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Aus der XING-Gruppe : Die Abrechner

Das BMF-Schreiben vom 5. Februar 2020 zum Thema „Gewährung von Zusatzleistungen und Zulässigkeit von Gehaltsumwandlungen“ (Anwendung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 1. August 2019 – VI R 32/18) verursacht auch Diskussionen in unserer XING-Gruppe. Die Mitglieder haben sich dazu geäußert und sind teilweise fassungslos und empört.

Lesezeit 3 Min.
Eine unscharfe Nahaufnahme einer Tabellenkalkulation auf Papier mit teilweise sichtbarem Taschenrechner in der oberen rechten Ecke, was auf eine finanzielle oder mathematische Analyse schließen lässt.

Um was geht es konkret in dem Rundschreiben? Der Bundesfinanzhof hat bezüglich verschiedener Steuerbefreiungs- und Pauschalbesteuerungsnormen oder anderer steuerbegünstigter Normen des Einkommensteuergesetzes (EStG) seine Rechtsprechung geändert. Er verneint, dass bestimmte Steuervergünstigungen für Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung (je nach arbeitsvertraglicher Ausgestaltung) durch die Zusätzlichkeitsvoraussetzung ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei nur, dass der verwendungsfreie Arbeitslohn zugunsten verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen des Arbeitgebers arbeitsrechtlich wirksam herabgesetzt wird (Lohnformwechsel).

Die XING-Mitglieder sind der Auffassung, dass die Finanzbehörden der Länder und somit auch die Betriebsprüfer vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) darauf hingewiesen werden, die bestehenden Regelungen des Einkommensteuergesetzes und die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu ignorieren und die Sachbezüge und Zuschüsse im Rahmen des Einkommensteuergesetzes nicht als begünstigt anzuerkennen, wenn diese an eine Gehaltsumwandlung bzw. an einem Gehaltsverzicht gekoppelt sind.

Diese Regelungen betreffen u. a. das Job-Rad und das Job-Ticket, aber auch andere Lohnarten und Bausteine. Konsequenz dieser Regelung wäre, dass steuerfreie Sachbezüge und Zuschüsse nur noch zum Zeitpunkt einer Neueinstellung zugesagt werden können. Das bedeutet, dass alle Arbeitnehmer in einem bestehenden Arbeitsverhältnis sofort benachteiligt werden würden, da dann alle bisher eingesetzten Sachbezüge/Zuschüsse gestrichen werden müssen.

Verwunderlich ist auch, dass es sich bei der Umsetzung des § 8 EStG um eine steuerrechtliche Regelung handelt, und das soll nun versteckt im Rahmen des Grundrentengesetzes vorgenommen und umgesetzt werden.

Es kommt teilweise zu harter Kritik gegenüber der Politik. Die neuen Regelungen sollen einen Beitrag zur Grundrente liefern – so die Aussagen –, obwohl es sich bei der Umsetzung des § 8 EStG eigentlich um eine steuerrechtliche Regelung handelt (Gesetz zur Einführung der Grundrente: Referentenentwurf der Bundesregierung, Stand 16.01.2020).

Aber wie kann das sein? Es wird die Meinung vertreten, dass die Betriebsprüfer angewiesen werden sollen, absichtlich und in voller Kenntnis der tatsächlichen Rechtslage rechtsmissbräuchliche Bescheide zum Nachteil der Steuerpflichtigen zu erlassen, begründet damit, dass sich die Gesetzeslage in der Zukunft möglicherweise ändern könnte. Auch die juristische Auseinandersetzung mit dem Finanzamt wäre dem Steuerpflichtigen evtl. zu aufwendig und zu teuer, zur Not könnten auch schnell neue Gesetze zurechtgebogen werden.

Wenn also Unternehmen eine Gehaltsumwandlung im Rahmen einer Lohnoptimierung oder einen Gehaltsverzicht einsetzen, bewegen sich diese zwar im Rahmen der Gesetze, das Finanzamt wird es aber trotzdem nicht anerkennen.

Es sind definitiv Handlungsempfehlungen angebracht und auch die Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften sind aufgerufen, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, sodass die Unternehmen auf der sicheren Seite sind und ggf. dieser Steuervermehrung noch entgegengewirkt werden kann.

Eine ordentlich gestapelte Säule aus Münzen neben einem Stift mit einem verschwommenen Taschenrechner im Hintergrund, was an Finanzbuchhaltung oder Budgetplanung denken lässt.

Die Prüfung der Jahresarbeitsentgeltgrenze ist und bleibt ein beliebtes Diskussionsthema. Im konkreten Fall handelte es sich um einen privat krankenversicherten Arbeitnehmer der die Versicherungspflichtgrenze im Jahr 2020 (62.550 Euro) unterschreitet. Das XING-Mitglied hatte in diesem Fall mehrere Fragen an die Gruppe.

Welche Schritte sind von wem zu unternehmen?

Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V endet, wenn das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr übersteigt. Dabei tritt das Ende der Versicherungsfreiheit unmittelbar ein, das heißt mit dem Tag, der dem Tag vorhergeht, von dem an die Jahresarbeitsentgeltgrenze unterschritten wird. Demnach muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erstmals zum 01.01.2020 versicherungspflichtig machen.

Sind die Pflichten des Arbeitgebers erfüllt, wenn er den Arbeitnehmer darüber informiert oder muss er die Krankenkasse informieren? An wen muss sich der Arbeitnehmer wenden?

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der zuständigen Einzugsstelle mitzuteilen, dass das Jahresarbeitsentgelt des Arbeitnehmers die Grenze unterschritten hat beziehungsweise unterschreitet und die Versicherungspflicht somit wieder eingetreten ist.

Für die Umschlüsselung des Arbeitnehmers ist es notwendig, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilt, zu welcher gesetzlichen Krankenkasse er gehen möchte.

Der Arbeitnehmer hat demnach ein Wahlrecht. In der Praxis kann es ggf. sein, dass der Arbeitnehmer es nicht pünktlich zur Abrechnung schafft, dem Arbeitgeber die „neue“ Krankenkasse mitzuteilen. In der Regel meldet dann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei der letzten Kasse an (Kasse die als Einzugsstelle für die Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung hinterlegt wurde). Der Arbeitnehmer bekommt nach Anmeldung bei der gesetzlichen Krankenkasse eine Mitgliedsbescheinigung. Diese legt er der privaten Krankenkasse vor: Dies bewirkt, dass die „meisten“ privaten Krankenkassen den Vertrag rückwirkend beenden und zu viel gezahlte Beiträge zurückerstatten.

Wie wird verfahren, wenn er von seiner Möglichkeit Gebrauch macht, auf die Rückkehrmöglichkeit in die gesetzliche Krankenversicherung zu verzichten?

Sollte der Arbeitnehmer sich befreien lassen wollen (innerhalb von drei Monaten), dann muss er auch zu seiner letzten Krankenkasse gehen und dort den Antrag stellen. Wenn er den Befreiungsbescheid bekommt, legt er diesen dem Arbeitgeber vor.

Stapel unterschiedlicher Münzen, balanciert in einer gebogenen, aufsteigenden Formation auf einer reflektierenden Oberfläche.

Hinweis:

Gegebenenfalls muss rückwirkend – aufgrund der Umschlüsselung auf die private Krankenkasse – der Arbeitgeberzuschuss nachgezahlt werden.

Janette Rosenberg, Dozentin und Beraterin Payroll, Moderation XING-Gruppe „Die Abrechner“

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