Ein Gespräch mit Ulf Buchholz, Geschäftsführer der GIP : „Viele Menschen bauen auf uns!“
Ein Gespräch mit Ulf Buchholz, Geschäftsführer des renommierten HR-Software-Anbieters GIP GmbH, über die besonderen Herausforderungen der Entgeltabrechnung im öffentlichen Dienst, über die Werte seines Unternehmens — und über die zunehmend digitale Zukunft der Personalwirtschaft.
Herr Buchholz, die Entgeltabrechnung im öffentlichen Dienst (ÖD) ist eine ziemlich komplexe Sache, viele Anbieter trauen sich an diesen Bereich nicht heran. Warum traut sich die GIP — und was macht die Payroll im „ÖD“ so besonders?
Das Unternehmen GIP und unsere Software KIDICAP wurden von einigen unserer heutigen Kunden ins Leben gerufen, um genau diese Komplexität im Tarifgebiet des öffentlichen Dienstes im großen Maßstab zu automatisieren. Die ursprünglich bundesweiten Einheitstarife für Bund, Länder und Kommunen, verfasste Kirche und ihre sozialen Einrichtungen wurden im Zuge der Föderalismusreformen in ein Bündel von über 50 Tarifwerken mit vielen hundert Beschäftigtengruppen aufgegliedert. Die heute in diesen Tarifen rund acht Millionen Beschäftigten sind häufig auf große Einrichtungen und Trägergesellschaften verteilt, die unterschiedlichste Arbeitgeber mit einer weiten Tarifspreizung gesellschaftlich unter einem Dach vereinen. In der Folge übernehmen spezialisierte (Eigen-Betriebe im Entgeltservice teils mit mehr als hundert Mitarbeitern das Tagesgeschäft der Personalabrechnung und müssen das Zusammenspiel mit den Personalressorts organisieren.

Genau auf dieses tariflich organisatorische Umfeld hat sich die GIP seit ihrer Gründung eingestellt. In der Software sorgt ein hochentwickelter Tarifdesigner für ein einfaches Handling der zahlreichen und ständigen Tarifanpassungen.
Damit es noch einfacher für unsere Kunden wird, liefert die GIP die meisten Tarife einschließlich der Beschäftigtengruppen als Datenpaket im Standard mit, auch alle Änderungen. Für Haustarife werden diese Muster einfach auf die jeweilige Arbeitgeberebene kopiert und hausintern angepasst.
Ähnlich läuft es auch mit Formularen, Statistiken, Reports, Meldungen, Dienstreiserichtlinien und Versorgungsspezifika, die in vielen ÖD-Details vorgefertigt von GIP mitgeliefert werden. KIDICAP hat die passenden Automatismen bereits im Bauch, lange Einführungsprojekte und Rollouts mit KIDICAP kennen wir nicht. Die GIP ist mit dem Massengeschäft im Entgeltservice aufgewachsen, beherrscht aber auch mit der Ebenenlogik die Individualisierung der Personalarbeit für einzelne Arbeitgeber aus einer Hand in einem System.
Was versteckt sich hinter dem Kürzel „GIP“ überhaupt? Wer ist die GIP?
Die branchenüblichen drei Buchstaben machen den Bandwurm „Gesellschaft für innovative Personalwirtschaftssysteme“ etwas handlicher. Gegründet wurde die GIP 1996, quasi zur Kommerzialisierung um die Software KIDICAP herum, die jetzt in der fünften Softwaregeneration auf eine 45-jährige Geschichte zurückblicken kann. Die Gründer waren KIDICAP-Betreiber, die uns ständige Innovation ins Stammbuch geschrieben haben. Gerade beginnen wir den Rollout der neuesten Generation in Web- und Cloudtechnologie — die passende Antwort auf die zunehmende Digitalisierung der Personalwirtschaft, die auch den ÖD erfasst hat. Wir, das sind rund 140 Mitarbeitende in Offenbach und Leipzig, die die ÖD-Personalwirtschaft im Blut haben, verstehen KIDICAP nicht nur als Software, sondern als ein System, das auch in der Produktion im Rechenzentrum/in der Cloud mit engen Zeitfenstern mit vielen hunderttausend Personalfällen und unterschiedlichsten Mandanten seine Leistung sicher und zuverlässig abliefern muss.
Kann man sagen, die GIP ist ausschließlich auf den öffentlichen bzw. kirchlichen Dienst spezialisiert — oder sieht Ihre Kundschaft heterogener aus?
Im Großen und Ganzen bedient die GIP Bundesländer und Kommunen mit ihren Eigenbetrieben, Hochschulen und den Bildungssektor mit den tausenden Kitas, Krankenhäuser, Pflegeheime und die kirchliche Verwaltung. Die meisten unserer Kunden sind tatsächlich verwaltungsorientierte Betriebe. Seit der Jahrtausendwende sind aber zunehmend Betriebe in ÖD-ferne Tarifgebiete ausgelagert worden. Die GIP hat diese Entwicklung mitvollzogen und wir beschäftigen uns heute u. a. mit Gebäudereinigern und dem Hotel- und Gaststättengewerbe. Besonders interessiert uns alles, was sich abrechnen lässt, daher liegt eine unsere Stärken bei Dienstreisen mit Genehmigungsworkflow und Employee Self Service. Dienstreisen sind einerseits ein integraler Bestandteil der ganzen KIDICAP-Suite, andererseits bieten wir sie auch ausgekoppelt als eigenständiges System und mehrsprachig in der Privatwirtschaft an.
Sie behaupten sich schon sehr lange am Markt, die Begriffe GIP und KIDICAP sind in der Szene geradezu berühmt. Was macht die GIP für ihre Kunden so einzigartig?
