Im Blick: Lohnsteuerrecht
Steuerentlastungen beschlossen
Zur Abfederung der Corona-Folgen haben Bundestag und Bundesrat mehrere Steuer-Erleichterungen für Bürger und Wirtschaft in zwei Entlastungspaketen beschlossen.
Mit dem ersten Entlastungspaket hatte sich der Koalitionsausschuss am 23.02.2022 auf eine Reihe umfangreicher Entlastungsschritte verständigt, u. a. bei der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Geplant ist zudem ein einmaliger Heizkostenzuschuss.
Rückwirkend zum 01.01.2022 sieht das erste Entlastungspaket außerdem vor:
- Der Arbeitnehmerpauschbetrag steigt um 200 Euro auf 1.200 Euro.
- Der Grundfreibetrag steigt um 363 Euro auf 10.347 Euro.
- Die Entfernungspauschale für Fernpendler (ab dem 21. Kilometer) sowie die Mobilitätsprämie steigen auf 38 Cent.
Diese rückwirkenden Maßnahmen sind Bestandteil des Steuerentlastungsgesetzes 2022, das am 16.03.2022 vom Kabinett beschlossen und am 13.05.2022 vom Bundestag verabschiedet wurde. Der Bundesrat stimmte am 20.05.2022 zu.
Auf das zweite Entlastungspaket verständigte sich der Koalitionsausschuss am 23.03.2022 mit dem Maßnahmenpaket zum Umgang mit den hohen Energiekosten. Es beinhaltet umfassende Maßnahmen zur schnellen und unbürokratischen Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Familien. Im Einzelnen geht es insbesondere um folgende Aspekte:
- Die Energiesteuer auf Kraftstoffe soll für drei Monate gesenkt werden. Für Benzin reduziert sich der Energiesteuersatz um 29,55 ct/Liter, für Dieselkraftstoff um 14,04 ct/Liter.
- Es gibt eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für alle einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen sowie einen
- Kinderbonus 2022 als zusätzliche Einmalzahlung für Familien von 100 Euro pro Kind,
- eine Einmalzahlung für Empfänger von Sozialleistungen in Höhe von 200 Euro,
- eine Einmalzahlung für Empfänger von Arbeitslosengeld 1 in Höhe von 100 Euro und
- Ein vergünstigtes Neun-Euro-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

Am 27.04.2022 verständigte sich das Kabinett auf diese zusätzlichen Maßnahmen. Für die befristete Senkung der Energiesteuer wurde das entsprechende Gesetz am 19.05.2022 vom Bundestag verabschiedet. Die Energiepreispauschale und der Kinderbonus wurden im parlamentarischen Verfahren in den Entwurf zum Steuerentlastungsgesetz 2022 eingefügt, bevor das Gesetz am 13.05.2022 im Bundestag verabschiedet wurde.
Der Bundesrat stimmte am 20.05.2022 zu.
Weitere steuerliche Entlastungen wurden mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz umgesetzt, auf das sich das Kabinett am 16.02.2022 verständigt hat und das am 19.05.2022 vom Bundestag verabschiedet wurde:
- erweiterte Verlustverrechnung,
- Verlängerung der degressiven Abschreibung um ein Jahr,
- Verlängerung der Homeoffice-Pauschale für das Jahr 2022,
- steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld bis 30.06.2022,
- Steuerfreiheit für den Corona-Pflegebonus bis zu 4.500 Euro und
- Verlängerung der Abgabefrist für die Steuererklärungen 2020, 2021 und 2022
Ergebnisse der Lohnsteuerprüfungen 2021
Nach den statistischen Aufzeichnungen der obersten Finanzbehörden der Länder haben die Lohnsteuer-Außenprüfungen im Kalenderjahr 2021 zu einem Mehrergebnis von 729,3 Mio. Euro geführt. Von den insgesamt 2.582.132 Arbeitgebern wurden 70.193 Arbeitgeber 2021 abschließend geprüft. Es handelt sich hierbei sowohl um private Arbeitgeber als auch um öffentliche Verwaltungen und Betriebe. Im Kalenderjahr 2021 wurden durchschnittlich 1.900 Prüfer eingesetzt.
Darüber hinaus haben sich 40 Lohnsteuerprüfer des Bundeszentralamts für Steuern im Rahmen der Prüfungsmitwirkung an Prüfungen der Landesfinanzbehörden beteiligt, von denen 209 im Jahr 2021 abgeschlossen wurden.

