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Interview mit einem Datenschutzexperten : Entgeltabrechnung – Dos and Don’ts beim Datenschutz

Wie viel ein Mitarbeitender verdient, welcher Konfession er angehört und wie viele Kinder er hat – Entgeltabrechner arbeiten mit personenbezogenen und damit mit besonders sensiblen Datenkategorien.

Lesezeit 4 Min.

Salvatore Piciocchi ist Geschäfts­führer des Münchner Lohn- und Buchhaltungsbüros dilohver und gleichzeitig zertifizier­ter Datenschutzexperte. Als exter­ner Datenschutzbeauftragter weiß er, worauf es beim Schutz etwaiger Infor­mationen in seinem Beruf ankommt, und er ist sich sicher: Digitalisierung wird den Datenschutz enorm verän­dern – gleichzeitig aber auch extrem vereinfachen.

Herr Piciocchi, viele Lohnbuchhalter entscheiden sich nach wie vor, die Lohn- und Gehaltsabrechnungen an die jeweiligen Mitarbeiter per Post zu versenden. Ist das aus daten­schutzrechtlicher Sicht der sicherste Weg?

Nein, in meinen Augen ist das nicht der sicherste Weg. Zwar hat der Gesetzgeber im Grundgesetz das Post­geheimnis verankert, aber Post kann im Zweifelsfall verloren gehen oder der Empfänger ist umgezogen und die Adresse stimmt schlichtweg nicht mehr. Das sind Risiken, die die Gefahr bergen, dass die Abrechnung am Ende des Tages nicht bei der richtigen Per­son ankommt.

Übrigens ist auch die Hauspost keine geeignete Alternative. Lohnabrech­nungen, die auf dem Schreibtisch des jeweiligen Mitarbeitenden landen, können leicht in falsche Hände gera­ten, deswegen ist der digitale Versand die bessere Option.

Sprechen wir hier von einer klassi­schen E-Mail?

Nein, auch eine klassische E-Mail ist datenschutzrechtlich bedenklich. Stel­len Sie sich einmal vor, der Versender vertippt sich bei der E-Mail-Adresse und die sensiblen Daten kommen am falschen Ende an. Mag vielleicht nach „blöd gelaufen“ klingen, ist aber ein klarer Datenschutzverstoß.

Salvatore Piciocchi
Salvatore Piciocchi

Wenn Unternehmen sich dazu ent­scheiden, HR-Dokumente per E-Mail zu verschicken, empfehle ich eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. Dabei sollten Betriebe über ihren Anbie­ter zunächst sicherstellen, dass der E-Mail-Verkehr SSL-verschlüsselt ist. Im nächsten Schritt sollten Entgeltab­rechner die Lohnabrechnung, die sie versenden, mit einem vom Mitarbeiter gewählten Passwort schützen. Was die Wenigsten wissen: Diese Dokumente müssen digital signiert werden und dürfen nicht nachträglich veränderbar sein, deswegen bietet sich das PDF an.

Übrigens müssen Mitarbeiter in den digitalen Versand einwilligen. Diese Einwilligung ist aber mit Vorsicht zu genießen. Hier handelt es sich kei­nesfalls um einen Freifahrtschein in Sachen Datenschutz, aber – und dafür ist das Dokument hilfreich – sollte es zu einem Datenverstoß kommen, kön­nen Unternehmen zumindest darle­gen, dass sie sensibel mit der Thematik umgegangen sind.

Welche sinnvollen Alternativen beim Versand der Lohndokumen­te gibt es dann zur Post und zur E-Mail?

Eine entsprechende Cloud-Lösung eines seriösen Anbieters. Ich nutze hierfür beispielsweise das Perso­nal-Portal meines Software-Anbie­ters: Agenda. Das ist SSL-verschlüsselt und ich kann mir sicher sein, dass die Lohnabrechnungen dem Mitarbeiter konform mit der Datenschutz-Grund­verordnung (DS-GVO) bereitgestellt werden.

Und wie funktioniert so eine Cloud-Lösung?

