Aus der XING-Gruppe : Unerwünschte Nebenwirkungen
Hand in Hand zusammenarbeiten! Ob das HR-Management, die IT und die Abteilung der Lohn- und Gehaltsabrechnung – es ist wichtig, miteinander zu arbeiten. Gerade komplexe Themengebiete zeigen immer wieder, wie schwierig es sein kann, eine „perfekte“ Lösung für alle Parteien zu finden, die keine unerwünschten Nebenwirkungen mit sich bringt.
Ein Gebiet, das Unternehmen vor Herausforderungen stellt, ist das Thema Altersteilzeit. Auch wenn in der Praxis alles richtig gemacht wird, kann es zu Fallstricken kommen.
Als Rechtsgrundlage gilt hier das Altersteilzeitgesetz (ATG), das älteren Arbeitnehmern den Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglichen soll. Dies gilt für Arbeitnehmer, die verschiedene Voraussetzungen erfüllen müssen, zum Beispiel die Vollendung des 55. Lebensjahrs oder dass die bisherige wöchentliche Arbeitszeit aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf die Hälfte reduziert wurde oder dass der Arbeitgeber einen Aufstockungsbetrag zahlt und zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge entrichtet.
Aber auch andere Bereiche zeigen ihre Komplexität, beispielsweise die Abwicklung mit dem Versorgungswerk. Was viele nicht wissen, ist, dass berufsständische Versorgungswerke Sondersysteme sind, die für kammerfähige Freie Berufe (z. B. Ärzte, Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater etc.) die Pflichtversorgung bezüglich der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung übernehmen. Ein Versorgungswerk funktioniert nach dem offenen Deckungsverfahren wie bei den Lebensversicherungen und nicht nach dem Umlageverfahren wie die gesetzliche Rentenversicherung. Trotzdem übernimmt die Deutsche Rentenversicherung die Betriebsprüfung, und damit die Prüfung ohne Beanstandungen bleibt, ist es wichtig, diese besonderen Personengruppen richtig zu beurteilen.
Sachverhalt 1: Altersteilzeit Aufstockungsbetrag
Konkret geht es darum, dass im Abrechnungsprogramm SAP bei der Altersteilzeitberechnung des Mitglieds neben der Aufstockung 1 (/611) eine zweite Aufstockung (/612) läuft und ein zweiter Aufstockungsbetrag ausgezahlt wird. Im Infotyp zur Altersteilzeit (0521) wurde nichts geändert, es ist ein Prozentsatz für die Aufstockung vorgegeben und in der Vergangenheit kam auch immer nur ein Aufstockungsbetrag zur Auszahlung.
Ein Mitglied gab die Rückmeldung bzw. den Hinweis, dass die Aufstockung 2 in der Regel durch einen Vergleich mit der Mindestlohntabelle zustande kommt. Eventuell sollte sich das Mitglied das Protokoll des Altersteilzeitmoduls ansehen, in dem gut erkennbar ist, wie sich die Lohnart /612 ergibt. Ggf. könnte man auch übersteuern, indem im Infotyp 0521 einen Wert von 0,01 für die Aufstockung 2 eingibt.
Sachverhalt 2: Beurteilung Sozialversicherungspflicht bei Bekanntgabe einer Schwangerschaft
Das Mitglied war sich mit seinen Kollegen nicht einig, ob sie bei einer privat oder freiwillig versicherten Arbeitnehmerin eine neue sozialversicherungspflichtige Beurteilung vornehmen müssen, wenn für die Arbeitnehmerin eine Schwangerschaft gemeldet wird. Des Weiteren wurde keine klare Aussage gefunden, ob eine bereits bestehende Schwangerschaft bei der Jahresarbeitsentgeltprüfung sowohl bei privat als auch bei freiwillig Versicherten berücksichtigt und ggf. auf eine Pflichtversicherung umgestellt werden muss. Leider ergab auch eine Anfrage bei der Krankenkasse keine klare Aussage.
Die wichtigsten Hinweise sowie die richtige Vorgehensweise finden wir im Rundschreiben vom 20.03.2019, Seite 8 und 9 unter dem Punkt 2.5.
Auch unsere Mitglieder gaben diese Hinweise. Grundsätzlich lässt sich Folgendes sagen:
Ist die Schwangerschaft bekannt zum Prognosezeitpunkt, zieht dies keine Krankenversicherungsfreiheit mit sich, da die Jahresarbeitsentgeltgrenze durch die Entgeltersatzleistungen unterschritten wird.
Eine Schwangerschaft im Laufe des Jahres zieht keine neue Beurteilung bzw. Neubetrachtung nach sich.
Weitere Hinweise und Beispiele finden Sie in dieser Ausgabe im Beitrag „Dauerbrenner: Jahresarbeitsentgeltgrenze“.
Sachverhalt 3: Rentenalter – Beitragsgruppenschlüssel (Versorgungswerk)
Eine angestellte Zahnärztin erreicht die gesetzliche Regelaltersgrenze. Sie ist privat krankenversichert, die Rentenversicherungsbeiträge zahlt sie ans Versorgungswerk. Nach der Satzung des Versorgungswerkes hat sie die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht, denn das Versorgungswerk muss sich nicht an das gesetzliche Rentenalter halten. Die Rentenversicherungsbeiträge müssen weiterhin in voller Höhe (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) an das Versorgungswerk abgeführt werden. Problemstellung: Mit dem Beitragsgruppenschlüssel „0000“ stuft das Abrechnungsprogramm die angestellte Zahnärztin als nicht meldepflichtig ein und meldet sie automatisch ab!
Ist das richtig? Sie ist doch weiterhin sozialversicherungspflichtig angestellt, obwohl der Beitragsgruppenschlüssel tatsächlich auf eine Sozialversicherungsfreiheit hindeutet.
Diese Konstellation ist tatsächlich richtig und wurde so von der Krankenkasse bestätigt. Der Schlüssel für die Rentenversicherung muss bei Meldungen an ein Versorgungswerk auf „0“ sein. In speziellen Konstellationen (wie in dem beschriebenen Fall) kann der Beitragsgruppenschlüssel „0000“ ergeben. In diesen Fällen sind Meldungen nur an das Versorgungswerk erforderlich.
Hinweis: Bei DEÜV-Meldungen an ein Versorgungswerk findet auch eine Kernprüfung statt. Demnach muss ein Beitragsgruppenschlüssel stimmig sein bezüglich der Plausibilitätsprüfungen. Zum Beispiel leitet sich aus dem Beitragsgruppenschlüssel zur Krankenversicherung auch das Versorgungswerk daraus ab, ob die „Märzklausel“ Anwendung findet.
Janette Rosenberg