Konsultationsvereinbarung mit Frankreich

BMF-Schreiben vom 05.04.2022 – IV B 3 – S 1301-FRA/19/10018 :007
Am 13.04.2022 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die letztmalige Fortführung der Konsultationsvereinbarung mit Frankreich über die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von grenzpendelnden Arbeitnehmern. Grundsätzlich verlängern sich die Regelungen der Konsultationsvereinbarung automatisch, sofern die Vereinbarung nicht mindestens eine Woche vor Ende eines Kalendermonats schriftlich gekündigt wird. Deutschland und Frankreich einigten sich darauf, die Regelungen ihrer Vereinbarung „zum 30.06.2022 zu kündigen. Die Regelungen der Konsultationsvereinbarung vom 13.05.2022 finden damit auf Arbeitstage im Zeitraum vom 11.03.2020 bis zum 30.06.2022 Anwendung.“
Nach Beginn der Corona-Pandemie erklärte das BMF am 03.04.2020, in Abstimmung mit den deutschen Grenzstaaten über die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von grenzpendelnden Arbeitnehmern zu gehen, die normalerweise täglich von ihrem Wohnsitz aus in einen anderen Staat zur Arbeit pendeln, aber aufgrund des Coronavirus nun ihrer Tätigkeit vermehrt im Homeoffice nachgehen.
Konsultationsvereinbarung mit der Schweiz

BMF-Schreiben vom 13.04.2022 – IV B 2 – S 1301-CHE/21/10018 :009
Am 13.04.2022 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die letztmalige Fortführung der Konsultationsvereinbarung mit der Schweiz über die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von grenzpendelnden Arbeitnehmern.
Grundsätzlich verlängern sich die Regelungen der Konsultationsvereinbarung automatisch, sofern die Vereinbarung nicht mindestens eine Woche vor Ende eines Kalendermonats schriftlich gekündigt wird. Deutschland und die Schweiz einigten sich darauf, dass die Regelungen ihrer Vereinbarung „mit Ablauf des 30.06.2022 außer Kraft“ treten. „Die Konsultationsvereinbarung […] ist somit auf Sachverhalte anzuwenden, die in den Zeitraum vom 11.03.2020 bis einschließlich 30.06.2022 fallen.“
Eine solche automatische Verlängerung besteht auch in den Vereinbarungen mit Polen und Frankreich. Nach Informationen von Arbeitgeberverbänden strebt das BMF auch eine Kündigung dieser Konsultationsvereinbarungen zum 30.06.2022 an. Eine entsprechende Information verkündete das BMF bereits für die Vereinbarungen mit Luxemburg, Österreich und den Niederlanden.
Im Gegensatz dazu laufen die Regelungen des Abkommens zwischen Deutschland und Belgien grundsätzlich am Ende eines Monats aus, wenn eine Verlängerung nicht spätestens eine Woche vor Ablauf des vorhergehenden Monats schriftlich vereinbart wird. Beide Länder verständigten sich auf eine letztmalige Verlängerung der Vereinbarung bis zum 30.06.2022.
Nach Beginn der Corona-Pandemie erklärte das BMF am 03.04.2020, in Abstimmung mit den deutschen Grenzstaaten über die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von grenzpendelnden Arbeitnehmern zu gehen, die normalerweise täglich von ihrem Wohnsitz aus in einen anderen Staat zur Arbeit pendeln, aber aufgrund des Coronavirus nun ihrer Tätigkeit vermehrt im Homeoffice nachgehen.
Konsultationsvereinbarung mit Polen

