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Außerordentliche Einkünfte : Wann die „Fünftelregelung“ zur Anwendung kommt

Immer wieder kommt es vor, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigt. Der Arbeitnehmer erhält für den künftigen Verdienstausfall eine Abfindung. Die Abfindung ist wie ein Jahresgehalt voll zu versteuern. Es gibt allerdings eine Ausnahme.

Lesezeit 2 Min.

Bei außerordentlichen Einkünften ist zu prüfen, ob die Tarifvergünstigung der sogenannten „Fünftelregelung“ (§ 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz [EStG]) anzuwenden ist.

Außerordentliche Einkünfte sind beispielsweise

  • bestimmte Entschädigungen, hierzu zählen Zahlungen:
  • als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen und
  • für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit.

Auch Abfindungen, die eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer wegen des Verlusts ihres bzw. Seines Arbeitsplatzes erhält, fallen unter diese außerordentlichen Einkünfte.

Eine steuerbegünstigte Entschädigung ist nur möglich, wenn an die Stelle der bisher geschuldeten Leistung eine andere tritt. Diese andere Leistung muss auf einem anderen, eigenständigen Rechtsgrund beruhen. Ein solcher Rechtsgrund wird regelmäßig Bestandteil der Auflösungsvereinbarung sein.

Zusammenballung von Einkünften muss gegeben sein

Die Anwendung der Vergünstigungsregelung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass es zu einer Zusammenballung von Einkünften gekommen ist und damit die Besteuerung abgemildert werden muss. Von einer Zusammenballung von Einkünften ist auszugehen, wenn die Jahreseinnahmen im Jahr der Abfindungszahlung die Einnahmen übersteigen, die der Steuerpflichtige bei Fortführung seines Arbeitsverhältnisses im Normalfall erhalten hätte.

Mit Urteil vom 02.12.2021 (Az.: VI R 23/19) hat der BFH entschieden, dass nachgezahlte Überstundenvergütungen, die für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden, mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind.

Fünftelregelung“
Fünftelregelung“

Mit steigendem Einkommen erhöht sich die Einkommensteuer progressiv. Werden Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit nicht laufend, sondern in einer Summe ausgezahlt, führt der Progressionseffekt zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Steuer(mehr)belastung.

Um die progressive Wirkung des Einkommensteuertarifs bei dem zusammengeballten Zufluss von Lohnnachzahlungen zu mildern, sieht das Gesetz die Besteuerung dieser Nachzahlungen mit einem ermäßigten Steuersatz vor. Voraussetzung ist allerdings, dass die Nachzahlung sich auf die Vergütung für eine Tätigkeit bezieht, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.

Im Streitfall hatte der Kläger über einen Zeitraum von drei Jahren in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Erst im vierten Jahr wurden dem Kläger die Überstunden in einer Summe vergütet. Das Finanzamt unterwarf die Überstundenvergütung dem normalen Einkommensteuertarif.

Der BFH – wie zuvor auch das Finanzgericht – folgten indes dem Antrag des Klägers und wendeten auf den Nachzahlungsbetrag den ermäßigten Steuertarif an.

Fünftelregelung 2
Fünftelregelung 2

Der BFH hat klargestellt, dass die Tarifermäßigung nicht nur auf die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch auf Nachzahlungen von variablen Lohnbestandteilen – hier in Form der Überstundenvergütungen – Anwendung findet. Hier wie dort ist allein entscheidend, ob die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet worden ist.

Ulrich Frank, Sozialversicherungsfachwirt und Wirtschaftsjournalist

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