Digitalisierung : Warum Wissensmanagement immer wichtiger wird?
Effizientes und nachhaltiges Wissensmanagement ist nicht nur ein entscheidender wirtschaftlicher Erfolgsfaktor, sondern ebenso eine Grundvoraussetzung für eine gelungene unternehmensweite Innovationskultur.
Häufigere Mitarbeiterwechsel bringen ebenso allzu oft einen tiefgreifenden Wissensverlust mit sich. Auch durch die gestiegene Anzahl der Schadangriffe mit Ransomware, die mit (vorübergehenden) Datenverlusten einhergehen, ist die Wertschätzung für ein gezieltes Wissensmanagement gestiegen.
Dabei wird oft immer noch unterschätzt, wie viel Zeit und Geld die Suche nach den richtigen Informationen kosten – oder die Folgen, wenn auf falsche, widersprüchliche oder veraltete Aussagen zurückgegriffen wird. Erst wenn erforderliches Wissen „allen gehört“, kann man zudem von einer unternehmensweiten Innovationskultur sprechen. Ein gelungenes Wissensmanagement hat einen erheblichen Einfluss auf alle strategischen und operativen Aktivitäten.
Was genau gemeint ist
Fasst man den Begriff zunächst eng, so geht es im ersten Schritt um die systematische Suche und Erfassung von Informationen und dann im zweiten Schritt um die Verbreitung, Organisation und Nutzung des vorhandenen Wissens durch den richtigen Umgang mit dem bereitgestellten Know-how. Die dadurch vorhandene Wissensdatenbank ist aber nur eine weitere Stufe in der Wissensarbeit und des Wissenstransfers, wenn Unternehmen sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen wollen. Das betrifft das interne Wissen genauso wie alles an „externem Wissen“, also ebenso nicht direkt verknüpfte geschäftsrelevante Kunden- oder Lieferanteninformationen wie auch „zugekauftes“ Material aus dem Knowledge-Bereich.
Die notwendige Basis
Bevor man die Prozesse implementiert und anschließend zur Software-Lösung greift, braucht es eine wissensorientierte Unternehmenskultur mit einem kooperativen Spirit, sobald es um die Wissensbereitstellung und den anschließenden Transfer geht. Damit bestimmte Gruppen, aber auch Einzelne erreicht werden, sollte die Kommunikation im Sinne des Kooperationsgedankens transparent sein.
Das heißt aber nicht unbedingt, dass Wissen dafür in jedem Fall zentralisiert werden muss, viel wichtiger ist, dass es im entscheidenden Moment an der richtigen Stelle erfasst wird und da landet, wo es in jedem Fall benötigt wird – vom Mitarbeiter, dem Team, der Abteilung oder dem Gesamtunternehmen. Das bedeutet, produktiv zu kommunizieren und stets nachhaltiges Wissensmanagement zu betreiben – auch indem zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten möglich ist, ohne abgeschnitten zu sein.
Die einzelnen Prozessstufen
Gewinnung: Wenn man es so will, ist Wissen überall (im Unternehmen) vorhanden: in E-Mails, in Ticketsystemen, in Meeting-Protokollen u. v. m. Man sagt so schön: „Ein Unternehmen weiß im Grunde nicht, was es alles weiß …“ Die Digitalisierung hat nicht unbedingt dafür gesorgt, dass weniger Unterlagen entstehen, auch wenn kaum noch Papierberge zu sehen sind. Das Thema Outsourcing – vor allem im IT-Bereich – kann hier sogar zum kritischen Faktor werden.
Da man nur sammeln kann, was man sieht (und an das man herankommt), ist nicht nur der gesamte Prozess gefragt, sondern die einzelne Person, die wertvolles Wissen generiert. Das Bewusstsein dafür schafft man noch nicht, indem man Leitfäden aushändigt, die einfach nur abgelegt werden.
Bewahrung und Verwaltung: Im Zentrum steht ein wirklich verlässlicher Transfer, wofür eine nachhaltige Speicherung gegeben sein muss. Nur so lässt sich das bewahrte Wissen zu einem späteren Zeitpunkt abrufen und gezielt nutzen. Genauso sollte aber festgelegt werden, was im Sinne von Ressourcenschonung tatsächlich gelöscht werden darf und sollte.
