Aus der FALG-Gruppe : Anerkennung und Wertschätzung
Das neue Jahr hat der Facebook-Gruppe „Fachassistent/in Lohn und Gehalt“ einen Mitgliederzuwachs beschert. Nun sind wir schon 6.200 deutschlandweit vernetzte Entgeltabrechner/innen, die sich gegenseitig unterstützen und gemeinsam Probleme lösen. Ich werde immer wieder auf den Mehrwert der Gruppe angesprochen – von Mitgliedern, aber auch von Fachliteraturanbietern und Fortbildungsinstituten. Das macht mich sehr stolz und hätte ich im Jahr 2015 bei Gründung der Gruppe nicht für möglich gehalten.
Bei aller Freude über den Mitgliederzuwachs und die Bestärkung von so vielen Seiten bleibt doch die Erkenntnis hängen, dass sich viele Entgeltabrechner in ihrer Freizeit und komplett auf sich gestellt fachliche Themen anlesen bzw. versuchen, mithilfe der Gruppe aktuelle Abrechnungsprobleme zu lösen. Wenn ich dann den Zeitpunkt der Beitragserstellung sehe, der nicht selten mitten in der Nacht liegt, drängt sich ein wenig Wehmut in meine Gedanken.
Sollte es wirklich so laufen?
Die geballte Kompetenz, die sich inzwischen in der Gruppe tummelt, lässt auch viele Arbeitgeber/Steuerberater annehmen, dass Fortbildungen und Fachliteratur gar nicht mehr notwendig sind, denn so kommt man ja kostenfrei und ganz einfach an die gewünschten Informationen. Meine Appelle, dass man bei einer Tätigkeit in dieser Branche nie stillstehen kann und darf, verhallen oftmals ungehört. Für Seminare/Webinare ist keine Zeit, man müsste das ja nacharbeiten, wenn man sich in der Arbeitszeit fortbildet, und überhaupt passt es aus Grund XYZ gerade gar nicht.
Sollte man das auf sich beruhen lassen?
Nicht falsch verstehen – der Austausch, das Schwarmwissen sind wichtige Aspekte und inzwischen unverzichtbar geworden, aber es entbindet keinen Arbeitgeber von seiner Verpflichtung, für eine angemessene Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter zu sorgen.
Nicht der Mitarbeiter ist dafür verantwortlich!
Letztens wurde ich von einer Moderatorin auf die Stellenanzeige eines nicht gerade kleinen Zeitarbeitsunternehmens aufmerksam gemacht. Man suchte einen Datenerfasser (m/w/d). Beim Durchlesen der genannten Aufgaben wurde klar, dass man eigentlich einen Entgeltabrechner (m/w/d) suchte, aber anscheinend, weil der Markt leergefegt ist bzw. so viele der Branche den Rücken gekehrt haben, dem Kind einfach mal einen neuen Namen gegeben hat.
Eine fachlich anspruchsvolle Tätigkeit wird zur Datenerfassung degradiert. Die Einstellung „kann ja jeder das Knöpfchen drücken“ ist noch immer sehr präsent – auch nach nunmehr drei Jahren im Ausnahmezustand. Ich war und bin ein wenig sprachlos.
Ist tatsächlich noch immer nicht angekommen, wie wichtig und umfangreich unser Aufgabengebiet ist?
Wenn ich mir jetzt einmal meine tägliche Arbeit in einer wohlgemerkt sehr kleinen Steuerberatungskanzlei ansehe, wie viel Beratung, Mandanteninformation und Recherche ist und wie viel tatsächlich Umsetzung der Informationen im Abrechnungsprogramm, dann überwiegt Ersteres um Längen. „Politik und Weltfrieden“ nennt es meine Chefin immer so treffend – und ich bin froh, dass sie wirklich sieht, was meine Arbeit tatsächlich alles umfasst. Es ist eben nicht nur der Knopf, der da gedrückt wird. Wir sind eben keine Datenerfasser! Und letztendlich ist dies dem Zeitarbeitsunternehmen sogar bewusst, wenn es unter den gewünschten Erfahrungen „ausgeprägte Kommunikationsstärke“ aufführt.
Oftmals machen solche bewussten und unbewussten Abwertungen unserer Tätigkeit in Form von Screenshots in der Lohngruppe die Runde. Viele wissen, dass meine Moderatoren und ich darauf anspringen und sehr gern auch einen entsprechenden Kommentar bei den Verursachern des Unmutes hinterlassen. Leider hat noch nie jemand dazu Stellung bezogen oder sich entschuldigt. Ein Grund mehr, es weiterhin jedes Mal anzusprechen.
Das alles erinnert an einen Kampf gegen Windmühlen und manchmal zermürbt es – gerade wenn man sieht, wie viele Fachleute aufgeben, um einer Tätigkeit nachzugehen, die mehr Anerkennung einbringt. Ich kann jeden von ihnen verstehen und bin trotzdem oftmals frustriert. Es wäre so einfach, die Leute zu halten, denn sie lieben ihre Arbeit. Es wäre so einfach, Nachwuchs in die Branche zu holen, denn so viele haben Interesse an dieser Tätigkeit. Eine angemessene Bezahlung, Wertschätzung und endlich ein entsprechender Ausbildungsberuf würden so viele Personalprobleme lösen.
Ich hoffe, dass wir in diesem Jahr dem allen einen Schritt näher kommen. Ich hoffe, dass 2023 endlich ein Umdenken stattfindet und nicht noch mehr Fachleute abwandern. Vielleicht kann die Facebookgruppe mit ihrer stetig wachsenden Mitgliederzahl ja einen Beitrag dazu leisten und vielleicht kann ich ja hier mit meinen Berichten die Gruppe dabei unterstützen.
Annette Bastigkeit, Fachassistentin Lohn und Gehalt