Im Blick: Lohnsteuerrecht
Noch keine Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat befasst sich am 21.02.2024 mit vier Gesetzen, zu denen der Bundesrat im letzten Jahr den Vermittlungsausschuss angerufen hatte. Das Wachstumschancengesetz hatte der Bundestag am 17.11.2023 verabschiedet. Es soll die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken. Eine Investitionsprämie als zentrales Element soll die Transformation der Wirtschaft fördern und die Standortbedingungen mit steuerlichen Anreizen für Investitionen in saubere und klimafreundliche Technologien verbessern.
Die Bundesländer kritisieren, dass der Bundestag nur punktuell auf die Änderungsvorschläge des Bundesrats aus dem ersten Durchgang des Gesetzentwurfs eingegangen sei. Auch aufgrund der vielen kurzfristigen Änderungen im Bundestagsverfahren bestehe Überarbeitungsbedarf. Die finanziellen Belastungen für Länder und Kommunen seien außerdem zu hoch.

Dies bedeutet aber auch, dass im Rahmen der Entgeltabrechnung die geplanten Neuregelungen oder Anpassungen noch nicht angewendet werden dürfen. Teilweise auch zum Leidwesen der Beschäftigten, die bereits auf höhere Verpflegungspauschalen bei Auswärtstätigkeiten gehofft haben.
Betroffen sind folgende Regelungen oder Anpassungen:
- Anhebung des zulässigen Bruttolistenpreises bei reinen E-Fahrzeugen ab einer erstmaligen Überlassung ab 01.01.2024 auf 70.000 Euro für die Anwendung der Minderung des Bruttolistenpreises oder der Kosten für die Anschaffung bei der Fahrtenbuchmethode auf 25 Prozent;
- Anhebung der Verpflegungspauschale von 14 Euro auf 16 Euro und von 28 Euro auf 32 Euro;
- Anhebung der Tagespauschale für Berufskraftfahrer von 8 Euro auf 9 Euro am Tag;
- Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen von 110 Euro auf 150 Euro;
- Wegfall des Durchschnittsbetrags bei der Versteuerung von Gruppenunfallversicherungen nach § 40b Einkommensteuergesetz (EstG);
- Wegfall der ermäßigten Besteuerung beim Lohnsteuerabzug (betrifft vor allem Abfindungen und Jubiläumszuwendungen);
- Vermeidung der Doppelbesteuerung – langsameres Abschmelzen des Versorgungsfreibetrags und des Altersentlastungsbetrags;
- Abrufmöglichkeit der Steuer-ID für Arbeitgeber von Arbeitnehmern mit Wohnsitz in Deutschland.
Dies bedeutet, dass aktuell die alten Regelungen angewendet werden müssen. Sollten die Regelungen wie geplant zum 01.01.2024 in Kraft treten, wenn eine Einigung gefunden wurde, so müssen Rückrechnungen geprüft werden. Die höheren Verpflegungspauschalen können dann rückwirkend noch nachgezahlt werden. Oder der geldwerte Vorteil beim Dienstwagen nachträglich gemindert werden.
Auch Abfindungen und Jubiläumszuwendungen, die aktuell gezahlt werden, müssen weiterhin auf eine ermäßigte Besteuerung geprüft werden. Liegen die Voraussetzungen vor, vor allem die Zusammenballung, so muss diese vom Arbeitgeber angewendet werden. Sollte die Regelung dann doch gestrichen werden, bleibt abzuwarten, ob dann nachträglich korrigiert werden müsste, sobald dies überhaupt möglich ist.
Es bleibt also weiter abzuwarten, wie sich das Gesetzgebungsverfahren entwickelt. Wir werden hier berichten.
Ergebnisse der Lohnsteuer-Außenprüfungen
Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Länder haben die Lohnsteuer-Außenprüfungen im Kalenderjahr 2022 zu einem Mehrergebnis von 689,2 Millionen. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Glossareintraege/E/euro.html?view=renderHelp öffnen geführt.

