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Pensionskassen in Not : Wie Butter in der Sonne

Fokus
Lesezeit 6 Min.

Pensionskassen in Not

Die betriebliche Altersversorgung stellt einen immer wichtigeren Beitrag in der persönlichen Alters- und Lebensplanung dar, um schwindende gesetzliche Leistungen zu ergänzen. Um die Betriebsrenten aber in den Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrisen sowie Patchworkbiografien der Arbeitnehmer zu erhalten, bedarf es des Faktors Sicherheit in stürmischen Zeiten. Einen Sicherheitsanker stellt dabei seit 1975 der Pensions-Sicherungs-Verein a.G. dar, der bei Insolvenz des Arbeitgebers für die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung eintritt. Rund 3 Millionen Versicherten von Pensionskassen müssen aber derzeit um ihre betriebliche Altersversorgung zittern. Warum, erfahren Sie in diesem Beitrag und erhalten zugleich Tipps für die richtige Zukunftsstrategie.

Geschichtliches

Unter betrieblicher Altersversorgung versteht man Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die aufgrund des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber zugesagt werden. Der Arbeitgeber gilt immer als Träger und Haftungspartner für die versprochenen Leistungen, auch wenn z. B. ein Finanzdienstleister den Vertrag als Direktrentenversicherung abwickelt.

Der Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) ist ein von der Versicherungswirtschaft am 01.01.1975 gegründetes Unternehmen, das dem Wunsch des Gesetzgebers und der Kunden der Betrieblichen Altersversorgung nach Sicherheit der Altersversorgungsleistungen auch bei Insolvenz des Arbeitgebers Rechnung tragen soll. Der PSVaG mit Sitz in Köln ist zuständig für das deutsche Betriebsrentensystem und die Betriebsrenten im Großherzogtum Luxemburg. Der § 14 des Betriebsrentengesetzes räumt dem Pensions-Sicherungs-Verein die Zuständigkeit als Träger der Insolvenzsicherung der Betriebsrenten ausdrücklich ein.

Was ist besichert?

Hierbei sind drei Tatbestände zu unterscheiden: erstens die eingetretene Unverfallbarkeit nach gesetzlichen Bestimmungen, zweitens das Vorliegen eines besicherten Durchführungsweges und drittens der Eintritt des definierten Sicherungsfalles.

1. Unverfallbarkeit

Unverfallbarkeit bedeutet im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, dass einmal erworbene Ansprüche nicht mehr entzogen werden dürfen und Bestand haben, auch wenn z. B. der Arbeitnehmer den Arbeitgeber wechselt.

Betriebliche Altersversorgung kann im Wege der Entgeltumwandlung durchgeführt werden, das heißt, der Arbeitnehmer verzichtet auf Bruttolohn bis zu 4 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung West SV-Frei und 8 Prozent steuerfrei, (2019: 268 bzw. 536 Euro) zugunsten eines Altersvorsorgevertrages.

Dieser Verzicht auf eigenes Geld (juristisch: aufgeschobener Arbeitslohn) führt zur sofortigen Unverfallbarkeit der Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Außerdem kann die betriebliche Altersversorgung auch ganz oder teilweise vom Arbeitgeber finanziert werden. Hier gilt es den aktuellen Rechtsstand zur Unverfallbarkeit zu kennen, der sich nach dem Datum der Zusage richtet:

