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Streikbruchprämie als zulässiges Arbeitskampfmittel

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss der Arbeitgeber die Folgen einer gegen ihn gerichteten arbeitskampfbedingten Arbeitsniederlegung nicht hinnehmen. Er kann vielmehr versuchen, durch Gegenmaßnahmen die Folgen der streikbedingten Betriebsstörung zu begrenzen. Solche Maßnahmen sind durch die Arbeitsniederlegung bedingt und Teil des Systems von Druck und Gegendruck, das den Arbeitskampf kennzeichnet. Das während einer Auseinandersetzung um den Abschluss eines Tarifvertrags erfolgte arbeitgeberseitige Versprechen einer finanziellen Zusatzleistung mit dem Ziel, die zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer von der Beteiligung am Streik abzuhalten, stellt eine Arbeitskampfmaßnahme dar. Der Arbeitgeber nimmt Einfluss auf das Arbeitskampfgeschehen, indem er streikbedingte betriebliche Ablaufstörungen zu minimieren und damit die Wirksamkeit des gewerkschaftlichen Arbeitskampfmittels zur Druckausübung abzuschwächen versucht.

Aus dem Umstand, dass eine Streikbruchprämie ein in einer kampfweisen Auseinandersetzung um einen Tarifvertrag eingesetztes Mittel der Arbeitgeberseite zur Begrenzung von Folgen eines Streiks ist, folgt nicht zwangsläufig deren Zulässigkeit. Das Arbeitskampfrecht ist weitgehend durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts richterrechtlich – auf der Grundlage des Art. 9 Abs. 3 GG und auf der Ebene einfachen Gesetzesrechts – geregelt. Zentraler Maßstab für die Beurteilung der unterschiedlichen Erscheinungsformen des Arbeitskampfs ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinn. Das betrifft nicht nur die auf die Erzwingung eines Tarifvertragsabschlusses gerichteten gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen, sondern ebenso die hiergegen gerichteten Kampfmittel der anderen Tarifvertragspartei. Dabei ist nicht entscheidend, ob es sich um von einem Arbeitgeberverband getragene Abwehr- oder Verteidigungsaktionen gegen einen auf den Abschluss eines Verbandstarifvertrags gerichteten Streik handelt oder um gegen die Erzwingung eines Haustarifvertrags gerichtete Maßnahmen eines nicht verbandsangehörigen Arbeitgebers. Letzterer kann selbst Tarifvertragspartei sein (§ 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1). Demzufolge gelten die Grundsätze des Arbeitskampfrechts auch für Arbeitskämpfe um den Abschluss eines Tarifvertrags mit einem Außenseiter-Arbeitgeber.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erfordert eine Würdigung, ob ein Kampfmittel zur Erreichung eines rechtmäßigen Kampfziels geeignet und erforderlich ist und bezogen auf das Kampfziel angemessen eingesetzt wird. Geeignet ist ein Kampfmittel, wenn durch seinen Einsatz die Durchsetzung des Kampfziels, das auf Arbeitgeberseite typischerweise auf den Nichtabschluss des verlangten Tarifvertrags oder auf den Abschluss eines inhaltlich anderen Tarifvertrags gerichtet ist, gefördert werden kann. Dabei kommt den einen Arbeitskampf führenden Koalitionen – im Fall eines Arbeitskampfs um einen Firmentarifvertrag dem nicht verbandsgebundenen Arbeitgeber – ein Einschätzungsvorrecht zu. Diese durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Freiheit in der Wahl der Arbeitskampfmittel steht bei der die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie sichernden Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts auch dem einzelnen Arbeitgeber zu.

Erforderlich ist das Kampfmittel, wenn mildere Mittel zur Erreichung des angestrebten Ziels nach der Beurteilung der den Arbeitskampf Führenden nicht zur Verfügung stehen. Auch insoweit umfasst Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG grundsätzlich deren Einschätzung, ob sie zur Erreichung des verfolgten Ziels das gewählte Mittel für erforderlich oder andere Mittel für ausreichend erachten. Die Grenze bildet der Rechtsmissbrauch. Verhältnismäßig im engeren Sinn ist ein Arbeitskampfmittel, das sich unter hinreichender Würdigung der grundrechtlich gewährleisteten Betätigungsfreiheit zur Erreichung des angestrebten Kampfziels unter Berücksichtigung der Rechtspositionen der von der Kampfmaßnahme unmittelbar oder mittelbar Betroffenen als angemessen darstellt. Insoweit steht einer Arbeitskampfpartei zwar kein Einschätzungsvorrecht zu. Allerdings ist bei der notwendigen rechtlichen Abwägung zu berücksichtigen, dass es gerade das Wesen einer Arbeitskampfmaßnahme ist, Druck zur Erreichung eines legitimen Ziels auszuüben.