KIDICAP war die erste Standardsoftware für den ÖD und für die Massenverarbeitung von Personalfällen. In der Frühzeit der Informationsverarbeitung haben die Anwender ihre Systeme zunächst selbst gebaut. Mit wachsendem Anspruch an Funktionen und Komplexität wurde das schwieriger und der Wunsch nach Standardsoftware kam auf, dafür kam damals nur KIDICAP in Frage. In den neuen Bundesländern wurde KIDICAP deshalb schnell zum Standard. Viele Kunden sind langjährige Fans von KIDICAP, weil wir sehr viel Wert darauf legen, die Software zusammen mit unseren Anwendern voranzubringen, um ihnen das bestmögliche Anwendererlebnis bieten zu können. Für fast alle fachlichen Themen organisieren wir Arbeitsgruppen, um bei Änderungen im Vorfeld die Interessen und die Besonderheiten der Anwender kennenzulernen. Über die Jahre hat diese Zusammenarbeit zu einem einzigartigen Reichtum an Funktionalität und Automatismen geführt, die den Anwendern die Personalarbeit mit KIDICAP leichter machen und über ihre Einflussnahme die Bindung an das Produkt erhöhen.
Heute ist viel von Unternehmenswerten die Rede. Für welche Werte steht die GIP?
Blicken wir zurück auf die letzten 23 Jahre GIP, dann haben wir in dieser Zeit umgerechnet rund 2 Billionen Euro abrechnet. In der KIDICAP-Datenbank sind heute rund 8 Millionen Personalfälle für über 20.000 Arbeitgeber gespeichert. Millionen Menschen haben sich immer darauf verlassen, dass ihr Gehalt pünktlich auf dem Konto ist. Uns geht es in erster Linie darum, das auch in einer immer vielschichtiger werdenden Arbeitswelt sicherzustellen. Natürlich entwickeln wir heute in agilen Teams, um der zunehmenden Dynamik gerecht zu werden. In unserer internen Leitlinie dreht sich aber alles darum, dabei mit unserer Software nachhaltige Werte zu schaffen, die Sicherheit und Zuverlässigkeit für unsere Kunden lebendig werden lassen. Auf unserer Website formulieren wir daraus den Anspruch: „Mach hinter jeden Tag ein Plus.“ Nur wenn unsere Kunden das mit KIDICAP erreichen, haben wir einen guten Job gemacht.
Kommen wir von den Werten zur Mission. In welcher Mission sind Sie unterwegs?
Mit dem heutigen gesellschaftlichen Paradigma, alles zu digitalisieren, kann unsere Mission nur lauten, unsere Kunden sicher in eine digitale Personalwirtschaft und flexiblere Arbeitswelt zu führen, dabei die besten Automatismen zu bieten verbunden mit einem exzellenten Anwendererlebnis, damit letztlich im Sinne einer guten Employee Experience alle an der Personalwirtschaft teilhaben.
Die digitale Transformation verändert unsere Arbeitswelt gehörig — und diese Entwicklung wird so weitergehen. Die Dienstleister-Szene muss sich entsprechend wandeln, auch im Bereich der Entgeltabrechnung. Welche Innovationen bieten Sie Ihren Kunden auf dem Weg in die Arbeitswelt 4.0?
Wer heute guten Entgeltservice im ÖD anbieten will, muss über unglaublich viele fachliche Aspekte und ständig neue Regeln Bescheid wissen. Das Fachpersonal dafür zu gewinnen, wird allgemein schwieriger. Wir versuchen, dem zu begegnen, indem wir immer mehr Wissen und Automatismen in die Software packen. In einer flexibleren Arbeitswelt muss der Entgeltservice aber auch intensiver im Tagesgeschäft mit dem Arbeitgeber und dem Personalressort zusammenwirken und neue Aufgaben übernehmen, wie Vorlagen für Arbeitsverträge und Zeugnisse erstellen oder die digitale Personalakte betreuen. Die Ansprüche variieren von Kunde zu Kunde. Deshalb bieten wir unsere Software in Apps an, die jede ein personalwirtschaftliches Thema umfassen. Die Apps kooperieren alle miteinander in einer Plattform als ein integriertes System. Der Kunde kann selbst entscheiden, wie tief und über welche Themen er die Zusammenarbeit gestalten will.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Entgeltabrechnung vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels und der fortschreitenden Macht der „Künstlichen Intelligenz“ (KI) ein? Wie werden typische Angebote für die Entgeltabrechnung in zehn Jahren aussehen?
Es wird auf jeden Fall eine Herausforderung werden, den heute erreichten Stand zu halten, wenn immer mehr Fach- und Detailwissen gefordert wird, das Jobprofil aber nicht mitwächst und nicht die Anerkennung wie in der Finanzbuchhaltung erfährt. In einigen Themen kann die KI helfen, lästige Aufgaben weiter zu automatisieren. KI Algorithmen sind gut in der Erkennung von Mustern. Überprüfungen von Erfassungen und Buchungen auf Abweichungen und Anomalien, wie sie die GoBD fordert, wird man sicher einem lernenden Algorithmus anvertrauen können und die digitale Betriebsprüfung wird damit besser automatisierbar werden. Ein weiteres Einsatzgebiet liegt im Schriftverkehr, im Erkennen von Inhalten und der automatisierten Datenübernahme, vielleicht auch in der Vorauswahl von Bewerbern. Den digitalen Entgeltsachbearbeiter oder Personaler haben wir damit aber noch lange nicht erfunden.
Herr Buchholz, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.


