HR- und Payroll-Apps : Mitbestimmung in der betrieblichen Altersversorgung
Software-basierte Anwendungen (Applikationen, kurz: Apps) entstehen mit atemberaubender Geschwindigkeit. Sie sollen uns das Leben erleichtern (Flüge und Hotels buchen, Theatertickets kaufen, Nachrichten lesen usw.). Nun entstehen solche Anwendungen zunehmend für den Bereich des Personalmanagements. Welche Chancen und Risiken bestehen für den Arbeitgeber als Nutzer?
Personaladministration im Zeitalter des New Work
Die Globalisierung führt zu erhöhten Flexibilitäts- und Mobilitätsanforderungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die EU hat sich intensiv dem Abbau von Mobilitätshindernissen verschrieben, wenn etwa Mitarbeiter mit Grenzberührung den Arbeitgeber wechseln (EU-Mobilitäts-Richtlinie). Welches sind nun die Herausforderungen für die Personaladministration? Steht dieser Bereich aufgrund der schon sehr weit entwickelten Digitalisierung besonders im Fokus?
Globale Trends in HR Business Services

Geschäftsprozesse und HR 4.0
Der Arbeitgeber ist zunehmend in der Lage, die Arbeitnehmer innerhalb der betrieblichen Sphäre umfassend zu kontrollieren (Videoüberwachung, Dokumentenmanagementsysteme, Biometrie, Wearables etc.). Eine Erweiterung der Überwachung ist im Zuge von Industrie 4.0 zu erwarten, wenn in der Smart Factory durch die Interaktion der Arbeitnehmer mit Cyberphysischen Systemen und den zunehmenden Einsatz von Assistenzsystemen (‚Fabrik-Navi‘) zur Steuerung von Geschäftsprozessen automatisch eine immer größere Menge an personenbezogenen Daten anfällt. Gleichzeitig kann das Kommunikationsverhalten von Arbeitnehmern (E-Mail, Internet) erfasst und ausgewertet werden, wenn nur die Arbeitnehmer für ihre Kommunikation die vorhandene betriebliche ITK-Infrastruktur nutzen. Das gilt ebenso für Ortungssysteme (Location Based Services) etwa beim Fuhrparkmanagement oder dem Tracking von Bestell- und Lieferprozessen etwa bei KEP-Diensten (Kurier-, Express- und Paketdienste).
Digitale Personalakte
Im Zentrum dessen steht die Einführung und weitere Entwicklung digitaler Personalakten. Arbeitsverträge und Zeugnisse, Abmahnungen und Kündigungen, Personal- und Fragebogen stehen dabei genauso im Fokus wie das Anfordern fehlender Unterlagen, die gesetzlich vorgeschriebenen Formalitäten bei Auslandseinsätzen oder das Abrechnen von Dienstreisen.
Aufbewahrungs- und Nachweispflichten erfüllen
Unternehmen kommunizieren zunehmend elektronisch. Und so erreichen eben auch Personalunterlagen durch Online-Bewerbungen den Empfänger im elektronischen Format. Wer sich dem entzieht und weiterhin auf papierbezogene Bewerbungen besteht, verliert den Anschluss. Die Zunahme von Online-Bewerbungen gehört immer mehr zur Normalität. Zur Sicherstellung der Unveränderbarkeit muss der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße, nachvollziehbare und elektronische Aufbewahrung vornehmen. Hier wird der Einsatz von ECM/DCM mit elektronischer Archivierung der erhaltenen Dokumente notwendig.
Beschäftigtendatenschutz gewährleisten
Die Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen hat seit Einführung der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) und dem neuen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) im Mai 2018 an Bedeutung gewonnen, denn es drohen bei Regelverstößen besonders hohe Bußgeldzahlungen von bis zu 4 Prozent des konsolidierten Weltumsatzes. Erste europaweite Bußgeldverfahren belegen dies. Wenn auch die gesetzlichen Regelungen für den Beschäftigtendatenschutz immer stringenter werden, so geben die Menschen derzeit ihre persönlichen Daten freiwillig an Online-Betreiber (Apple, Google etc.) weiter. Das gilt zunehmend auch für so sensible Daten wie Finanzen und Gesundheit. Wie können Unternehmen sich gegen mögliche Risiken absichern? Und wie werden Unternehmen künftig agieren? Das sind derzeit offene Fragen, die künftig sehr stark in den Vordergrund dringen werden, nämlich dann, wenn die Bereitschaft bei künftigen Generationen vorhersehbar abnehmen wird, persönliche Daten nonchalant wie oben beschrieben zu liefern.