Unverhältnismäßig ist eine Arbeitskampfmaßnahme daher erst, wenn sie sich auch unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs als unangemessene Beeinträchtigung gegenläufiger, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen darstellt. Bei dieser Beurteilung kann von Bedeutung sein, ob das Kampfmittel mit eigenen Opfern verbunden ist und ob dem Gegner effektive Verteidigungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ein Arbeitskampfmittel, das frei von eigenen Risiken eingesetzt werden kann und zugleich dem Gegner keine Verteidigungsmöglichkeiten lässt, gefährdet die Verhandlungsparität. Nach der Rechtsordnung ist keiner Seite ein so starkes Kampfmittel zugebilligt, dass dem Gegenspieler keine wirksame Reaktionsmöglichkeit bleibt, sondern die Chancen auf die Herbeiführung eines angemessenen Verhandlungsergebnisses zerstört werden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Streikbruchprämie kein generell unzulässiges Kampfmittel. Die Prämie ist nicht von vornherein ungeeignet, das von der Arbeitgeberseite verfolgte Ziel – die Abwehr oder Milderung der Folgen eines Streiks – zu erreichen. Der durch eine kollektive Arbeitsniederlegung ausgeübte Druck auf die Arbeitgeberseite als Tarifvertragspartei ist umso geringer, je weniger Arbeitnehmer einem Streikaufruf folgen. Die Prämie ist auch kein offensichtlich nicht erforderliches Mittel, um den Druck, der durch einen Streik ausgeübt werden könnte, entgegenzuwirken.

Ein Arbeitgeber, dem gegenüber von Seiten der Gewerkschaft Streikmaßnahmen konkret in Aussicht gestellt werden, muss mit der Auslobung der Streikbruchprämie auch nicht warten, bis ein Streik tatsächlich begonnen hat. Soll mit dem Zahlungsversprechen der Druckausübung durch einen Streik begegnet werden, ist es ohnehin kein milderes Mittel, hiermit bis zum Beginn der kollektiven Arbeitsniederlegung abzuwarten. Zudem ist es den Tarifpartnern grundsätzlich unbenommen, schon vor der kampfweisen Auseinandersetzung ihre Kampfmittel offenzulegen.

Eine Streikbruchprämie ist daher nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Mit ihr ist keine unangemessene Beeinträchtigung der verfassungsrechtlich geschützten Rechtsposition der streikführenden Gewerkschaft verbunden. Der Arbeitgeberstrategie, Streikdruck durch finanzielle Anreize an nichtstreikende Arbeitnehmer zu minimieren, ist die zum Streik aufrufende Gewerkschaft nicht in dem Sinn wehrlos ausgesetzt, dass der von ihr getragene Streik strukturell sinnentleert würde. Sie kann vielmehr – für ihre Forderungen werbend – auf zum Streik aufgerufene Arbeitnehmer einwirken und versuchen, sie, trotz zugesagter Streikbruchprämie, für eine Teilnahme am gewerkschaftlichen Streik zu gewinnen. Des Weiteren kann sie ihre Kampftaktik auf die Auslobung einer Streikbruchprämie einstellen und etwa eine gezielte Rotation der tatsächlich die Arbeit niederlegenden Arbeitnehmer organisieren, um die Selbstschädigung der Streikenden zu mildern und eine Abschöpfung der ausgelobten Prämie als Schädigung des Arbeitgebers zu bewirken. Es erscheint im Übrigen nicht ausgeschlossen, dass bei einer solchen in der Belegschaft kommunizierten, solidarischen „Prämienrotation“ der vom Streikaufruf erfassten Arbeitnehmer deren Streikbereitschaft prinzipiell gesteigert werden könnte. Hinzu kommt, dass sich der Arbeitgeber mit der Streikbruchprämie keines Arbeitskampfmittels bedient, welches für ihn ohne Folgewirkungen wäre. Die Prämie ist mit finanziellen Aufwendungen verbunden. Weiterhin besteht das Risiko, im Fall eines Tarifvertragsabschlusses aufgrund einer vereinbaren sogenannten Maßregelungsklausel die Prämienzahlungen auch streikenden Arbeitnehmern nachträglich gewähren zu müssen.

