Die Zukunft der Payroll, Teil 1 : Künstliche Intelligenz und neuronale Netze
Die Digitalisierung dringt unaufhörlich in alle Bereiche eines Unternehmens ein. Davon ist insbesondere das Personalmanagement betroffen, wenn es um administrative Tätigkeiten geht, die permanent unter Kostendruck erledigt werden müssen.

Einführung
Im Rahmen von Industrie 4.0 bringt die fortschreitende Digitalisierung eine zunehmende Vernetzung verschiedener IT-Systeme. Die Begriffe Big Data, Internet of Things (IoT) oder Künstliche Intelligenz (KI) stehen für diese Entwicklung. Die vorhandenen Daten können für unterschiedliche Auswertungen verknüpft werden. Es entstehen riesige Datenmengen, die systematisch durch KI-Technologien für Prozess und Produktinnovationen sowie neue Geschäftsmodelle analysiert werden können. Solche Datensammlungen und deren Analysen erfordern ein völlig neues Verständnis von deren Nutzung. Und das Wichtigste: Werden damit bessere Ergebnisse erzielt? Nun, der Nutzen muss deutlich werden, denn die Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) erzwingt die Einhaltung neuer Vorgaben der Dokumentation, Information und Meldung. Die hierdurch noch zu schaffende Transparenz kann helfen, möglichen Ängsten zu begegnen.
Künstliche Intelligenz und deren Anwendungen
Die wesentlichen Anwendungen von KI sind Predictive Analytics, z. B. in der Instandhaltung.
Künstliche Intelligenz
Computersysteme mit Bezug zur menschlichen Intelligenz bzw. zum menschlichen Verhalten
Lernende Maschinen
Computermodelle mit künstlichen neuronalen Netzen (KNN) aus der Hirnforschung
Deep Learning
Klasse von Optimierungsmethoden von KNN
HR Analytics
Analyse von Daten aus dem Personalmanagement in Verbindung mit anderen Unternehmensdaten
Nutzen wird erzielt etwa im Ressourcenmanagement (Reduzieren des Material- und Energieverbrauchs), der Qualitätskontrolle (bessere Bilderkennung) oder im Bereich der intelligenten Assistenzsysteme (Verbessern des Kundendiensts durch Nutzen der Spracherkennung) sowie im Bereich des Wissensmanagements (insbesondere für die bessere Diagnostik in der Gesundheit), der Robotik (Produktion 4.0), im Bereich des autonomen Fahrens, der Automatisierung (Desktop am Helpdesk) und der Sensorik (erhöhte Messgenauigkeit). Das Deep-Learning-Modell muss zunächst mit realistischen Daten trainiert werden, sodass der Algorithmus als Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems in der Lage ist, gute und schlechte Strukturen voneinander zu unterscheiden. Mit jedem neuen Fehler lernt das System dazu und kann die Qualitätsabweichungen besser erkennen. Was in vielen Branchen bereits seit Jahren erfolgreich eingesetzt wird, scheint im Bereich Human Resources (HR) noch nicht angekommen zu sein.
Arbeitsmarkt – KMU haben ein riesiges Potenzial
Ein Themenkomplex, der die Wirtschaft über die kommenden Jahre hinweg beschäftigen wird, ist der Mangel an Fachkräften. Bis 2035 werden infolge des Renteneintritts der sogenannten Generation Baby-Boomer etwa 6 Millionen Stellen unbesetzt sein. Gleichzeitig verzeichnen wir in Deutschland jedes Jahr 50.000 Schulabbrecher. Es werden aber auch Tätigkeiten wegfallen. So führt die Einführung von Reisekosten-Apps dazu, dass in einem Großunternehmen Hunderte von Jobs wegfallen, weil kein Beleg mehr für die Erstattung oder Verbuchung manuell bearbeitet wird. Es geht also darum, Angebote zu machen, damit Menschen nicht aussteigen. Der Schlüssel lautet Aus- und Weiterbildung, und es kommt entscheidend darauf an, die Entwicklung zu einer lernenden Gesellschaft zu fördern.
Digitale Transformation der Arbeitswelt
Es heißt, KI sei um die Ecke und überall vorhanden, und die heilbringenden Roboter würden uns unterjochen. Das ist ein Mythos, denn die allermeisten Unternehmen sind – noch – nicht in der Lage, die oben beschriebenen relevanten Daten zu liefern. Lernende Maschinen (Learning Machines) machen die Dinge einfach besser, sie erledigen Routinearbeiten ständig. Sie werden nicht krank, kennen keine führungsbedingte Demotivation und können – unterbrochen durch Wartungsarbeiten – rund um die Uhr agieren. KI verändert Prozesse, Strukturen und Kommunikation im Unternehmen. Dies geschieht nicht über Nacht. Es benötigt eine Kultur, welche diese Veränderungen annimmt, denn die Einsatzmöglichkeiten müssen ausprobiert, bewertet und dann verworfen oder weiterentwickelt werden. Und nicht zuletzt müssen die Beschäftigten eingebunden werden, um die Akzeptanz zu fördern. Vom Personalmanagement wird vor dem Hintergrund dieser neuen Möglichkeiten und eines steigenden Wettbewerbsdrucks gefordert, seinen Methodenkasten kritisch zu überprüfen und diesen weiterzuentwickeln. Die eigentlichen Kern-Funktionen von HR, nämlich das Finden, Motivieren und Binden von Personal (nebst Entgelt und HR-Administration) bleiben bestehen. Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie diese Funktionen erfüllt werden.
Als wichtigste Handlungsfelder können angesehen werden: Sicherstellung/Etablierung digitaler Kompetenzen, Nutzung agiler Methoden wie z. B. Design Thinking, Working out loud, Scrum, virtuelle Teamarbeit (z. B. unterstützt durch Slack) und Learning on Demand, die Integration externer Anwendungen in die Personalverwaltung, z. B. durch Einbindung von Online-Plattformen (Linkedin, Kununu etc.) oder Crowdworking-Portale (z. B. Clickworker, Freelancermap, Upwork) und die Einbindung von mobilem Personalmanagement (z. B. durch mobile Geräte im Personalmarketing, in der Personalauswahl und Entwicklung sowie durch Bring Your Own Device). Daneben gewinnen Big Data und Predictive Analytics an Bedeutung, etwa für die Gesundheitsförderung, die Personalauswahl oder zur Prognose von Kündigungen. Schließlich gilt es, den Kulturwandel zu mehr digitaler Selbstverantwortung und der Nutzung von HR-Social-Software (z. B. Weblogs, Wikis und soziale Netzwerke) zu fördern und vereinfachte administrative Prozesse für die Mitarbeiter im Rahmen von Employer Self Services (ESS) fortlaufend zu unterstützen.
Raschid Bouabba, Geschäftsführer MCGB GmbH, Unternehmensberatung, Berlin