Elektronisch unterstützte Betriebsprüfung
Eine beständig wachsende Zahl von Arbeitgebern nutzt bereits die Möglichkeit einer elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP). Das Verfahren wird als stabil bewertet. Dies wird zumeist von kleineren und mittleren Betrieben in Anspruch genommen. Für große Arbeitgeber scheint es derzeit noch zu aufwendig, da zu große Datenmengen versendet werden müssen. Hinzu kommt, dass eine Prüfung dennoch, zumindest teilweise, vor Ort erfolgen muss. Eine Reihe von Softwareherstellern unterbreitet seinen Kunden nach wie vor kein entsprechendes Angebot, da die Programmierung als sehr kostenintensiv angesehen wird. Dennoch scheint die Zahl der Nachfragen zu steigen, meist dann, wenn eine Prüfung unmittelbar bevorsteht.
Entsendungen digital steuern
Entsenden Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer vorübergehend ins Ausland, gilt die A1-Bescheinigung im EU-Ausland und anderen Abkommensstaaten als Nachweis darüber, dass für den Arbeitnehmer in Deutschland ein Sozialversicherungsschutz besteht. Die Bindungswirkung solcher A1-Bescheinigungen wurde vom Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 06.02.2018 — C-359/16 zur (hohen) Bindungswirkung ausgestellter Sozialversicherungsbescheinigungen bei EU-Mitgliedstaaten) bestätigt. Der Arbeitnehmer muss sich dann nicht bei der Sozialversicherung des ausländischen Staates anmelden. Das gilt analog auch für „Crowd- oder Clickworker“, wenngleich diese die A1-Bescheinigung selbst beantragen müssen. Die A1-Bescheinigungen müssen nach einer letzten Schonzeit seit 01.07.2019 von den Arbeitgebern elektronisch angefordert und ebenso von den zuständigen Stellen (Krankenkassen, Rentenversicherung oder berufsständischen Versorgungseinrichtungen) versandt werden.
Globale Personaladministration
Die Personaladministration muss den mühevollen Weg beschreiten und sich von papierbezogener Verarbeitung hin zu digitalen Prozessen entwickeln. Auf diesem Weg darf die Stärkung des Beschäftigten-Datenschutzes (EU-Datenschutz-Grundverordnung) nicht außer Acht gelassen werden. Arbeitgeber werden künftig in der Lage sein müssen, bei personellen Veränderungen die personenbezogenen Daten auf Wunsch der Arbeitnehmer automatisch vom ehemaligen Arbeitgeber auf den neuen Arbeitgeber mit einem Maus-Klick zu portieren. Dies würde heute für einiges Kopfzerbrechen sorgen.
Mobile Datenzugriffe
Das Mitarbeiterportal bietet einen einfachen Service für Mitarbeiter und spart Zeit. Damit entfallen manuelle Erfassungen auf Papier. Der Datenaustausch mit Mitarbeitern erfolgt über einen Browser oder eine App, was Mehrfacheingaben von Daten erspart.

Stattdessen erfassen die Mitarbeiter ihre Daten selbst und die Vorgesetzten erteilen die erforderlichen Genehmigungen. Das Portal sorgt nicht nur für die Übertragung der Daten in die Lohnbuchhaltung, sondern auch für die Zurverfügungstellung der Lohnabrechnungen im Portal. Dokumente und Unterlagen lassen sich bequem und einfach hochladen und können für ausgewählte Gruppen im Unternehmen freigegeben werden. In der Folge können Mitteilungen an Intranetgruppen oder aber an alle Mitarbeiter im Unternehmen gesendet werden.
Mobile Zeiterfassung
Schon im Zusammenhang mit den gesetzlichen Aufzeichnungspflichten der Arbeitszeit wurde mit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns bereits im Jahr 2015 eine Zeiterfassungs-App vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erstellt und auf dessen Portal zum kostenlosen Download angeboten. Zur Erfassung und Übermittlung von Arbeitszeiten kann die kostenlose BMAS-App „einfach erfasst“ heruntergeladen und auf dem Smartphone oder iPhone verwendet werden. Die Zeiterfassungs-App funktioniert ganz einfach: Die Arbeitnehmer laden die App auf das Smartphone. Die Erfassung der Arbeitszeit erfolgt durch Drücken eines Start/Stopp-Knopfes unter Nutzung der Systemzeit des Telefons. Die Pausenzeiten können durch Betätigung des Pausen-Knopfes manuell erfasst werden. Geschieht dies bis zum Ende des Arbeitstages nicht, kann die gesetzlich vorgeschriebene Pausenzeit automatisch abgezogen werden. Am Ende des Arbeitstages erfolgt die Addition der Zeiten zu einer Gesamtdauer. Die Speicherung der erfassten Daten erfolgt lokal in der App. Eine Übermittlung der erfassten Arbeitszeiten erfolgt unverschlüsselt an eine von der Arbeitnehmerin/vom Arbeitnehmer eingetragene E-Mail-Adresse des Arbeitgebers, bei der die Daten zusammenlaufen. Über gesetzte Sortierregeln im E-Mail-Programm kann der Arbeitgeber eine einfache und schnelle Ablage der E-Mails für seine Beschäftigten organisieren. Bei Bedarf kann auf diesem Wege von der Kontrollbehörde ohne weitere technische Ausrüstung diese Ablage eingesehen werden.