Die Höhe der Streikbruchprämie – und deren Verhältnis zum Verdienst der zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer – ist für sich gesehen bei der Angemessenheitsprüfung des Arbeitskampfmittels regelmäßig kein geeignetes Kriterium. Zum einen kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die gegen eine Streikbruchprämie mögliche Abwehrstrategie einer Gewerkschaft umso wirkungsvoller erscheinen dürfte, je höher die Prämie im Verhältnis zum Verdienst ausfällt. Zum anderen unterliegt eine Streikbruchprämie einem ökonomisch-selbstregulierenden Effekt. Ein Arbeitgeber wird das Versprechen einer Streikbruchprämie typischerweise nicht so ausgestalten, dass ihn die streikbedingten Sonderzahlungen finanziell stärker belasten als ein Nachgeben gegenüber den Forderungen der streikführenden Gewerkschaft.

Der Zulässigkeit einer Prämie mit dem Zweck, Arbeitnehmer in einer konkreten Arbeitskampfsituation von Arbeitsniederlegungen abzuhalten oder streikende Arbeitnehmer während des Arbeitskampfs zur Wiederaufnahme der Arbeit zu veranlassen, stehen weder Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG noch § 138 Abs. 1 BGB entgegen. Arbeitskampfmaßnahmen ist es immanent, dass sie die durch die Tarifvertragsfreiheit geschützte Entscheidungsfreiheit der Gegenseite durch Zufügung von Schäden oder den Erfolg gegnerischer Kampfmaßnahmen abwehrenden Verhalten zu beeinflussen versuchen.

Deshalb folgt die Unzulässigkeit der als Kampfmaßnahme kollektivrechtlich zu beurteilenden Streikbruchprämie nicht aus dem Umstand, dass der individualrechtliche Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf Prämienzahlung dessen Nichtteilnahme am Streik voraussetzt. Es steht in der Beurteilung des zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmers, ob er sein Recht auf Beteiligung am Arbeitskampf in Anbetracht der zugesagten Prämie im Einzelfall nicht ausübt.

(BAG, Urteil vom 14.08.2018 – 1 AZR 287/17)

Freigestelltes Betriebsratsmitglied – pauschale Zulage

Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Diese Vorschrift begründet allerdings keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichert den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds, indem er dem Arbeitgeber den Einwand des nicht erfüllten Vertrags nimmt. Sie gilt für alle Betriebsratsmitglieder unabhängig von einer etwaigen Freistellung nach § 38 BetrVG.

Das Verbot der Minderung des Arbeitsentgelts bedeutet, dass dem Betriebsratsmitglied das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen ist, das es verdient hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit geleistet, sondern gearbeitet hätte. Das Arbeitsentgelt ist nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen. Zum Arbeitsentgelt im Sinne von § 37 Abs. 2 BetrVG gehören alle Vergütungsbestandteile, nicht dagegen Aufwendungsersatz. Zu dem Arbeitsentgelt zählen neben der Grundvergütung insbesondere Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.

Allerdings untersagt § 78 Satz 2 BetrVG die Gewährung von Vergütungsbestandteilen, die das Betriebsratsmitglied nicht erhalten hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit erbracht, sondern gearbeitet hätte. Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Die Regelung dient – ebenso wie das Ehrenamtsprinzip (§ 37 Abs. 1 BetrVG) – der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder. Eine Begünstigungsabsicht ist nicht erforderlich. Für eine Begünstigung im Sinne der Vorschrift genügt die objektive Besserstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern. Eine nach § 78 Satz 2 BetrVG untersagte Begünstigung ist jede Besserstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht.

Das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG lässt es regelmäßig nicht zu, dem Mandatsträger wegen seiner Amtsstellung eine während der Mandatstätigkeit weiterzuzahlende Vergütung zuzusagen, die über das nach § 37 Abs. 2 bis Abs. 4 BetrVG geregelte Maß hinausgeht. Betriebsratsmitglieder erhielten andernfalls einen Sondervorteil gegenüber anderen Arbeitnehmern, die keine Verdiensterhöhung erlangen können. Arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die gegen das Begünstigungs- oder Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 134 BGB nichtig.

