Banner Online Kompaktkurse für fundiertes Wissen zu neuesten Gesesetzesänderungen und Abrechnungskriterien
Abo

Aus der FALG-Gruppe : Zeit ist etwas, was wir meistens nicht haben

Im Oktober werden in der Facebook-Gruppe „Fachassistent/in Lohn und Gehalt“ wieder die Fragen überhandnehmen und die Aufregung wird steigen, denn der Mindestlohn wird erhöht und im Zuge dessen treten die neuen Regelungen für Mini- und Midijobs in Kraft.

Lesezeit 3 Min.

Wie immer, wenn wir solche gravierenden Neuerungen in der Entgeltabrech­nung umsetzen müssen, beginnen wir mit der Frage, wie wir dies un­seren Mandanten vermitteln. Der nächste Schritt ist die Frage, wie wir an die zu verarbeitenden Informatio­nen kommen. Meine Vorgehensweise beinhaltet dann den Entwurf eines Infobriefs, den ich der Gruppe zur Dis­kussion stelle. Gemeinsam erarbeiten wir eventuelle Änderungen und das Ergebnis können anschließend alle Gruppenmitglieder nutzen.

Neben der Ausarbei­tung eines entspre­chenden Infobriefs wurde diesmal in der Gruppe auch die Mög­lichkeit diskutiert, ein Musterschreiben zur Abfrage der einzelnen benötigten Informatio­nen von den betroffenen Arbeitgebern und Arbeit­nehmern zu entwerfen. In Teamarbeit haben wir daher folgende Fragen zusammen­getragen:

Arbeitgeber

Vom Arbeitgeber wird die Angabe benötigt, wie viele Stunden pro Monat die ArbeitnehmerInnen mit einem Entgelt bis 520 Euro im Unter­nehmen ab 01.10.2022 tätig sein wer­den und wie sich das monatliche Gehalt verändern wird bzw. ob es un­verändert bleibt.

Arbeitnehmer

Bei den ArbeitnehmerInnen sind die benötigten Angaben etwas umfang­reicher. So müssen wir erfahren, ob laut Krankenkasse die Voraussetzun­gen für eine Familienversicherung erfüllt sind und welche familienversi­chernde Krankenkasse gegebenenfalls ab 01.10.2022 zuständig sein wird. Vor­teilhaft ist natürlich für unsere Doku­mentation, wenn eine entsprechende Krankenkassenbescheinigung überge­ben wird.

Wenn keine Familienversicherung greift, müssen wir abfragen, ob die ArbeitnehmerInnen von der Bestands­schutzregelung Gebrauch machen und ob sie für die Kranken- und Pflege­versicherungspflicht sowie für die Arbeitslosenver­sicherungspflicht eine Befreiung beantragen. Außerdem ist es notwen­dig, dass noch einmal auf die Möglichkeit der Be­freiung von der Renten­versicherungspflicht bei Minijobs hingewiesen und das entsprechende Formu­lar bereitgehalten wird.

Gerade im Zuge der ge­setzlichen Änderungen ab 01.10.2022 macht es auch Sinn, eventuelle Mehrfachbeschäf­tigungen abzufragen, um beim Zusammenrechnen der Ent­gelte nach der Mindestlohner­höhung die Minijobgrenze von 520 Euro pro Monat im Auge zu behalten.

Diese kleine Zusammenstellung zeigt, welch umfangreiche Arbeiten eine an sich gute Entscheidung – nämlich die Einführung einer dynamischen Ge­ringfügigkeitsgrenze abhängig vom Mindestlohn – in der Entgeltabrech­nung nach sich zieht. Wir müssen zeit­nah die benötigten Informationen anfordern und erhalten, Beitragsgrup­penschlüssel und ggf. Personen­gruppenschlüssel ändern, Daten zur Familienversicherung erfassen und natürlich viele Fragen beantworten. Aber zuvor ist ein Einlesen in die The­matik sowie die Teilnahme an Semi­naren unerlässlich.

Das alles erfordert Zeit – und Zeit ist etwas, was wir meistens nicht haben.

Wir hoffen alle, dass die jeweiligen Krankenkassen ihre Mitglieder schon vorab informieren, damit das Zusam­mentragen der Informationen unse­ren zeitlichen Rahmen nicht sprengt.

Als nun auch noch das neue Entlas­tungspaket bekannt wurde, kam er­neut Unruhe in der Gruppe auf. Die bereits seit über zwei Jahren vorlie­gende Überbelastung in der Branche wird mit jeder Neuerung, jedem Hilfs­paket, jeder rückwirkenden Änderung immer stärker und deutlicher. Lei­der führt dies bereits dazu, dass gutes Fachpersonal die Konsequenzen zieht und der Entgeltabrechnung den Rü­cken kehrt. Die ohnehin schon ange­spannte Situation, die Mehrbelastung und der Stress werden potenziert und eine Entspannung rückt immer weiter in die Ferne.

Gerade EntgeltabrecherInnen, die ihren Beruf lieben und in den Jahren ihrer Tätigkeit eine Fülle an Wissen gesammelt haben, müssen dringend in der Branche gehalten werden. Wenn dieses Wissen „verloren“ geht, ist das in meinen Augen eine Katastrophe, denn Nachwuchs ist kaum zu finden, und wie schon in der letzten Ausgabe der LOHN+GEHALT betont, gibt es leider bis heute keinen entspre­chenden Ausbildungsberuf.

Also hoffen wir gemeinsam, dass sich die Situation endlich entspannt, dass wir zum Alltag übergehen können, dass der Stress weniger wird und – ganz wichtig! – dass wir Nach­wuchs in die Branche locken können. Dazu braucht es neben einer guten Ausbildung und einem entspre­chenden Gehalt auch etwas Essenziel­les: Anerkennung für und Respekt vor unserer Arbeit.

Ich kann es nicht oft genug sagen und schreiben.

Annette Bastigkeit, Fachassistentin Lohn und Gehalt

Zeit ist etwas
Zeit ist etwas

Diesen Beitrag teilen: