Aus der FALG-Gruppe : Zeit ist etwas, was wir meistens nicht haben
Im Oktober werden in der Facebook-Gruppe „Fachassistent/in Lohn und Gehalt“ wieder die Fragen überhandnehmen und die Aufregung wird steigen, denn der Mindestlohn wird erhöht und im Zuge dessen treten die neuen Regelungen für Mini- und Midijobs in Kraft.
Wie immer, wenn wir solche gravierenden Neuerungen in der Entgeltabrechnung umsetzen müssen, beginnen wir mit der Frage, wie wir dies unseren Mandanten vermitteln. Der nächste Schritt ist die Frage, wie wir an die zu verarbeitenden Informationen kommen. Meine Vorgehensweise beinhaltet dann den Entwurf eines Infobriefs, den ich der Gruppe zur Diskussion stelle. Gemeinsam erarbeiten wir eventuelle Änderungen und das Ergebnis können anschließend alle Gruppenmitglieder nutzen.
Neben der Ausarbeitung eines entsprechenden Infobriefs wurde diesmal in der Gruppe auch die Möglichkeit diskutiert, ein Musterschreiben zur Abfrage der einzelnen benötigten Informationen von den betroffenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu entwerfen. In Teamarbeit haben wir daher folgende Fragen zusammengetragen:
Arbeitgeber
Vom Arbeitgeber wird die Angabe benötigt, wie viele Stunden pro Monat die ArbeitnehmerInnen mit einem Entgelt bis 520 Euro im Unternehmen ab 01.10.2022 tätig sein werden und wie sich das monatliche Gehalt verändern wird bzw. ob es unverändert bleibt.
Arbeitnehmer
Bei den ArbeitnehmerInnen sind die benötigten Angaben etwas umfangreicher. So müssen wir erfahren, ob laut Krankenkasse die Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt sind und welche familienversichernde Krankenkasse gegebenenfalls ab 01.10.2022 zuständig sein wird. Vorteilhaft ist natürlich für unsere Dokumentation, wenn eine entsprechende Krankenkassenbescheinigung übergeben wird.
Wenn keine Familienversicherung greift, müssen wir abfragen, ob die ArbeitnehmerInnen von der Bestandsschutzregelung Gebrauch machen und ob sie für die Kranken- und Pflegeversicherungspflicht sowie für die Arbeitslosenversicherungspflicht eine Befreiung beantragen. Außerdem ist es notwendig, dass noch einmal auf die Möglichkeit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei Minijobs hingewiesen und das entsprechende Formular bereitgehalten wird.
Gerade im Zuge der gesetzlichen Änderungen ab 01.10.2022 macht es auch Sinn, eventuelle Mehrfachbeschäftigungen abzufragen, um beim Zusammenrechnen der Entgelte nach der Mindestlohnerhöhung die Minijobgrenze von 520 Euro pro Monat im Auge zu behalten.
Diese kleine Zusammenstellung zeigt, welch umfangreiche Arbeiten eine an sich gute Entscheidung – nämlich die Einführung einer dynamischen Geringfügigkeitsgrenze abhängig vom Mindestlohn – in der Entgeltabrechnung nach sich zieht. Wir müssen zeitnah die benötigten Informationen anfordern und erhalten, Beitragsgruppenschlüssel und ggf. Personengruppenschlüssel ändern, Daten zur Familienversicherung erfassen und natürlich viele Fragen beantworten. Aber zuvor ist ein Einlesen in die Thematik sowie die Teilnahme an Seminaren unerlässlich.
Das alles erfordert Zeit – und Zeit ist etwas, was wir meistens nicht haben.
Wir hoffen alle, dass die jeweiligen Krankenkassen ihre Mitglieder schon vorab informieren, damit das Zusammentragen der Informationen unseren zeitlichen Rahmen nicht sprengt.
Als nun auch noch das neue Entlastungspaket bekannt wurde, kam erneut Unruhe in der Gruppe auf. Die bereits seit über zwei Jahren vorliegende Überbelastung in der Branche wird mit jeder Neuerung, jedem Hilfspaket, jeder rückwirkenden Änderung immer stärker und deutlicher. Leider führt dies bereits dazu, dass gutes Fachpersonal die Konsequenzen zieht und der Entgeltabrechnung den Rücken kehrt. Die ohnehin schon angespannte Situation, die Mehrbelastung und der Stress werden potenziert und eine Entspannung rückt immer weiter in die Ferne.
Gerade EntgeltabrecherInnen, die ihren Beruf lieben und in den Jahren ihrer Tätigkeit eine Fülle an Wissen gesammelt haben, müssen dringend in der Branche gehalten werden. Wenn dieses Wissen „verloren“ geht, ist das in meinen Augen eine Katastrophe, denn Nachwuchs ist kaum zu finden, und wie schon in der letzten Ausgabe der LOHN+GEHALT betont, gibt es leider bis heute keinen entsprechenden Ausbildungsberuf.
Also hoffen wir gemeinsam, dass sich die Situation endlich entspannt, dass wir zum Alltag übergehen können, dass der Stress weniger wird und – ganz wichtig! – dass wir Nachwuchs in die Branche locken können. Dazu braucht es neben einer guten Ausbildung und einem entsprechenden Gehalt auch etwas Essenzielles: Anerkennung für und Respekt vor unserer Arbeit.
Ich kann es nicht oft genug sagen und schreiben.
Annette Bastigkeit, Fachassistentin Lohn und Gehalt