Mobile Mitarbeiterstammdaten
Wir wissen aus zahlreichen Benchmarkingvergleichen im Bereich Payroll, dass die Erfassung und Pflege der Mitarbeiterstammdaten eine der aufwändigsten Arbeiten darstellt. Die App Lohn/Gehalt kann auf Basis von Microsoft Dynamics NAV für die Lohnzahlungen im Unternehmen genutzt werden. Die dort bereits erfassten Stammdaten können in die Lohnbuchhaltung übertragen werden. Das können zum Beispiel Name, Adresse und Sozialversicherungsnummer sein. Des Weiteren kann beispielsweise die Erfassung von Arbeitsstunden und Dienstreisen voll in die Lohnbuchhaltung integriert werden.
Alles appy – oder was? Apps in HR und Payroll!

Mobile Reisekostenabrechnung
Die Berechnung von Mehrverpflegungsaufwendungen, Übernachtungspauschalen sowie deren steuerliche Bewertung gehören zu den umfangreichsten Aufgaben im Zusammenhang mit Dienstreisen (steuerlich: Auswärtstätigkeiten) von Arbeitnehmern. Mitarbeiter im Lohnbüro und Kreditorenbuchhalter können hiervon ein Lied singen. In der mobilen Welt erfassen Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten über ihr Smartphone. Alle Vergütungen und Erstattungen für Reisen und Auswärtstätigkeiten werden automatisch berechnet. Dabei werden alle betrieblichen Regelungen berücksichtigt. Die in diesem Zusammenhang notwendigen Arbeiten können automatisiert werden, denn die Zeitstempel der Mitarbeiter in ihrer App genügen, um alle Vergütungen und Erstattungen automatisch zu berechnen. Die Mitarbeiter erfassen nur Dienstreise- und Arbeitsbeginn bzw. Arbeits- und Dienstreiseende, den Rest erledigt die Software. Bei der automatischen Berechnung werden alle Regeln berücksichtigt, die im Unternehmen gelten und in der Reisekostenrichtlinie (Travel Policy) oder Betriebsvereinbarung festgeschrieben sind. Mitarbeiter können Auslagen (z. B. privat verauslagte Hotelkosten, Flugtickets oder Fahrscheine im öffentlichen Personennahverkehr (Bus, Bahn, Tram etc.), Parkgebühren, Bewirtungen, Materialien) über ihr Smartphone erfassen. Wenn im Hotel gefrühstückt wurde, muss die steuerfreie Tagespauschale gekürzt werden. Bei Auslandsreisen werden automatisch die gesetzlichen oder betrieblichen Regelungen angewendet. Das besuchte Zielland und die geltenden Regeln (Rollen, Entfernungszonen, Fahrten in Fahrgemeinschaften, Organisationseinheiten etc.) werden automatisch erkannt. Die relevanten Beträge werden in der Reisekostenabrechnung des Mitarbeiters ausgewiesen und ausgezahlt. Alle Reisekostenabrechnungen können exportiert werden, beispielsweise an DATEV LODAS oder SAP HCM. Selbstverständlich können die Reisekosten zu den Kostenträgern (Aufträgen, Projekten etc.) verbucht werden.
Prozesse im Wandel
Der Übergang vom Papier zum elektronischen Dokument schreitet schnell voran. Die elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen resultiert vor allem in Zeit- und Kostenvorteilen. Einsatzfelder für Digitalisierungsmöglichkeiten im Personalmanagement sind Personalauswahl, Personalentwicklung, betriebliches Gesundheitsmanagement, Zeitmanagement sowie die Personaleinsatzsteuerung (Enterprise-Ressource Planning, ERP). Und in dieser Situation erscheint es attraktiv, mobile Anwendungen zu nutzen. Nachholbedarf besteht in vielen Unternehmen und insbesondere bei zunehmender Teilzeitarbeit und wachsenden Flexibilitätserfordernissen (z. B. durch Programme wie „Beruf und Familie“).