Zunächst stimmt der Mitarbeiter zu, dass er die Cloud-Lösung aktivieren möchte. Als Lohnbüro schalte ich die­sen dann im System frei – wir haben also bereits eine Einwilligung. Der Betroffene erhält eine E-Mail, mit der er seine Adresse bestätigt – hier gehen wir sicher, dass die E-Mail-Adresse stimmt. Anschließend bekommt der Mitarbeiter einen Aktivierungscode und kann sich mit einem eigenen Passwort seinen persönlichen Zugang zum Portal einrichten. Damit errei­chen wir den bestmöglichen Schutz durch Einwilligung, Bestätigung der korrekten E-Mail und ein eigenes ver­gebenes Passwort.

Angenommen, ich entscheide mich als Unternehmen für eine Cloud-Lö­sung. Worauf sollte ich bei der Wahl des Anbieters achten?

Wer sichergehen möchte, dass daten­schutzrechtlich hierzulande übli­che Standards eingehalten werden, sollte einen deutschen Anbieter wäh­len. Gleichzeitig sollten Unternehmen zusätzlich darauf achten, wo sich der Server des Dienstleisters befindet, bes­tenfalls auch in Deutschland.

Unternehmen sollten sich fragen, inwieweit die Datenschutzkompa­tibilität bei dem jeweiligen Anbieter gegeben ist. Ist dieser beispielsweise ISO-zertifiziert, dann ist das ein Indiz dafür, dass der Partner vertrauensvoll sein kann.

Auch sollten Unternehmen Wert dar­auf legen, dass, wie bereits erwähnt, die Datenübertragung verschlüsselt und der Datentransfer nachvollziehbar ist. Sprich: Sie sollten einsehen kön­nen, wann welche Daten übermittelt worden sind.

Durch die Beauftragung eines Part­ners erfolgt auch in diesem Fall eine Auftragsdatenverarbeitung gemäß Art. 28 DS-GVO. Mein Softwarepart­ner Agenda hat den Auftragsdaten­verarbeitungsvertrag direkt nach meinem Vertragsabschluss für mich bereitgestellt.

Gibt es als externer Dienstleister Besonderheiten, auf die Sie beim Datenschutz achten müssen?

Ja, auf jeden Fall – wie bereits erwähnt, muss ich natürlich auch einen Auftragsdatenverarbeitungsver­trag, einen AAV, mit meinen Mandan­ten abschließen. Sonst würde ich mich strafbar machen. Außerdem muss ich mein VVT, das sog. Verzeichnis für Verarbeitungstätigkeiten, aktuell hal­ten und stetig führen. Gleiches gilt für meine TOM – Liste – die technischen und organisatorischen Maßnahmen.

Gemäß DS-GVO muss jedes Unterneh­men, das mit besonderen Datenkate­gorien arbeitet – und das tun wir im Lohn – , einen Datenschutzbeauftragten benennen. Mein Tipp an alle, die sich hier einen externen Datenschutzbeauf­tragten leisten: Hinterfragen Sie das Angebot. Es besteht hierzulande keine Pflicht, als Datenschutzbeauftragter ausgebildet zu sein. Genau aus diesem Grund lohnt es sich, explizit danach zu fragen, um sicherzugehen, dass der vermeintliche Experte auch wirk­lich ein Experte auf diesem Gebiet ist. Schließlich ist der Datenschutzbeauf­tragte der erste Ansprechpartner, falls es Probleme gibt – auch für Behörden.

Wie lange müssen Unternehmen Daten aus der Entgeltabrechnung überhaupt speichern?

Sechs Jahre, um Arbeitsverhält­nisse und Betriebsrentenzahlungen nachzuweisen.

Um diese Daten sicher aufzubewah­ren: Worauf sollte ein Unternehmen bei der Wahl seiner Software das Augenmerk legen?

Programme, die ITSG-zertifiziert sind, sind in der Regel auch DS-GVO-kon­form und entsprechen den IT-Stan­dards des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Nur wer das als Software-Anbieter gewährleistet, kann sich überhaupt ISO-zertifizieren lassen. Folglich sind solche Merkmale aus Datenschutzsicht immer eine gute Orientierung bei der Wahl des entsprechenden Produkts.

Herr Piciocchi, vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Susanne Hoffmann.

Entgeltabrechnung
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