Beitrags- und Meldeverfahren : Der Entwurf des Achten SGB IV-Änderungsgesetzes liegt vor
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 24.06.2022 den Referentenentwurf für ein weiteres SGB IV-Änderungsgesetz vorgelegt. Geplant sind umfangreiche Änderungen, die auch die Entgeltabrechnung betreffen. Das Gesetzgebungsverfahren läuft noch. Wir informieren über die möglichen Änderungen.
Kurz bevor das politische Berlin in die Sommerpause ging, hat das BMAS den langen erwarteten Entwurf eines weiteren SGB IV-Änderungsgesetzes veröffentlicht. Die Interessenverbände hatten Gelegenheit, zu den einzelnen Vorhaben kurzfristig Stellung zu beziehen. Nun werden die Stellungnahmen ausgewertet. Die anderen Bundesministerien können ebenfalls weiteren Änderungs-/Ergänzungsbedarf anmelden. Nach Abschluss dieses Verfahrens erwarten wir den Kabinettsentwurf zum Herbstanfang. Anschließend befassen sich Bundestag und Bundesrat mit dem Gesetzesentwurf. Auch hier können sich „auf den letzten Metern“ noch Änderungen und Ergänzungen ergeben.
Auch wenn einige Vorhaben des Siebten SGB IV-Änderungsgesetzes vom 12.06.2020, wie die elektronische Einrichtung eines Arbeitgeberkontos bei den Krankenkassen, noch umgesetzt werden müssen, setzt das BMAS seine Bemühungen fort, die Digitalisierung auch im Beitrags- und Meldeverfahren einen entscheidenden Schritt weiter voranzutreiben. Eines ist klar, die
digitale Transformation macht auch vor der Entgeltabrechnung nicht halt. Arbeitgeber bzw. Steuerberater und die Träger der Sozialversicherung kommunizieren oftmals wie in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts via Fax oder Post miteinander. Der vorliegende Entwurf lässt deutlich erkennen, dass der Gesetzgeber hier langfristig eine Änderung herbeiführen möchte, weg von dem Schriftformerfordernis.
Sozialversicherungsausweis
Der papiergebundene Sozialversicherungsausweis hat schon lange ausgedient und soll nun auch im SGB IV endgültig abgeschafft werden. Auch die Vorlage dieser Ausweise, die bereits früher ausgestellt wurden, entfällt. Künftig sollen die Sozialversicherungsnummern durch die Arbeitgeber elektronisch bei der Deutschen Rentenversicherung abgerufen werden, soweit die Versicherungsnummer nicht bereits bekannt ist. Die Arbeitnehmer sollen nur noch einen Versicherungsnummernnachweis erhalten. Eine Pflicht des Arbeitnehmers, diesen Nachweis dem Arbeitgeber vorzulegen, ist aufgrund des vorgesehenen elektronischen Abfrageverfahrens im Gesetzesentwurf nicht enthalten.
Werkstudenten-Regelung
Studierende, die neben ihrem Studium eine Beschäftigung ausüben und bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen nur rentenversicherungspflichtig sind, müssen dem Arbeitgeber entsprechende Nachweise über das Studium vorlegen, damit dieser prüfen kann, ob das Werkstudenten-Privileg anzuwenden ist. Künftig soll diese umfangreiche Auskunftspflicht auf die Krankenkassen verschoben werden. In der Regel sind die Krankenkassen über das elektronische Studenten-Meldeverfahren zwischen Hochschulen und Krankenkassen darüber informiert, ob ihre Versicherten (ggf. nur nebenbei) an einer Hochschule ein Studium absolvieren.
Neben Beginn und Ende des Studiums sowie Tag der Einschreibung sollen die Krankenkassen im Abrufverfahren auch die jeweilige Semesterbescheinigung an die Arbeitgeber übermitteln. Solche Semesterbescheinigungen liegen den Krankenkassen aber grundsätzlich nicht vor, was dafürspricht, zumindest diesen Aspekt aus dem Gesetzesentwurf zu streichen. Sollte das Verfahren (bestenfalls ohne Übermittlung der Semesterbescheinigungen) an den Start gehen, wäre der Mehrwert für die Arbeitgeber allerdings überschaubar.
