Blog „Entgelt & Co.“ : Müssen wir uns als Arbeitgeber tatsächlich um 180 Grad drehen?
Es wird verstärkt darüber berichtet, dass Unternehmen gezwungen sind, sich zu verändern. Es gibt viele Faktoren, die tatsächlich dafür sprechen, seien es die steigenden Lebenshaltungskosten, der immerwährende Fachkräftemangel, der ökonomische Gegenwind und nicht zuletzt die Fragen zur Nachhaltigkeit.
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und der Wandel ist gewünscht, vor allem von der neuen Generation Z. Diese zeigt deutlich, was sie möchte und was sie sich von der Arbeitswelt bzw. den Unternehmen wünscht, nämlich weniger Stress und mehr Leben. Mitglieder dieser Generation möchten selbst entscheiden, wann und wo sie arbeiten, sie wollen finanzielle Stabilität, eine klare Trennung von Beruf und Privatleben, vielfältige Arbeitsaufgaben, persönliche Identifikation, nicht zu vergessen Digitalisierung und Fortschritt. Wobei Letzteres klar ist, denn diese Generation kennt keine Welt ohne Internet. Für sie verschmelzen virtuelles und reales Leben. Sie nutzt Blogs zur Wissensaneignung oder You-Tube-Tutorials, es wird auch ganz verständlich in sozialen Netzwerken kommuniziert.

Aber kann ich als Unternehmen allen Forderungen oder Wünschen nachkommen? Natürlich möchte keiner bis zum Umfallen arbeiten und auch neben der Arbeit genug Zeit für Freunde, Familie und Hobbys haben. Jeder würde sich wünschen, dass Arbeitgeber es nicht als Selbstverständlichkeit sehen, dass Überstunden geleistet werden, und dass nicht immer das Gefühl vermittelt wird, dass die Arbeit an erster Stelle stehen sollte.
Eines ist klar, die neue Generation Z erwartet mehr vom heutigen Arbeitgeber. Sie spricht das aus, was andere Generationen vor ihr nicht taten. Daher ist es den Mitgliedern der Generation Z nicht zu verübeln, dass sie ein wertschätzendes Arbeitsumfeld möchten, in dem die Mitarbeiter gefördert werden und alle die gleichen Chancen haben.
Aber trotz der klaren Forderungen kann es auch nachteilig sein, die bisherigen Unternehmenswerte und Vorgehensweisen allesamt über den Haufen zu schmeißen und alles komplett auf diese Jahrgänge auszurichten, auch wenn sie bald ein Drittel der Arbeitskräfte ausmachen werden. Das Unverständnis bei den anderen Generationen ist groß und man könnte sagen, dass der Ruf der Generation Z schlecht ist. Es gibt Äußerungen, dass diese Generation überhaupt nicht wisse, was Fleiß, Durchhaltevermögen und Umsetzungswillen bedeuten. Zudem hört man, dass sie keine Führungskraft werden wollen, da sie sich schwertun, Entscheidungen zu treffen.
Es heißt oftmals, die Generation Z stellt diese Forderungen, weil sie aus den Fehlern der anderen Generationen gelernt hat, da diese eher vom Unternehmen her denken und versuchen, zu gefallen. Aber ist das wirklich der Grund?
Fest steht auf jeden Fall: Der demografische Wandel trifft uns alle und es herrscht eine große Arbeitskräftelücke. Auch die nachfolgenden Generationen sollten sich dieser Tatsache bewusst sein.
Doch es ist erkennbar, dass die Generation Z sich ihrer Macht auf dem Arbeitsmarkt bewusst ist, denn fehlende Arbeitskräfte fallen nun mal nicht vom Himmel und schon gar nicht nehmen sie die alten Strukturen einfach so an. Unternehmen müssen sich anstrengen, sie müssen umdenken und Anpassungen vornehmen, um der neuen Arbeitswelt und – ja auch – der Generation Z gerecht zu werden. Die richtige Akquise würde beispielsweise einen wertvollen Wettbewerbsvorteil schaffen und Unternehmen, die ihr Recruiting und ihre Führungsmuster individueller an die verschiedenen Generationen anpassen, könnten langfristig davon profitieren.

Trotz allem muss nicht alles Bisherige schlecht sein, denn in den letzten Jahren ist zu sehen, dass viele Unternehmen schon etwas geändert haben oder sie setzen sich zumindest damit auseinander, sei es in Bezug auf flexiblere Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten, mehr Work-Life-Balance, neue Lernstrukturen, Weiterbildungen, Förderungsangebote im Unternehmen, eine Ausweitung des Gesundheitsmanagements oder die Digitalisierung.
Vielleicht sollte die Generation Z Unternehmen auch etwas entgegenkommen oder zumindest verstehen: Von nichts kommt nichts und die Arbeit ist nun einmal kein „Ponyhof“.
Es ist in Ordnung, ein soziales Bewusstsein zu haben und entschlossen zu sein, Veränderungen voranzutreiben, finanziell unabhängig zu sein oder sich politisch zu engagieren. Doch auf wessen Kosten? Es hilft niemandem, sich komplett gegen alles „Alte“ zu stellen. Selbst Studien und unterschiedliche Berichte zeigen, dass die Generation Z häufig unter Stress und Müdigkeit leidet und sich von ihrer Arbeit und ihren Verpflichtungen im Erwachsenenleben fremdbestimmt fühlt. Durch diesen selbst erzeugten Druck nehmen schon jetzt die Burnout-Fälle zu.
Ein Umdenken ist bei allen gefragt, sonst ist der enorme Arbeitskräftemangel – den wir übrigens in sehr vielen Berufsfeldern haben, ob bei der Polizei, im Handwerk, in der Bauwirtschaft, in der Pflege, im Lehramt oder im Erziehungsbereich, wo Durchhaltevermögen, Stressresistenz, Fleiß und Durchsetzungsvermögen gefordert sind – bald nicht mehr unser einziges Problem.
Janette Rosenberg