BMF-Schreiben vom 22.04.2022 – IV B 3 – S 1301-POL/19/10006 :002
Am 22. April 2022 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die letztmalige Fortführung der Konsultationsvereinbarung mit Polen über die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns von grenzpendelnden Arbeitnehmern. Grundsätzlich verlängern sich die Regelungen der Konsultationsvereinbarung automatisch, sofern die Vereinbarung nicht mindestens eine Woche vor Ende eines Kalendermonats schriftlich gekündigt wird. Deutschland und Polen einigten sich darauf, die Regelungen ihrer Vereinbarung „zum 30.06.2022 zu kündigen. Die Regelungen der Konsultationsvereinbarung vom 12./27.11.2020 finden damit auf Arbeitstage im Zeitraum vom 11.03.2020 bis zum 30.06.2022 Anwendung.“
Mit der Kündigung der Konsultationsvereinbarung mit Polen sind nun alle Vereinbarungen zwischen Deutschland und den jeweiligen Grenzstaaten zur Besteuerung des Arbeitslohns von Grenzpendlern während der Corona-Krise beendet.
Folglich sind ab dem 01.07.2022 wieder die Regelungen zur Besteuerung des Arbeitslohns von Grenzpendlern zu beachten, die vor dem Beginn der Pandemie anzuwenden waren.
Haftung für pauschalierte Lohnsteuer
BFH-Urteil vom 14.12.2021 – VII R 32/20; veröffentlicht am 28.04.2022
Die Nichtabführung einzubehaltender und anzumeldender Lohnsteuer zu den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten begründet regelmäßig eine zumindest grob fahrlässige Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH. Das gilt auch im Fall der nachträglichen Pauschalierung der Lohnsteuer.
Die Klägerin war seit der Gründung alleinige Geschäftsführerin der GmbH. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH für den Zeitraum September 2014 bis Juni 2017 wurde festgestellt, dass für Juli 2015 bis Juni 2017 für die private Nutzung eines Firmenwagens durch die Klägerin keine Lohnsteuer angemeldet, einbehalten und abgeführt worden war. Ferner setzte der Prüfer für den Zeitraum Januar 2015 bis Juni 2017 einen geschätzten Anteil von an die Arbeitnehmer der GmbH erstatteten Verpflegungsmehraufwendungen, die bisher in vollem Umfang als steuerfrei behandelt worden waren, als steuerpflichtig an. Das Finanzamt führte eine pauschale Nachversteuerung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) durch.
Für die Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume Dezember 2017 und Januar 2018 meldete die GmbH zwar Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge fristgerecht an, führte diese jedoch für Dezember 2017 nur noch teilweise und für Januar 2018 überhaupt nicht mehr ab. Bereits mit Schreiben vom 21.12.2017 hatte ein Sozialversicherungsträger die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH beantragt.
Weil die Forderungen von der GmbH nicht beigetrieben werden konnten, nahm das Finanzamt die Klägerin nach vorheriger Anhörung gemäß §§ 69, 34 Abgabenordnung (AO) mit drei Haftungsbescheiden in Haftung.
Die Klägerin hat ihre Pflichten zum einen dadurch verletzt, dass sie die für die Monate Dezember 2017 und Januar 2018 angemeldete Lohnsteuer nicht bzw. nicht vollständig abgeführt hat. Zum anderen hat sie die mit Nachforderungsbescheid festgesetzte Lohnsteuer (und die Nebenleistungen) weder korrekt angemeldet noch gezahlt.
Diese Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer beruht auf einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der Pflichten der Klägerin als Geschäftsführerin.
Bei der pauschalierten Lohnsteuer handelt es sich nicht um eine Unternehmenssteuer eigener Art, sondern um die durch die Tatbestandsverwirklichung des Arbeitnehmers entstandene und vom Arbeitgeber lediglich übernommene Lohnsteuer (Aufgabe der Senatsrechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Urteil vom 03.05.1990 – VII R 108/88).
Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es im Streitfall nicht auf den Fälligkeitszeitpunkt der pauschalierten Lohnsteuer laut Nachforderungsbescheid an, sondern auf die Pflichtverletzung durch Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer zu den gesetzlich vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkten.
Bezüglich der Haftungsbescheide zur Lohnsteuer Dezember 2017 und Januar 2018 ist die Klägerin auch nicht durch ihren Hinweis auf den von ihr beauftragten Steuerberater entschuldigt.
Markus Stier