  • 70er Jahre und früher: 20 Jahre Betriebszugehörigkeit führen zur Unverfallbarkeit laut Urteil des Bundesarbeitsgerichtes.
  • bAV-Zusage vor dem 01.01.2001 erteilt und Arbeitsverhältnis vor dem 31.12.2005 beendet: Unverfallbarkeit tritt gemäß Betriebsrentengesetz erst bei Vollendung des Lebensalters des Arbeitnehmers von 35 Jahren und 10 Jahren Zusagedauer ein bzw. bei 12 Jahren Dauer des Arbeitsverhältnisses genügte eine Zusagedauer von drei Jahren.
  • bAV-Zusage ab dem 01.01.2001 erteilt: Unverfallbarkeit tritt gemäß Betriebsrentengesetz erst bei Vollendung des Lebensalters des Arbeitnehmers von 30 Jahren und 5 Jahren Zusagedauer ein. • bAV-Zusage ab dem 01.01.2009 erteilt: Unverfallbarkeit tritt gemäß Betriebsrentengesetz erst bei Vollendung des Lebensalters des Arbeitnehmers von 25 Jahren und 5 Jahren Zusagedauer ein.
  • bAV-Zusage ab dem 01.01.2018 (auch Altzusagen) erteilt: Unverfallbarkeit tritt gemäß Betriebsrentengesetz durch Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie erst bei Vollendung des Lebensalters des Arbeitnehmers von 21 Jahren und 3 Jahren Zusagedauer ein.
Eine Hand hält links eine Scheibe Brot, die andere Hand rechts ein Messer und schwebt über einem Butterbehälter. Auf der Oberfläche der Butter steht das Wort „Pensionskassen“.

Scheidet der Arbeitnehmer ohne Erfüllung der Unverfallbarkeitskriterien aus, gibt es keine Leistung aus der betrieblichen Altersversorgung. Nach Eintritt der Unverfallbarkeit steht dem Arbeitnehmer eine (anteilige) Leistung zum vereinbarten Leistungszeitpunkt zu, die nach unterschiedlichen Verfahren berechnet werden kann.

Über einen Tarifvertrag bei tarifgebundenen Unternehmen ist allerdings eine Verschlechterung dieser Regelung möglich. Mittels Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder Tarifvertrag können Unverfallbarkeitsregeln zugunsten der Berechtigten verbessert werden.

2. Gesicherte Durchführungswege (nach Unverfallbarkeit):

  • Direkt- oder Pensionszusagen (Arbeitgeber sagt Leistungen zu und bildet in der Regel eigene Pensionsrückstellungen oder Rückdeckungen)
  • Direktversicherungen, die mit widerruflichem Bezugsrecht ausgestattet sind und vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer beliehen, abgetreten oder verpfändet wurden
  • Unterstützungskassen (als Hilfsträgerunternehmen des Arbeitgebers)
  • Pensionsfonds (als jüngster kapitalmarktorientierter Versorgungsweg)

Pensionskassen und Direktversicherungen mit unwiderruflichem Bezugsrecht unterliegen nicht der Besicherung, da es sich hier um versicherungsförmige Durchführungswege mit staatlicher Aufsicht (BaFin) handelt.

3. Sicherungsfälle

Sofern unverfallbare Zusagen oder Anwartschaften aus Betriebsrenten besicherter Durchführungswege vorliegen, wird vom PSV geprüft, ob ein Sicherungsfall eingetreten ist, der die Übernahme der Leistungsverpflichtung durch den Pensions-Sicherungs-Verein auslöst.

Dies sind :

  • Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen oder den Nachlass des Arbeitgebers
  • Abweisung des Insolvenzantrags des Arbeitgebers mangels Masse
  • außergerichtlicher Vergleich des Arbeitgebers mit seinen Gläubigern zur Abwendung der Insolvenz und unter Beteiligung des PSVaG
  • vollständige Einstellung der Betriebstätigkeit des Arbeitgebers im Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes (Deutschland/Luxemburg) ohne Insolvenzantrag

Nur wenn auch dieser Punkt erfüllt ist und es sich um Arbeitnehmer oder gleichgestellte Personengruppen im Sinne des Betriebsrentengesetzes handelt, übernimmt der Pensions-Sicherungs-Verein

  • laufende Rentenzahlungen;
  • bis dahin erworbene Anwartschaften.

Finanzierung der Sicherheit

Der Pensions-Sicherungs-Verein finanziert seine Leistungen seit 2006 im umlagefinanzierten Kapitaldeckungsverfahren, das heißt, die Einnahmen sollen die Ausgaben und künftigen Leistungsverpflichtungen decken. Aktuell sind 95.100 beitragspflichtige Unternehmen bzw. Mitglieder verzeichnet. Der PSVaG zahlt an 4,0 Millionen Betriebsrentner oder Hinterbliebene Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung und verwaltet rund 11,1 Millionen Versorgungsberechtigte mit einem Gesamtkapitalwert (Bemessungsgrundlage) von 345 Milliarden Euro. In der Regel wird ein Jahresbeitrag auf Basis der unverfallbaren Anwartschaften erhoben, die zu besichern sind. Damit sollen die laufenden Leistungen und künftige Anwartschaften ausgeglichen werden.

