Stier meint …!
Irgendwie hatte ich mir den Start in das neue Jahr anders vorgestellt. Doch wieder bestimmt das Virus die Tagesordnung, und so verwundert es mich dann doch nicht, dass die ersten gesetzlichen Maßnahmen der Bundesregierung im neuen Jahr im unmittelbaren Zusammenhang mit Corona stehen. Manchmal frage ich mich, ob alle Beteiligten überhaupt noch den Überblick haben. Es können da schon mal Zweifel aufkommen. Nicht dass ich an dieser Stelle gleich wieder Kritik äußern will, aber letztendlich können wir von den Regierenden erwarten, den Überblick zu behalten.
Zweifel kommen mir hin und wieder, aber beim Thema einrichtungsbezogene Impfpflicht bin ich mir sicher: Hier hat man teilweise den Blick auf das Wesentliche verloren. Arbeitgeber, die diese Regelung umsetzen müssen, denen gratuliere ich jetzt schon.

Das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie führt eine partielle Impfpflicht für Personal bei den betroffenen Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen wie Pflegeheimen und Kliniken ein.
Auch bei diesem Gesetz wird an besonderen Regelungen nicht gespart. Vor allem die Abgrenzung der Neueinstellungen zum bestehenden Personal ist schon einen Hingucker wert. Personen, die ab dem 16.03.2022 eine Tätigkeit in einer betroffenen Einrichtung bzw. einem betroffenen Unternehmen aufnehmen wollen (§ 20a Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG)), haben vor Beginn ihrer Tätigkeit einen Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen oder eine medizinische Kontraindikation (bisher wusste ich noch nicht, was Letzteres bedeutet) nachzuweisen.
Eine Person, die keinen Nachweis vorlegt, darf in den betroffenen Einrichtungen bzw. Unternehmen nicht beschäftigt oder tätig werden. Somit kann bei einer Neueinstellung ohne entsprechenden Nachweis das Beschäftigungsverhältnis erst gar nicht beginnen. Zumindest regelt das nun das Infektionsschutzgesetz. So weit, so gut! Wenn Sie nun denken, das ist nicht schwer, lesen Sie mal weiter.
Personen, die in den betroffenen Einrichtungen bzw. Unternehmen bereits tätig sind, haben bis zum Ablauf des 15.03.2022 einen Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen oder aber eine medizinische Kontraindikation nachzuweisen. Hier wird es dann doch noch herausfordernd: Wird der Nachweis nicht rechtzeitig vorgelegt, hat der Arbeitgeber unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt über den fehlenden Nachweis zu benachrichtigen und die entsprechenden personenbezogenen Daten zu übermitteln.
Der Nachweis ist dann innerhalb einer angemessenen Frist (welche das auch immer ist) auf Anforderung gegenüber dem Gesundheitsamt zu erbringen. Sollte dem nicht Folge geleistet werden, kann das Gesundheitsamt vorlegen können. Auch bleibt die Definition von „angemessener Frist“ unklar.
Ein weiterer Punkt, der Beachtung verdient, ist die potenzielle Belastung der Arbeitgeber, insbesondere im Hinblick auf die Meldung von fehlenden Nachweisen an das Gesundheitsamt und die Übermittlung personenbezogener Daten. Hier könnten Datenschutz- und arbeitsrechtliche Fragen aufkommen, die im Detail geklärt werden müssen.
Insgesamt zeigt sich, dass trotz der klaren Absicht des Gesetzgebers, die Impfpflicht umzusetzen, die praktische Umsetzung und Ausgestaltung noch Raum für Interpretation und Klärung bieten. Es bleibt abzuwarten, wie diese Regelungen in der Praxis funktionieren und ob weitere Anpassungen oder Klarstellungen erforderlich sind.
Die Frage nach dem Vergütungsanspruch während der Zeit bis zum behördlichen Betretungs- oder Tätigkeitsverbot bleibt tatsächlich eine offene und potenziell problematische Angelegenheit. Im Falle eines behördlichen Verbots entfällt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, was nachvollziehbar ist. Jedoch wurde im Gesetz keine klare Regelung für die Zeit bis zu einem möglichen behördlichen Verbot festgelegt.
Die Auslassung dieser Regelung könnte unterschiedliche Gründe haben, von juristischer Interpretationsmöglichkeit bis hin zu möglicherweise vergessenen Klarstellungen. Die Komplexität solcher Gesetze und die Vielzahl von Situationen, die berücksichtigt werden müssen, machen die Formulierung oft schwierig.

Dein Hinweis auf die Wichtigkeit praktischer Perspektiven und die Forderung nach klaren Regelungen ist berechtigt. In der Gesetzgebung müssen viele Faktoren berücksichtigt werden, und die Praxisnähe kann entscheidend sein, um mögliche Unklarheiten zu vermeiden. Eine fortlaufende Überprüfung und Anpassung von Gesetzen basierend auf praktischen Erfahrungen ist daher oft notwendig.
Markus Stier