Nutzung und Bewertung: Der produktive Einsatz von Wissen unter Betrachtung der Nutzerbedürfnisse orientiert an Menge, Zweck und Verwendung erfordert nicht nur klare Vorgaben, wie das Wissen in den bestimmten Gruppen sowie unter den einzelnen Mitarbeitern genutzt werden soll, sondern im Schritt davor eine ganz eigene Architektur. Ein effektives und effizientes Wissenssystem ist nur so gut wie seine permanente Selbstbereinigung, die sich verschiedener Indikatoren und regelmäßiger Messverfahren bedient.
Das erklärte Ziel
Es geht im Wesentlich nicht darum, zu sammeln, sondern letztlich auch darum, besser zu kommunizieren und zusammenarbeiten. Hierfür braucht es die richtigen Ansätze für die Optimierung – mit einem Denken über Unternehmensgrenzen hinaus.
Anwendungsfälle und Bereiche, je nach Businessstruktur:
- Operation und HR,
- Product Management,
- Customer Service,
- Marketing und Sales,
- Partner Management,
- weitere Möglichkeiten.
Das macht dann schon die Software?
Eine aktive Wissensmanagement-Software von heute erfordert meist einen jederzeit zentralen und rollenbasierten Zugriff auf aktuelle und qualitätssichernde Informationen. Sie stellt die Verbindung von systematischen und strukturierten Geschäftsdaten und nicht klassifizierten Dokumenten und Informationen her.
Da man bei digitalen Lösungen gern mal zu günstigen Apps greifen möchte (die vielversprechend klingen und aussehen), sollte man sich des Grads der künftigen Abhängigkeit und der wahrscheinlichen Dauer der künftigen Nutzungsmöglichkeit(en) deutlich bewusst sein. Denn keiner kann vorausahnen, wie sich Produkte von Senkrechtstarter-Start-ups entwickeln, ob es sie noch länger geben wird oder wer sie ohnehin aufkauft. Viel wichtiger ist es an diesem Punkt, sich darüber Gedanken zu machen, welche Systeme bereits bestehen, wie die entscheidenden Schnittstellen angebunden werden können und welche verschiedenen Funktionalitäten und unterschiedlichen Plattformen man tatsächlich benötigt. Nicht alles, was schick klingt, ist auch wirklich nützlich und vor allem – was genauso wichtig ist – nachhaltig.
Einfach nur Instant-Knowledge?
Natürlich wünschen sich von modernem Wissensmanagement alle, dass es durch die gelungene Vernetzung und zunehmende Digitalisierung nun möglich ist, das Wissen einfach und kostengünstig zu speichern und zu teilen, sodass die gebrauchten Informationen leichter verfügbar sind und man dafür niemandem mehr hinterherrennen oder sich umständlich auf die Suche machen muss.
Dabei sollte die Technik über mehr verfügen als das übliche Suchmaschinenverhalten mit endlosen Trefferlisten (die es dann wieder zu durchforsten gilt), sondern vielmehr den Aspekt von bedarfsgerechtem „Knowledge Discovery“ erfüllen durch Filter und eine intelligente Einengung der Ergebnisse. Unbedingt einhergehen damit sollte zusätzlich die praktische Integration in den Arbeitsalltag, was folgende Voraussetzungen erforderlich macht:
- Nutzung bereits vorhandener Standards,
- einfache und intuitive Handhabung der Oberfläche (orientiert an Microsoft-Office-Skills und -Formate),
- gezielte und effiziente Suchmöglichkeiten,
- Verfügbarkeit der Inhalte über mehrere Kanäle bei gleichmäßigen Standards der Dokumentenart (bis hin zur Anbindung gängiger Videokonferenzmöglichkeiten),
- verständliche und effektive Hilfebereiche,
- kurze Schulungszeiten (mit regelmäßiger Auffrischung).