Für die Fortzahlung von Zeit- oder Erschwerniszulagen an ein freigestelltes Betriebsratsmitglied kann in einem Arbeitsverhältnis die Zusage eines pauschalierten Monatsbetrags grundsätzlich zulässig sein. Werden in einem Arbeitsverhältnis Zuschläge für die Erschwernis der Arbeit zu ungünstigen Zeiten gewährt, etwa für Sonntagsarbeit, Nachtarbeit, Arbeit an Feiertagen o. Ä., die nach § 37 Abs. 2 BetrVG zum fortzuzahlenden Entgelt zählen, stehen diese einem nach § 38 BetrVG vollständig freigestellten Betriebsratsmitglied auch dann zu, wenn es aufgrund seiner Amtstätigkeit tatsächlich überhaupt keine Arbeitstätigkeiten und auch keine Tätigkeiten zu den zuschlagsrelevanten ungünstigen Zeiten geleistet hat. Da die Zuschläge in diesem Fall hypothetisch zu berechnen sind und bei einem vollständig freigestellten Betriebsratsmitglied zur Ermittlung der hypothetischen Zuschlagshöhe gegebenenfalls eine Schätzung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 2 ZPO anhand der von vergleichbaren Arbeitnehmern geleisteten Tätigkeiten zu zuschlagsrelevanten Zeiten vorzunehmen ist, kann auch die Festlegung eines pauschalen Monatsbetrags im Einklang mit § 37 Abs. 2 und § 78 Satz 2 BetrVG stehen, sofern die Pauschale im Wesentlichen dem Durchschnitt der tatsächlichen hypothetischen Zuschlagsansprüche entspricht, sich in der pauschalen Zahlung also keine versteckte zusätzliche Vergütung verbirgt. Der pauschalierte Betrag muss sich zur Vermeidung einer unzulässigen Begünstigung an dem Umfang der üblicherweise erbrachten zuschlagpflichtigen Tätigkeiten orientieren und darf lediglich einer rechnerischen Erleichterung dienen.

(BAG, Urteil vom 30.08.2018 – 7 AZR 206/17)

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Verwendung von Microsoft Excel zur Erfassung von Anwesenheitszeiten

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat unter anderem mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Ein datenverarbeitendes System ist zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer bestimmt, wenn es individualisierte oder individualisierbare Verhaltens- oder Leistungsdaten selbst erhebt und aufzeichnet, unabhängig davon, ob der Arbeitgeber die erfassten und festgehaltenen Verhaltens- oder Leistungsdaten auch auswerten oder zu Reaktionen auf festgestellte Verhaltens- oder Leistungsweisen verwenden will. Überwachung in diesem Sinn ist sowohl das Sammeln von Informationen als auch das Auswerten bereits vorliegender Informationen.

In diesem Zusammenhang ist geklärt, dass etwa die Nutzung und der Einsatz des Datenverarbeitungssystems SAP ERP zur Personalverwaltung der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterliegen. Es ist offenkundig, dass für andere softwarebasierte Personalverwaltungssysteme nichts Abweichendes gilt, mag diesen auch „alltägliche Standardsoftware“ zugrunde liegen. Desgleichen liegt auf der Hand, dass es für die „Bestimmung zur Überwachung“ im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht auf eine – wie auch immer im Einzelnen verfasste – „Geringfügigkeitsschwelle“ ankommt. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind.

Die auf technischem Weg erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern soll das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken. Nach diesem höchstrichterlich geklärten Zweck des Mitbestimmungsrechts scheidet die Annahme des Überschreitens einer „Erblichkeits- oder Üblichkeitsschwelle“ als Voraussetzung für die Mitbestimmung des Betriebsrats bei § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG von vornherein aus, zumal offenkundig ist, dass im Zusammenhang mit digitaler Personalverwaltung erfasste Daten – unabhängig von der konkret genutzten Software – für Verarbeitungsvorgänge zur Verfügung stehen, die für eine Überwachung genutzt werden können.

(BAG, Beschluss vom 23.10.2018 – 1 ABN 36/18)

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