Haftungsrisiken in der Entgeltabrechnung
Teil 2 – Im zweiten Teil dieser kleinen Serie wollen wir uns zunächst einmal kurz den grundsätzlichen Begriffen der Haftung (im Arbeitsverhältnis) widmen.
Was ist eigentlich Haftung? Juristisch ist das verkürzt „das Einstehenmüssen eines Rechtssubjekts für einen entstandenen Schaden“.
Dabei verwenden das hier eher einschlägige Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und andere für uns relevante Gesetze den Begriff des Rechtssubjektes gar nicht, sondern es wird von (haftenden) Personen gesprochen. Und diese Personen teilen sich dann auf in „juristische Personen“ und „natürliche Personen“. Juristische Person wäre dann in der Regel Ihr Arbeitgeber, die natürliche Person sind dann selbstredend Sie selbst.
Geschädigte sind demnach wiederum natürliche Personen, also z. B. Ihre Kollegen und Kolleginnen, oder Ihr Arbeitgeber als juristische Person. Gleichzusetzen mit den juristischen Personen sind auch Ämter, Behörden und Ähnliches. In jedem Fall aber alles das, was gesetzlich geregelt ist und bei Zuwiderhandlung unter Androhung von „Strafe“ untersagt ist. Und davon gibt es unendlich vieles, wir leben ja schließlich in einem Rechtsstaat.

Und nun nehmen wir einfach mal den im ersten Teil dieser Serie geschilderten kleinen und fiktiven Alltagsfall, bei dem sich die Entgeltabrechner für ihren Chef etwas einfallen lassen und bei einer vom Geschäftsführer zugesagte Sonderzahlung unter der Prämisse „das sollte uns aber nicht noch zusätzlich etwas kosten“ durch geschickte „Umwidmung“ des eigentlichen Zahlungszweckes ordentlich Lohnsteuern und SV-Beiträge für das Unternehmen „sparen“. Worüber sich dann alle gefreut haben. Bis der Steuerprüfer kam und diese Gestaltung irgendwie dann doch entdeckt hat.
Auf seine entsprechenden Fragen hat „man“ das dann letztlich zugegeben und der Haftungsfall war da. Und wer haftet nun? Im einfachen Fall belässt es der Steuerprüfer bei der Entdeckung und belehrt die Entgeltabrechner mündlich. Dabei hat er sich dann auch schon entschieden, von welcher Form der Haftung er Gebrauch macht. Im Regelfall wird er es sich einfach machen und den Haftungsbescheid gegen die juristische Person, also den Arbeitgeber, adressieren. Zumal dieser ja auch der eigentliche Verursacher, sprich Schädiger war. Der Arbeitgeber bezahlt die festgestellte Haftungssumme und die Sache ist damit lohnsteuerrechtlich erledigt, nur die SV-Beiträge müssen noch gemeldet, festgesetzt und bezahlt werden. Bleibt dann noch die innerbetriebliche Aufarbeitung dieser Prüfungsfeststellung und der damit verbundenen Arbeitgeberhaftung. Wenn nicht zwischenzeitlich der eigentlich auslösende Geschäftsführer gewechselt hat, dann dürfte der Vorgang in aller Regel dort nicht weiter verfolgt werden. Vorstellbar ist aber auch, dass andererseits intensiv seitens der Geschäftsführung nachgeprüft wird, warum es denn zu diesem Ergebnis gekommen ist, welcher Prozess hier versagt hat, ob Vorsatz zum Nachteil des Unternehmens im Spiel war und Ähnliches. Oder ob sich das Unternehmen innerbetrieblich auch anderweitig „schadlos“ hält und den letztlich insofern auch begünstigten Arbeitnehmer zumindest teilweise an dieser Haftung finanziell beteiligt. Bis hin zu der Frage, ob denn der oder die Entgeltabrechner für das Unternehmen noch tragbar sind, wenn diese solche steuerlich schädlichen Gestaltungen im Namen der Firma vornehmen.

Und wenn es dann so weit kommen sollte, dann haben sich die Beteiligten hoffentlich eine eigene Aktenlage dazu geschaffen und können den eigentlichen Verursacher/Auftraggeber konkret benennen und inhaltliche Angaben zu der Aufgabenstellung und ihrer Lösung machen. Das dürfte im eigenen Interesse hilfreich sein. Aber so weit sollte es ja eigentlich gar nicht erst kommen, oder?
