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Betriebliche Altersversorgung : Was gibts Neues?

Die aktuelle Rechtsentwicklung in der bAV

Andreas NareuischFokus
Lesezeit 5 Min.

Das Betriebsrentenrecht lebt von zahlreichen Urteilen und Auslegungen (wie z. B. Rundschreiben des BMF). Als HR- und bAV-Verantwortlicher müssen Sie hier immer up to date bleiben. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick über wichtige Fälle/Entscheidungen.

Schreiben des BMF vom 06.12.2017 zur Altersversorgung/Anwendung BRSG

  • Wichtigste Punkte:
  • Der steuerfreie Umwandlungsbetrag setzt keine GRV-Pflicht, sondern nur noch ein Dienstverhältnis voraus.
  • Der Zuschuss des Arbeitgebers (u. a. Weitergabe Sozialversicherungsersparnis) fällt unter die vorhandenen Grenzen nach § 3 Abs. 63 EStG.
  • Anrechnung vorhandener Versorgungen (z. B. § 40b) bei den Neuregelungen des BRSG
  • Beendigung Arbeitsverhältnis (Nachzahlung bAV: max. 4 Prozent der GRV für jedes Beschäftigungsjahr, max. zehn Kalenderjahre)
  • Steuerfreie Mitnahme auch vertraglicher Anwartschaften (bisher nur gesetzliche Unverfallbarkeit) möglich/Übertragung auf andere Versorgungen
  • Der Förderbeitrag für Geringverdiener gilt grundsätzlich nur für das erste Arbeitsverhältnis und zusätzlich zum bisher geschuldeten Arbeitslohn.

Anwendung des neuen Paragrafen 100 Einkommenssteuergesetz für Geringverdiener

  • Wenn die Bedingungen des § 100 EStG erfüllt sind, kann der Arbeitgeber über die Lohnsteueranmeldung eine Förderung geltend machen.
  • Bei einer Zahlung des Arbeitgebers von 240 bis 480 Euro/Jahr = 30 Prozent Förderung über Lohnsteuer
  • Die Förderbeträge betragen dann 72 bis 144 Euro/je Jahr.
  • Die Förderung kann bis zur Lohnsteueranmeldung Dezember des laufenden Jahres geltend gemacht werden.

Prüfschritte:

  1. Zahlt der Arbeitgeber Beiträge in einen der versicherungsförmigen Versorgungswege?
  2. Erfolgt die Anlage in einen ungezillmerten Vertrag?
  3. Sind die Rahmenbedingungen nach Betriebsrentenstärkungsgesetz erfüllt?

Hinweis:
Oft sind die vorhandenen bAV-Verträge nicht für die Förderkriterien dieses Paragrafen verwendbar. Beispielsweise steht oft das Kapitalwahlrecht im Weg.

4. Festschreibung des 2016 gezahlten Arbeitgeberbeitrages als Berechnungsgrundlage
5. Prüfung, ob das monatlich laufende Steuerbrutto des Mitarbeiters maximal 2.200 Euro beträgt, und Prüfung, ob der Arbeitgeberbeitrag zwischen 240 bis 480 Euro/Jahr beträgt.

Hinweis:
Wenn die Zahlungen des Arbeitgebers nicht einmal im Jahr erfolgen, sondern monatlich als Prozentsatz vom Brutto, ist eine fiktive Hochrechnung sowohl des monatlichen Bruttoeinkommens als auch des Arbeitgeberbeitrages erforderlich. Erst wenn beide Voraussetzungen erfüllt werden, ist der monatliche Arbeitgeberbeitrag nach § 100 EStG steuerfrei.

Kürzung von Betriebsrentenansprüchen
Ein Arbeitgeber, der eine Gesamtversorgungszusage erteilt hat, ist zwar nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) berechtigt, eine Anpassung der Versorgungsregelungen zu verlangen, wenn eine Äquivalenzstörung vorliegt. Hiervon ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (Entscheidung vom 10.11.2015) aber erst dann auszugehen, wenn die bei Schaffung des Versorgungswerks zugrunde gelegte Belastung des Arbeitgebers aufgrund von Kürzungen der gesetzlichen Rente um mehr als 50 Prozent überschritten wird.

Hinweis:
Dieses Urteil wird in Analogie in der Niedrigzinsphase Bedeutung erlangen – erste Kürzung von Garantieleistungen bei Pensionskassen sind bereits erfolgt. Der Arbeitgeber steht hier in Haftung und ggf. Nachschusspflicht!

Portabilität/Jobwechsel
Seit 2005 wurde das Betriebsrentengesetz mehrfach reformiert und aufgrund immer stärkerer „Patchworkarbeitsbiografien“ die sogenannte Portabilität eingeführt. Portabilität bedeutet in der betrieblichen Altersversorgung, dass ein Arbeitnehmer von ihm bislang angespartes Kapital – unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen – beim Arbeitgeberwechsel vom alten zum neuen Arbeitgeber „mitnehmen“ kann.

Portabel bzw. übertragbar sind nach § 4 Betriebsrentengesetz nur Anwartschaften, die unverfallbar sind.

Unverfallbarkeit bedeutet

  • Bei Entgeltumwandlung (arbeitnehmerfinanziert) sofort, da es sich um umgewandelten Lohn des Arbeitnehmers handelt, der bereits „erdient“ wurde,
  • Bei arbeitgeberfinanzierten Durchführungswegen müssen gesetzliche Kriterien erfüllt sein, die sich über die Jahre verändert haben und aktuell auf fünf Jahre Zusagedauer und 25 Jahre Lebensalter lauten (§ 1b Betriebsrentengesetz).

Hinweis:
Seit 2018 sind es drei Jahre Zusagedauer und 21 Jahre Lebensalter (EU-Umsetzung im Betriebsrentenstärkungsgesetz). Erst bei Erfüllung dieser Voraussetzungen besteht auf die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ein unwiderruflicher Rechtsanspruch.

Bei Ausscheiden des Mitarbeiters mit unverfallbaren Ansprüchen sieht das Betriebsrentengesetz grundsätzlich folgende Verfahrensweisen vor:

  1. Übernahme des Altvertrages komplett durch den neuen Arbeitgeber, soweit alle Beteiligten einverstanden sind. Problem kann hier die Übernahme aller Rechte und Pflichten für den neuen Arbeitgeber sein. Das heißt: Er haftet für einen Vertrag, den er selbst nicht abgeschlossen bzw. ausgewählt hat.
  2. Übertragung des sogenannten Übertragungswertes des Altvertrages in einen neuen Durchführungsweg beim neuen Arbeitgeber. Hier gilt es stets die Höhe der Werte und Rentenzusagen zu prüfen. Der Neuvertrag muss eine wertgleiche Zusage vorsehen, worum sich die Gerichte in Zukunft noch trefflich streiten werden. Der Arbeitnehmer kann also innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von seinem ehemaligen Arbeitgeber verlangen, dass der Übertragungswert auf den neuen Arbeitgeber übertragen wird, wenn
  • Die betriebliche Altersversorgung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt worden ist und
  • Der Übertragungswert die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigt.
  • Der Anspruch richtet sich gegen den Versorgungsträger, wenn der ehemalige Arbeitgeber die versicherungsförmige Lösung gewählt hat.

Hinweis:
Eine Übertragung von Vermögen von Unterstützungskassen oder Rückstellungen aus Pensionszusagen ist nicht möglich! Des Weiteren müssen alter und neuer Versorgungsträger Mitglied im Übertragungsabkommen der Versicherungswirtschaft (GDV) sein, um neue Abschlusskosten beim Neuvertrag zu verhindern, die den Übertragungswert unzulässig mindern würden.

3. Fortführung des alten bAV-Vertrages mit privaten Mitteln, wobei der neue Teil nach Schicht 3 (private Altersversorgung, ungefördert) behandelt und versteuert wird.

4. Beitragsfreistellung des Altvertrages. Hierbei gilt es Mindestversicherungssummen und -renten und die ursprünglich vereinbarte Fälligkeit (z. B. 65./67. Lebensjahr) zu beachten.

Betriebsrenten und Datenschutz/DS-GVO
Die Anpassung aller Formulare an die DS-GVO (z. B. Beratungsprotokolle/Entgeltumwandlungsvereinbarung) ist unabdingbar. Außerdem bedarf es der Einwilligung des Arbeitnehmers zur Nutzung, Verarbeitung und Weitergabe der Daten (u. a. an Dritte wie Unterstützungs- und Pensionskassen).

Rückzahlungsansprüche aus der Unterstützungskasse gegen Arbeitgeber
Im BAG-Urteil vom 21.03.2017 (3 AZR 619/5) wurde entschieden: Auch bei anderslautender Satzung/Vereinbarung kann ein Rückzahlungsanspruch von Deckungsmitteln gegeben sein, wenn riskante Anlagen die treuhänderische Vermögensverwaltung und damit die Finanzierung der zugesagten Betriebsrenten gefährden.

Hinweis:
Der Arbeitgeber/das Trägerunternehmen muss rechtzeitig Kontrolle ausüben, z. B. durch die Mitgliederversammlung/den Anlageausschuss!

Rentenpaket ab 01.01.2019

  • Reform der Mütterrente: Alle Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben, erhalten statt 3 nunmehr 2,5 Punkte – ca. 16 Euro monatlich mehr
  • Stabiles Rentenniveau bis 2025 geplant
  • In der Erwerbsminderungsrente werden die Jahre der Erwerbsminderung künftig wie volle Beitragsjahre in der GRV angerechnet (nur für Neurenten!)

Hinweis:
Die Grundrente (oder neu „Respektrente“), 10 Prozent über Hartz-IV-Satz, bei 35 Jahren Einzahlung in die GRV, ist geplant und wird gerade von Herrn Heil (Bundesminister/SPD) heftig propagiert. Die Einbeziehung von Selbstständigen in die Gesetzliche Rentenversicherung kommt. Im Sommer soll es einen ersten Referentenentwurf geben.

Ausblick
Die Welt der betrieblichen Altersvorsorge und deren Rechtsentwicklung sind im Fluss. Im Beitrag konnten wir viele Bereiche der Veränderungen nur oberflächlich behandeln. Um sich vor Rechts- und Haftungsfallen zu schützen, lassen Sie sich objektiv und anbieterunabhängig zu Ihren hauseigenen Handlungsnotwendigkeiten beraten, denn Recht haben und Recht bekommen sind wie immer zwei Paar Schuhe.

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