Aus der FALG-Gruppe : eAU – Erfahrungsberichte aus Praxis
Nachdem am 01.01.2023 nach diversen Terminverschiebungen die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in unseren Alltag eingezogen ist, trudeln erste Erfahrungsberichte in der Facebook-Gruppe Fachassistent/in Lohn und Gehalt ein – und diese sind nur ganz selten positiv.
Zunächst einmal legt noch immer eine große Menge der Arbeitnehmer Papierbescheinigungen vor, da sehr viele Ärzte meinen, „das klappt ja noch gar nicht“. Dann, wenn es eine Folge-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geben soll, wird das plötzlich doch elektronisch gemacht und der Arbeitgeber ist verwirrt.
Nicht nur er.
Wenn man einmal tatsächlich einen Arzt hat, der von vornherein eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sendet, erhält der Arbeitnehmer nicht mehr sein Exemplar – was ja eigentlich noch in Papierform ausgestellt werden sollte. Außerdem berichten viele Gruppenmitglieder, dass der elektronische Abruf von Folgebescheinigungen sowieso meist nicht funktioniert.
Ein völlig unterschätztes Problem ist die Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch die Arbeitnehmer an die Arbeitgeber – denn da in den Medien kommuniziert wurde, dass nun „alles ganz automatisch läuft“, sehen die Arbeitnehmer nicht ein, vom Arbeitgeber für die Meldung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entwickelte und bereitgestellte „Fragebögen“ auszufüllen. Auch die Thematik der in manchen Firmen praktizierten drei K.o.-Tage wird, wie sich aktuell zeigt, von vielen Arbeitnehmern mit den im § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz geregelten Anzeige- und Nachweispflichten begründet, obwohl es in ihrer Firma diese K.o.-Tage nie gab. Nur, weil man nicht selbst etwas ausfüllen möchte. Ich denke, dass die von den Unternehmen eingeführte (vermeintliche) Vereinfachung und Vereinheitlichung des Ablaufs der Meldung der Arbeitsunfähigkeit bei sehr vielen Arbeitnehmern großes Unverständnis ausgelöst hat. Da gilt es noch viele Missverständnisse auszuräumen.
Allgemein zeigt sich nach derzeitigem Stand eher ein höherer Bürokratieaufwand als noch zu Zeiten des „gelben Scheins“. Wir hoffen alle, dass dies nur Anfangsprobleme sind und sich endlich eine einheitliche Vorgehensweise etabliert, damit sich der Mehraufwand in der Entgeltabrechnung in Grenzen hält. Es wäre uns allen zu wünschen.
Neben diesen Erfahrungsberichten kommen aktuell Fragen zu den üblichen Arbeiten zu Jahresbeginn rein, etwa zu den Themen Prüfung der Umlagepflicht, Meldungen zur Schwerbehindertenabgabe, Meldungen zur Künstlersozialabgabe und zur pauschalen Lohnsteuer für Geschenke an Geschäftskunden. Die Gruppe pflegt noch immer einen regen Austausch, unterstützt, wo sie nur kann, und wächst dabei stetig.
Außerdem gibt es die ersten Diskussionen hinsichtlich des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2022 zur Berücksichtigung der Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung des Beitrags zur sozialen Pflegeversicherung, zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Wir sind sehr gespannt, ob der Gesetzgeber tatsächlich bis zum 31.07.2023 eine Neuregelung auf den Weg bringt und wie programmtechnisch umgesetzt wird, dass statt der Eingabe „Elterneigenschaft nachgewiesen“ und „Pflegeversicherungszuschlag ja/nein“ nun die Anzahl der Kinder entsprechend berücksichtigt werden kann. Zunächst hatten übrigens nur wenige dieses Urteil auf den Schirm und die Überraschung war dann doch recht groß. Eine Umfrage zur Umsetzung in der Praxis zeigte, dass vielen der Nachweis eines Kindes hinsichtlich des Zusatzbeitrags in der Pflegeversicherung genügt. Das war natürlich bisher auch völlig legitim und ausreichend.
In der Diskussion trieb uns dann auch die Frage um, ob die Arbeitgeber überhaupt nach Datenschutz-Grundverordnung über sämtliche Familienverhältnisse ihrer Arbeitnehmer Bescheid wissen dürfen. Eine Frage, die garantiert noch für viel Gesprächsstoff sorgen wird.
Nach der Umfrage bewegte uns natürlich auch wieder die Mehrarbeit, die wir mit der Erfassung diverser Kinder haben werden, die aufgrund ihres Alters für unsere tägliche Arbeit eigentlich nicht mehr relevant sind.
Von der Vermittlung der Information an unsere Mandanten rede ich an dieser Stelle lieber noch nicht – denn ja, es ist eher ein Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Problem, aber uns ist natürlich bewusst, dass Diskussionen wegen Unwissenheit bei uns landen werden.
Aber warten wir ab und beobachten, wie es weitergeht und welche Überraschungen der Gesetzgeber für uns dieses Jahr noch so bereithält. Es soll ja nicht langweilig werden.
Annette Bastigkeit, Fachassistentin Lohn und Gehalt