Richtig schwierig wird es in unserem Beispiel, wenn auch der Steuerprüfer die Sache nicht so einfach auf sich beruhen lässt, sondern den gesamten Sachverhalt einschließlich der Beteiligten intensiv zu ermitteln versucht. Dann ist höchste Vorsicht geboten. Denn dann ist durchaus zu vermuten, dass er sich in dieser Angelegenheit bereits mit der BUSTRA, also der Bußgeld- und Strafsachenstelle seines Finanzamtes in Verbindung gesetzt hat und einen klaren Ermittlungsauftrag hat. Spätestens dann sollte man sich als Betroffener/Beteiligter darauf einstellen, dass es unter Umständen nicht nur bei einer Haftung seines Arbeitgebers, also der juristischen Person, bleiben wird, sondern das man ganz persönlich selbst zum Ziel einer Bußgeld- oder Strafsache geworden sein könnte. In dem Fall hilft dann nur noch die Hinzuziehung von Juristen. Ob man dann als betroffener Arbeitnehmer die juristische Vertretung durch den Firmenanwalt zulässt oder sich doch lieber selbst einen Anwalt sucht, das muss dann jeder Betroffene ganz allein für sich entscheiden.
Der Firmenanwalt wird, wie der Name schon sagt, letztlich die Interessen der Firma wahrnehmen und schützen. Und er wird das, mehr oder wenige je nach Firmengröße und Ernsthaftigkeit, im Zusammenspiel mit den Compliance-Beauftragten tun. Und dabei wird dann auch innerbetrieblich stets der Frage nachgegangen werden, wer sich denn nun konkret „schuldig“ gemacht hat. Denn in solchen Fällen wird der oder werden die juristischen Vertreter der Firma aus vielerlei Gründen jedwede Kenntnis von solchen Vorgängen zunächst mal verneinen und auf klar dazu geregelte Prozesse und Verantwortungsdelegation verweisen. Da müssen Sie dann als Mit-Betroffene(r) schon ordentlich argumentieren und nachweisen, was denn da so alles gelaufen ist. Vielleicht hilft Ihnen das ja.
Denn wozu sonst ist die Compliance denn da? Hierzu folgende Kurz-Darstellung:
Compliance ist in erster Linie eine Aufgabe der Geschäftsleitung. Die Leitungsorgane sind in der Pflicht, nicht zuletzt durch eine Verschärfung der Rechtsfolgen von Aufsichtspflichtverletzungen im Bereich von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gemäß § 130 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), geeignete Maßnahmen und organisatorische Vorkehrungen zur Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung der Regeln zu treffen. Hierzu dienen insbesondere unternehmensinterne Richtlinien, eventuell erweitert um Verhaltenskodizes, die in erster Linie für die Mitarbeiter gelten. Bewusste Verstöße gegen Gesetze werden zwar durch Compliance-Maßnahmen nicht vermieden. Diese helfen aber, Haftungsrisiken auf der Ebene der Führungsverantwortlichen zu vermeiden. Alles klar? Compliance ist in aller Regel nicht für Sie selbst gedacht.
Denn zu Compliance gehört auch die Kurzbeschreibung der Non-Compliance (nach Dr. Dennis Bock):
Unter Non-Compliance sind betriebsbezogene Straftaten von Unternehmensangehörigen im (vermeintlichen) Unternehmensinteresse zu verstehen (sog. Entlastungskriminalität).
Und wo finden Sie sich nun angenommenerweise in unserem kleinen fiktiven Beispielsfall wieder? Das mag jeder für sich selbst beantworten. Und wenn Sie sich aus dem gerade Gelesenen heraus fragen, was denn da noch so alles haftungsmäßig aus Ihrer Tätigkeit in der Entgeltabrechnung drohen mag, dann haben Sie einerseits schon mal über die möglichen Folgen Ihrer täglichen Arbeit nachgedacht und andererseits sind Sie jetzt bestimmt gespannt, was die nächste Folge unserer kleinen Serie so alles bereithalten wird.