Weitere Meldepflicht für Arbeitgeber
Arbeitnehmer, die eine Elternzeit in Anspruch nehmen, verabreden diese mit ihren Arbeitgebern. Im Rahmen der Entgeltabrechnung wird die Elternzeit auch erfasst, so dass die herkömmliche Entgeltzahlung für die Dauer der Elternzeit eingestellt wird. Die Krankenkassen wiederum benötigen die Information über Beginn und Ende der Elternzeit zur Prüfung des Krankenversicherungsschutzes während der Elternzeit. Aufgrund dessen sollen die Arbeitgeber zukünftig dazu verpflichtet werden, bei krankenversicherungspflichtig Beschäftigten diese Daten an die Krankenkassen zu übermitteln, wenn die Beschäftigung länger als einen Monat durch die Elternzeit unterbrochen wird.
Bei gesetzlich freiwillig Krankenversicherten, z. B. bei denjenigen, die die Versicherungspflicht-Grenze überschreiten, sind diese Informationen für die Krankenkassen auch dann entscheidend,
wenn die Elternzeit weniger als einen Monat andauert. Insofern und aufgrund der Tatsache, dass die Voraussetzungen „krankenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer“ und „Mindestdauer der Elternzeit von einem Monat“ vor Abgabe der neuen Meldung geprüft werden müssten, wäre es gegebenenfalls sinnvoll, diese Voraussetzungen aus dem Gesetzesentwurf zu streichen und generell die Inanspruchnahme von Elternzeit zu melden.
Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Krankenkassen
Insbesondere bei der Bewerbung um öffentliche Aufträge ist die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung verpflichtend. Die Arbeitgeber fordern diese massenhaft bei den Krankenkassen bzw. bei der Minijob-Zentrale an. Dies geschieht auf den unterschiedlichsten Kommunikationswegen. Die Krankenkassen bzw. die Minijob-Zentrale stellen nach Prüfung des Beitragskontos und des Meldebestands eine entsprechende Bescheinigung aus. Dieses bislang analoge Verfahren soll künftig in ein elektronisches Antrags- und Bescheinigungsverfahren überführt werden.
Versicherungsrechtliche Beurteilung durch die Krankenkasse
Grundsätzlich beurteilt der Arbeitgeber, ob Versicherungspflicht in den einzelnen Sozialversicherungszweigen vorliegt. Im Zweifelsfall kann eine Entscheidung der Krankenkasse
beantragt werden. Dieses Verfahren soll vor Beanstandungen durch die Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung schützen. Auch wenn diese versicherungsrechtlichen Beurteilungen durch die Krankenkassen nichts Neues sind, soll ergänzend klargestellt werden, dass diese Entscheidungen durch einen papierhaften bzw. elektronischen Bescheid zu fällen sind.
Abgeltung von Zeitguthaben nach Beschäftigungsende
Bei Arbeitszeitguthaben, die nach Beendigung bzw. Unterbrechung der Beschäftigung mittels Entgeltzahlung abgegolten werden, war es nicht immer eindeutig, ob es sich um beitragspflichtige Einmalzahlungen handelt. Im Gesetzesentwurf ist nun eine Klarstellung enthalten. Danach sind derartige Zahlungen auch dann dem letzten Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, wenn dieser nicht im Kalenderjahr der Auszahlung liegt. Im Ergebnis werden dann stets Beiträge fällig, auch wenn die letzte Entgeltabrechnung schon länger zurückliegt.
Marcel Müller, Sozialversicherungsfachwirt, Referent für Mitgliedschafts- und Beitragsrecht bei einem Krankenkassenverband, Berlin