Von den insgesamt 2.597.200 Arbeitgebern wurden 68.567 Arbeitgeber abschließend im Jahr 2022 geprüft. Es handelt sich hierbei sowohl um private Arbeitgeber als auch um öffentliche Verwaltungen und Betriebe. Im Kalenderjahr 2022 wurden durchschnittlich 1.903 Prüfer eingesetzt.
Darüber hinaus haben sich 38 Lohnsteuerprüfer des Bundeszentralamts für Steuern im Rahmen der Prüfungsmitwirkung an Prüfungen der Landesfinanzbehörden beteiligt, von denen 129 im Jahr 2022 abgeschlossen wurden.
BMF-Schreiben zur steuerlichen Identifikationsnummer veröffentlicht
BMF-Schreiben vom 23.01.2024 – IV C 5 – S 2295/21/10001 :001
Mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BGBl. I 2019, S. 2451) wurde die Abschaffung der elektronischen Transfer-Identifikations-Nummer (eTIN) mit dem Ende des Veranlagungszeitraums 2022 beschlossen. Für die elektronische Übermittlung von Lohnsteuerbescheinigungen nach § 41b Abs. 1 Satz 2 EStG ist daher ab dem Veranlagungszeitraum 2023 zwingend die Angabe einer steuerlichen Identifikationsnummer notwendig.
Das Bundesministerium der Finanzen hat am 23.01.2024 mittels Schreiben eine ursprünglich für das Wachstumschancengesetz geplante Änderung veröffentlicht. Diese soll eine elektronische Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung auch bei fehlender Identifikationsnummer ermöglichen, indem der Arbeitgeber die Daten für Bestandfälle bei der Finanzbehörde erfragen kann.

Hat der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer für das Jahr 2022 eine Lohnsteuerbescheinigung übermittelt und versichert der Arbeitgeber, dass das Dienstverhältnis nach Ablauf des Jahres 2022 fortbestanden und der Arbeitnehmer trotz Aufforderung pflichtwidrig seine Identifikationsnummer bisher nicht mitgeteilt hat, teilt das zuständige Finanzamt die Identifikationsnummer des Arbeitnehmers auf formlose schriftliche Anfrage des Arbeitgebers mit. Die Anfrage hat den Namen, das Geburtsdatum sowie die Anschrift des Arbeitnehmers zu enthalten. Von einer Pflichtwidrigkeit ist auch auszugehen, wenn der Arbeitnehmer der Aufforderung ohne Begründung nicht nachkommt. Eine Mitteilung erfolgt bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen auch dann, wenn die Identifikationsnummer dem Arbeitnehmer erstmals zuzuteilen ist. Einer Bevollmächtigung oder Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf es insoweit nicht.
Unabhängig davon kann der Arbeitgeber generell die Zuteilung bzw. die Mitteilung der steuerlichen Identifikationsnummer des Arbeitnehmers beim zuständigen Finanzamt beantragen, wenn ihn der Arbeitnehmer hierzu nach § 80 Absatz 1 Abgabenordnung (AO) bevollmächtigt hat (vgl. § 39 Abs. 3 Satz 2 und 4 EStG).
Legt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die steuerliche Identifikationsnummer schuldhaft nicht vor und kann der Arbeitgeber diese entsprechend den Verfahren nach Rn. 2 oder Rn. 3 nicht erhalten, hat er regelmäßig die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln (§ 39c Abs. 1 Satz 1 EStG i. V. m. § 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 EStG). Dies gilt insbesondere für
- Betriebsrentner und Versorgungsempfänger, die im Ausland ansässig sind und denen die Unterlagen zur Erteilung einer steuerlichen Identifikationsnummer zugeschickt wurden, diese jedoch bisher noch nicht beantragt haben,
- Arbeitnehmer – insbesondere auch aus dem Ausland –, die nur für kurze Zeit vom Arbeitgeber beschäftigt werden und die dem Arbeitgeber ihre steuerliche Identifikationsnummer bisher nicht mitgeteilt haben (mit Ausnahme der im BMF-Schreiben vom 07.11.2019, BStBl. I S. 1087 unter Abschnitt 3 bezeichneten Fälle),
- Zahlungen an Sterbegeldempfänger sowie
- Arbeitnehmer, die sich weigern, dem Arbeitgeber die steuerliche Identifikationsnummer mitzuteilen.
Nur in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer die fehlende Mitteilung der steuerlichen Identifikationsnummer nicht zu vertreten hat oder der Arbeitgeber aufgrund von technischen Störungen die steuerliche Identifikationsnummer nicht abrufen kann, kann der Arbeitgeber für die Lohnsteuerberechnung die voraussichtliche Steuerklasse längstens für drei Kalendermonate zu Grunde legen (vgl. § 39c Abs. 1 Satz 2 EStG).
Markus Stier