Vom erweiterten Unternehmens-Wiki zur Interaktion
Was passiert mit den Wiki-ähnlichen Wissensportalen und den Infos auf der Website, wenn diese bisher „Single Point of Truth“ waren? Natürlich werden bislang gepflegte Wissensquellen entsprechend integriert und müssen genauso aktualisiert werden wie bisher. Hier empfehlen sich intuitive Editoren mit intelligenten Freigabeprozessen, die einen flexiblen redaktionellen Zugang ermöglichen und nach der Bearbeitung der bestehenden Wissensbausteine die Versionsverwaltung mit Vergleichsfunktionen nicht vernachlässigen. Die Zukunft sind Media-Server mit der Möglichkeit, große Datenmengen einfach zu streamen, angefangen von PDFs über Bilder und Videos zu mehr. An Bedeutung gewinnen auch die geführten Dialoge, die den mehrwertbringenden Austausch fördern, inklusive eines cleveren Taggings und Sharing-Funktionen beim Clipping. Das bedeutet aber auch, dass Ticketsysteme nicht dazu beitragen, einen unübersichtlichen Wust an Daten und Prozessinformationen zu generieren.
Integriert werden in das stets aktuelle und sich erneuernde Wissensmanagement müssen ebenso:
- Rundschreiben, Newsletter und Fachbeiträge,
- Produkthandbücher, Anleitungen und Problemlösungsleitfäden,
- Verfahrensvorschriften und Richtlinien der Compliance,
- Wissen aus Sitzungen, Tagungen, Konferenzen und sonstigen Events,
- in Online-Share-Points, in Video-Konferenzen oder anderen Daten-Management-Systemen entstandene relevante Informationen.
Rollout der Rollenspiele?
Wichtig ist auch die Unterscheidung der Funktionen und Rollen: Wer ist Wissenshüter und Wissensträger? Wie identifiziert man Wissensträger? Wie werden die internen Experten genau zusammengebracht? Nicht immer soll und darf jeder alles wissen, weswegen es die Möglichkeit geben muss, die Sichtbarkeit gewisser Inhalte einzuschränken mittels der Berechtigungsverwaltung auf Benutzer- und Gruppenebene. Zusätzlich gibt es auch Zugänge, welche bei den Teilbereichen des Wissensmanagements eine Aufteilung nach Wissensmanagerinnen und Wissensanwenderinnen vornehmen. Die Rollenverteilung muss dabei unbedingt mit den jeweiligen Aufgaben von Wissensmanagement korrelieren. Die unterschiedlichen Rollen werden dabei oft und weiterhin sehr klassisch definiert mit Bezeichnungen wie Content Manager oder Knowledge Author oder Knowledge Broker. Teils finden sich auch schicke selbstkreierte Fantasie-Namen, die niemandem etwas sagen, was die Zuordnung der Prozesse und Informationen nicht einfacher macht.
Das Wichtigste ist, dass jedes Unternehmen und jede Organisation das Modell und die Lösungskomponenten findet, die jeweils zu ihnen passen. Ob man nun noch viel mehr Funktionen braucht wie ein integriertes E-Learning oder ob eine Mehrsprachigkeit gegeben sein muss, hängt natürlich von der Größe, den Anforderungen und von den Budgets ab. Letztlich kommt es darauf an, dass das Knowledge-Management funktioniert, auf Dauer wirklich etwas bringt und sich nicht nur als zusätzliches Instrument durch sein Vorhandensein rechtfertigt.
Noch viel mehr Funktionen?
E-Learning
Durch das integrierte E-Learning werden neue Mitarbeiter schnell und ein fachgeschult und können gezielt über neue Inhalte informiert werden.
Es bietet aber auch die Möglichkeit, Expertise zum Thema auf anderen Wegen einzuholen – zum Beispiel durch die Initiierung eines Onlineforums im Intranet, wo Kollegen, die zwar nicht extra dafür eingesetzt sind, sich aber privat Wissen angeeignet haben, Informationen dazu teilen.
Mehrsprachigkeit
Wissen einfach und übersichtlich in allen benötigen Sprachen zur Verfügung stellen: Durch länderspezifische Marktfreigabe-Workflows können Inhalte so einheitlich wie möglich und so individuell wie nötig erstellt werden.
Dr. Silvija Franjic, Onlineredakteurin + Recruiting-Spezialistin