Rechtsprechung : Aktuelles zu Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen
Arbeiten, wenn andere schlafen oder ihre Freizeit genießen – das ist in einigen Branchen nicht ungewöhnlich und gehört zur Tagesordnung. Dieser Beitrag blickt auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Thema Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge.
Sonn- und Feiertagsarbeit
Als Sonn- und Feiertagsarbeit wird die Arbeit in der Zeit zwischen 0 Uhr und 24 Uhr des jeweiligen Sonn- oder Feiertags bezeichnet. Als Sonn- und Feiertagsarbeit gilt aber auch noch die Zeit zwischen 0 Uhr und 4 Uhr des auf den Sonn- oder Feiertag folgenden Tages, wenn die Arbeit bereits vor 0 Uhr aufgenommen worden ist.
Welcher Tag ein gesetzlicher Feiertag ist, bestimmt sich nach den am Ort der Arbeitsleistung geltenden Vorschriften des Bundeslandes (§ 3b Abs. 2 Satz 3, 4 Einkommensteuergesetz (EStG)).
Nachtarbeit
Als Nachtarbeit wird die Arbeit in der Zeit zwischen 20 Uhr und 6 Uhr bezeichnet. Der normale Nachtarbeitszuschlag beträgt 25 Prozent. Für Nachtarbeit zwischen 0 Uhr und 4 Uhr erhöht sich der Nachtarbeitszuschlag auf 40 Prozent, wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wurde.
Steuerfreiheit nach § 3b EStG
Für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen bzw. für Nachtarbeit sieht das Einkommensteuergesetz Zuschläge vor, die steuerfrei gestellt sind (§ 3b EStG). Seit 1990 wird dabei nicht mehr unterschieden, auf welcher Grundlage der Zuschlag vereinbart ist (Arbeits- oder Tarifvertrag), sondern es gelten für alle Arbeitnehmer die gleichen steuerfreien Zuschlagssätze. Die Steuerfreiheit hängt dabei nicht von der Zulässigkeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ab. Arbeitet ein Arbeitnehmer z. B. unzulässigerweise an einem Sonn- oder Feiertag und zahlt ihm der Arbeitgeber für diese Zeiten auch Zuschläge, dann sind diese Zuschläge nach § 3b EStG steuerfrei. Für die steuerliche Beurteilung von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen ist allein maßgebend, ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Zuschläge zahlt oder nicht.
Die steuerfreien Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit ermitteln sich auf Basis des Grundlohns. Grundlohn ist der auf die maßgebende Arbeitszeit (Arbeitsstunde) entfallende laufende Arbeitslohn, den der Arbeitnehmer für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund seiner regelmäßigen Arbeitszeit erwirbt (§ 3b Abs. 2 EStG). Die regelmäßige Arbeitszeit ist die für das Dienstverhältnis vereinbarte normale Arbeitszeit. Der Grundlohn ist steuerlich höchstens mit 50 Euro pro Stunde anzusetzen.
Sozialversicherungsfreiheit
Neben den lohnsteuerrechtlichen Regelungen zur Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit ergänzt die Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) die Regelungen für die beitragsrechtliche Beurteilung dieser Zuschläge. Dem beitragspflichtigen Entgelt werden nicht zugerechnet Zuschläge, soweit diese lohnsteuerfrei sind. Dies gilt nicht für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge, soweit das Entgelt, auf dessen Grundlage sie berechnet werden, mehr als 25 Euro für jede Stunde beträgt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 SvEV). Somit sind Zuschläge für die Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nur dann in der Sozialversicherung beitragsfrei, wenn der Grundlohn 25 Euro pro Arbeitsstunde nicht überschreitet (steuerlich 50 Euro). Für die Höhe der Zuschlagssätze und die Berechnung des Grundlohns sind in der Sozialversicherung die gleichen Regelungen wie im Lohnsteuerrecht anzuwenden (§ 3b EStG, R 3b Lohnsteuer-Richtlinien (LStR), H 3b Lohnsteuer-Hinweise (LStH)).
Aktuelle Rechtsprechung
In der Vergangenheit hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Steuerfreiheit der Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge beschäftigt. Die aktuelle Rechtsprechung wird hier kurz zusammengefasst.
Berechnung des Grundlohns bei Entgeltumwandlung
Der für die Bemessung der Steuerfreiheit von Zuschlägen zur Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit (SFN-Zuschläge) maßgebende Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum arbeitsvertraglich zusteht.
Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge daher ohne Belang.
Streitig war, ob Zahlungen des Arbeitgebers an eine Unterstützungskasse (U-Kasse) Teil des Grundlohns im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG sind.
Der BFH entschied mit Urteil vom 10.08.2023 (VI R 11/21), dass der für die Bemessung der Steuerfreiheit von SFN-Zuschlägen maßgebende Grundlohn der laufende Arbeitslohn ist, der dem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich zusteht. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge ohne Belang.
