig haben nun 20 weitere Kassen ihren Beitragssatz angehoben, 12 davon auf mindestens 2 Prozent. Spitzenreiter ist ab 01.08.2024 die KKH mit einem Zusatzbeitragssatz von 3,28 Prozent. Die Ernst & Young BKK konnte ihren Zusatzbeitrag dagegen senken; für die VIACTIV Krankenkasse war es die 1. Anpassung seit über drei Jahren, für die BKK MTU sogar seit über vier Jahren.
Beitragsanpassungen in 2024 (unterjährig):
BKK Diakonie
Zum 01.07.2024 von 1,8 auf 2,69 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BKK EUREGIO
Zum 01.06.2024 von 1,25 auf 1,79 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER
Zum 01.05.2024 von 1,50 auf 1,99 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BKK MTU
Zum 01.06.2024 von 1,60 auf 1,90 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2020
BKK Pfaff
Zum 01.07.2024 von 1,40 auf 1,80 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BKK Pfalz
Zum 01.07.2024 von 1,98 auf 2,38 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BKK Textilgruppe Hof
Zum 01.07.2024 von 1,30 auf 2,80 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BKK VerbundPlus
Zum 01.08.2024 von 1,35 auf 1,55 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2023
BKK ZF & Partner
Zum 01.06.2024 von 1,69 auf 2,10 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BKK24
Zum 01.07.2024 von 1,89 auf 2,55 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
BMW BKK
Zum 01.07.2024 von 0,9 auf 1,30 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
Continentale BKK
Zum 01.07.2024 von 1,60 auf 2,20 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
Ernst & Young BKK
Zum 01.06.2024 von 1,54 auf 1,04 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2023
IKK classic
Zum 01.08.2024 von 1,70 auf 2,19 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
IKK – Die Innovationskasse
Zum 01.07.2024 von 1,70 auf 2,30 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
KKH Kaufmännische Krankenkasse
Zum 01.08.2024 von 1,98 auf 3,28 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
Knappschaft
Zum 01.08.2024 von 2,20 auf 2,70 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
Merck BKK
Zum 01.05.2024 von 1,10 auf 1,40 Prozent
Letzte Anpassung: 01.07.2023
mkk – meine Krankenkasse (vormals BKK VBU)
Zum 01.08.2024 von 1,80 auf 2,50 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2023
VIACTIV Krankenkasse
Zum 01.04.2024 von 1,60 auf 1,99 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2021
vivida bkk
Zum 01.07.2024 von 1,70 auf 2,49 Prozent
Letzte Anpassung: 01.01.2024
Alle Beitragssätze der Krankenkassen finden Sie ständig aktualisiert und sortierbar mit Vergleichs-/Ersparnisrechner in der Beitragsliste / im Beitragsvergleich 2024. Veränderungen bleiben 3 Monate gekennzeichnet. Aus der Liste heraus sind weitere Informationen zu den Kassen verlinkt.
Krankenkassen fordern Politikwechsel
Mit dem ersten „GKV-Tag“ haben die Krankenkassen Ende März 2024 auf ihre immer prekärer werdende Finanzsituation hingewiesen und von der Gesundheitspolitik mehr Verantwortung und Weitsicht gefordert. Neben den allgemeinen Kostensteigerungen kritisieren die Kassen neben teuren Reformprojekten insbesondere immer mehr gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die vom Staat auf die Krankenkassen übertragen werden (vgl. „Links zum Thema“). So entziehe der Bund den Krankenkassen nach einem aktuellen IGES-Gutachten im Auftrag des GKV-Spitzenverbandes alleine im Rahmen der Zahlung von Bürgergeld jährlich indirekt knapp 10 Milliarden Euro (vgl. „Links zum Thema“). Der Bundeshaushalt werde damit auf Kosten der Beitragszahlenden entlastet.
Würden Bund und Länder ihrer Verantwortung zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben insgesamt nachkommen, wäre aktuell keine Beitragsanhebung notwendig. Ordnungspolitisch richtig beliefen sich ihre Schulden bei der Kranken- und Pflegeversicherung alleine für 2023 auf rund 48,5 Milliarden Euro (vgl. „Links zum Thema“).
Quelle: Krankenkassen-direkt