Pensionskassen in Schwierigkeiten

Wie Sie gelesen haben, sind Pensionskassen nicht über den Pensions-Sicherungs-Verein abgesichert. Aufgrund aktueller Zins- und Geschäftsentwicklung hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bereits zwei Pensionskassen das Neugeschäft untersagt (Pensionskasse Caritas und Kölner Pensionskasse) und 31 Pensionskassen unter strenge/intensive Aufsicht gestellt. Sogar der Steuerberater-Pensionskasse fehlen wesentliche Mittel. Sage und schreibe 158 Millionen Euro bei 8.000 Versicherten. Deshalb senken viele Pensionskassen aktuell ihre Leistungen, um die Ausgaben abzusenken. Dies sorgt für Unruhe unter Versicherten, Anwärtern und Arbeitgebern.

Arbeitgeber haftet für Leistungen

In der Praxis sagt meist der Arbeitgeber in der Entgeltumwandlungsvereinbarung die Rente aus der Pensionskasse zu. Für Ausfälle/Leistungskürzungen haftet demzufolge der Arbeitgeber in voller Höhe. Dies hat auch das Bundesarbeitsgericht bereits 2012 bestätigt und vertragliche Beschränkungen der Haftung für unzulässig erklärt. Auch die Protektor haftet nur begrenzt (z. B. für Pensionskassen als Aktiengesellschaften, nicht für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit).

Handlungsnotwendigkeiten für Arbeitgeber/Personalverantwortliche

Wie bei allen betrieblichen Altersversorgungen sollte momentan insbesondere bei Pensionskassen Folgendes seitens der HR-Verantwortlichen getan werden, um Schäden von Mitarbeitern und der eigenen Firma abzuwenden:

  1. Prüfung der jährlichen Standmitteilungen und der zugesagten Leistungen (ggf. müssen Differenzen in der Bilanz passiviert werden)
  2. Prüfung der Rechtsform der Pensionskasse. Insbesondere regulierte Pensionskassen in der Rechtsform eines VVaG sind in massiven Schwierigkeiten.
  3. Prüfung der von Finanztest/BaFin veröffentlichten Listen der bereits in Schwierigkeiten geratenen Pensionskassen, ob der eigene Vertragspartner dabei ist.
  4. Prüfung der finanziellen Zuverlässigkeit der Pensionskassen (und auch von Direktversicherungen), um eine künftige Zusammenarbeit abzuwägen
  5. keine Übernahme von fremden Pensionskassen bei Jobwechsel/ Portabilität.
  6. Beauftragung eines neutralen Sachverständigen (nicht Makler/Versicherungsvermittler), um die Gesamtsituation (Due Diligence) und Haftungsfallen zu analysieren. Hierbei müssen Kündigungs- und Neugestaltungsoptionen betrieblicher Altersversorgung geprüft werden.

Ausblick

Wie immer schützt Unwissenheit nicht vor rechtlichen Konsequenzen. Prüfen Sie genau Ihre Versorgungswerke und Regelungen vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen. Lassen Sie sich dabei nicht von Produktgebern oder deren provisionsorientierten Vermittlern in vermeintlichen Tiefschlaf versetzen. Sie sind als Arbeitgeber haftbar zu machen! Suchen Sie sich unabhängigen Rat.

Schwarz-Weiß-Foto von Andreas Nareuisch. Er trägt eine Brille, einen Anzug und eine Krawatte. Der Text daneben lautet: „Andreas Nareuisch, Betriebs- und Finanzfachwirt und Bundessachverständiger, Berlin, www.nareuisch.de“. Der Hintergrund ist dunkelgrün.

 

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