Der für die Bemessung der Steuerfreiheit von SFN-Zuschlägen maßgebende Grundlohn umfasst sämtliche Komponenten, die dem Arbeitnehmer für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum als laufender Arbeitslohn arbeitsvertraglich zustehen. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift („zusteht“) ohne Bedeutung. Für den verhandelten Fall waren die Beiträge an die Unterstützungskasse vollumfänglich bei der Ermittlung des relevanten Grundlohns zu berücksichtigen, d.h., die steuerfrei zu belassenen Teile der gezahlten SFN-Zuschläge erhöhten sich entsprechend – also beispielsweise um 25 Prozent der U-Kassenbeiträge für Nachtarbeitszuschläge oder um 150 Prozent der U-Kassenbeiträge für Zuschläge für Weihnachtsarbeit – immer unter der Voraussetzung, dass die Arbeitgeberin entsprechend hohe Zuschläge leistet, was im Streitfall erfüllt war.
Pauschal gezahlte SFN-Zuschläge sind nicht steuerfrei
Nachtzuschläge sind nur dann steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete (Nacht-)Arbeit gezahlt werden. Dies gilt sinngemäß auch für Sonntagszuschläge und Feiertagszuschläge. Die Steuerbefreiung für Zuschläge setzt grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich (in der Nacht) erbrachten Arbeitsstunden voraus.
Der BFH hat am 29.11.2016 (VI R 61/14) entschieden, dass Zuschläge, die pauschal vergütet werden – das heißt, ohne Rücksicht darauf, wann die Tätigkeit erbracht wurde , nicht zu den steuerfreien Feiertags-, Sonntags-oder Nachtzuschlägen gehören können. Auch wenn tatsächlich zu den begünstigten Zeiten gearbeitet wurde: Wird die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit lediglich allgemein abgegolten und liegen keine Einzelnachweise vor, können diese Zuschläge nicht steuerfrei abgerechnet werden.
Ein neueres Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein vom 09.11.2022 (4 K 145/20) weist jedoch darauf hin, dass die Aufzeichnungen keinen Selbstzweckerfüllen. Liegen die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit unstreitig vor, dann bildet der bloße Umstand, dass die Aufzeichnungen des Arbeitgebers keine genaue Anfangszeit und Schlusszeit der jeweiligen Nachtarbeit beinhalten, keinen Grund, um von einer Anwendung des § 3b EStG abzusehen.
Im Urteilsfall stand fest, dass die vom Kläger in seinen Aufzeichnungen festgehaltenen Personen die Nachtarbeit durchgeführt hatten und dass die aufgezeichneten Summen entsprechend den Aufzeichnungen neben dem Grundlohn für die Nachtarbeit bezahlt und die Höchstgrenzen (25 Prozent des Grundlohns) nicht überschritten wurden. Angegeben wurden aber lediglich der Zeitrahmen und die darin geleistete Stundenzahl (z. B. vier Stunden innerhalb der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr). Weil es sich nicht um eine höchstrichterliche Entscheidung handelt, ist die Anwendung in der Praxis jedoch risikobehaftet.
Die Steuerpflicht pauschaler Zuschläge wurde hingegen auch vom Finanzgericht Düsseldorf mit rechtskräftigem Urteil vom 27.11.2020 (10 K 410/17 H) bestätigt. Der Arbeitgeber im Urteilsfall betrieb ein Kino und zahlte an einige der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben dem Grundlohn eine monatliche Pauschale für Nacht- und/oder Sonntagsarbeit. Zur Begründung machte der Arbeitgeber geltend, dass die pauschalen Zuschläge so bemessen worden seien, dass sie innerhalb der steuerfreien Grenzen bleiben würden. Trotzdem hat das Finanzgericht die Steuerfreiheit verweigert. Der Arbeitgeber hätte eine Einzelabrechnung der geleisteten Stunden erstellen müssen. Diesen Anforderungen genügte die vorgelegte Kontrollrechnung nach Auffassung des Gerichts nicht.
Abschlagszahlungen als Vorschüsse
Pauschale Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit können ausnahmsweise steuerfrei bleiben, wenn sie als Abschlagszahlung oder Vorschuss geleistet werden. Der BFH hat dies bereits mit Urteil vom 08.12.2011 (VI R 18/11) bestätigt. Erforderlich ist eine Verrechnung der pauschal gezahlten Zuschläge mit den tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonntagen, Feiertagen und zur Nachtzeit.
Die Einzelabrechnung zum jährlichen Abschluss des Lohnkontos muss jeweils vor dem Erstellen der Lohnsteuerbescheinigung erfolgen.