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Special aus gegebenen Anlass: HR-Prozesse durch das Bürokratieentlastungsgesetz IV erleichtert

Am 18.10.2024 hat der Bundesrat dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) zugestimmt. Dieses Gesetz zielt darauf ab, Arbeitsabläufe zu vereinfachen und die Wirtschaft von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Auch das Arbeitsrecht wird durch das BEG IV in Bezug auf Formerfordernisse erheblich erleichtert. Nachfolgend ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen:

Lesezeit 3 Min.
Eine farbenfrohe, abstrakte Illustration unterschiedlicher Menschen, die verschiedenen Aktivitäten wie Lesen, Reden und Arbeiten nachgehen. Die lebendigen Farben und geometrischen Formen erzeugen eine dynamische Atmosphäre, die an die im Bürokratieentlastungsgesetz IV angestrebte Effizienz erinnert.
Grafik: nunoi/stock.adobe.com

1. Allgemeines zu Formerfordernissen im Arbeitsrecht

Formerfordernisse des BGB

Arbeitsverträge unterliegen den allgemeinen zivilrechtlichen Vorgaben. Danach gilt folgender Grundsatz: Sie bedürfen keiner besonderen Form (= Formfreiheit), es sei denn, das Gesetz schreibt eine besondere Form vor oder die Vertragsparteien vereinbaren diese.

Die wichtigsten Formerfordernisse im BGB sind:

  • Schriftform: Schreibt das Gesetz die Schriftform vor, dann muss nach § 126 Abs. 1 BGB eine Urkunde eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden („wet ink“). Dies ist beispielsweise bei Kündigungen der Fall (§ 623 BGB). Außerdem müssen bei einem per Gesetz in Schriftform vorgesehenen Vertrag die Unterschriften auf derselben Urkunde erfolgen.
  • Elektronische Form: Die elektronische Form ist ein wichtiges Instrument für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen. Sie ersetzt die persönliche Unterschrift und ermöglicht durchgängig digitale Workflows. Je nach Sicherheitsniveau und Rechtswirkung gibt es drei unterschiedliche Arten von elektronischen Signaturen (Einfache Elektronische Signatur (EES); Fortgeschrittene Elektronische Signatur (FES); Qualifizierte elektronische Signatur (QES)). Gemäß § 126a BGB kann eine vorgeschriebene Schriftform durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt
    werden, sofern das Gesetz dies nicht ausschließt. Für die Praxis bedeutet das Folgendes: Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument qualifiziert signieren, wobei dies nacheinander erfolgen kann. Die Ausstellung des erforderlichen qualifizierten Zertifikats ist den sogenannten Vertrauensdienstanbietern vorbehalten. Die eingesetzten Tools müssen den europäischen Anforderungen an die elektronische Form nach der sogenannten eIDAS-Verordnung genügen.
  • Textform: Nach § 126b BGB genügt es, wenn die Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert ist und die Person des Erklärenden genannt wird. Eine einfache E‑Mail reicht hierfür aus.

Besondere arbeitsrechtliche Schriftformregelungen

Im Arbeitsrecht gibt es zahlreiche Rechtsgeschäfte, die der Schriftform bedürfen, darunter:

  • Befristungsabreden (§ 14 Abs. 4 TzBfG)
  • nachvertragliches Wettbewerbsverbot (§ 74 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB))
  • Betriebsvereinbarungen (§ 77 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG))

In der täglichen HR-Praxis sind auch Formerfordernisse aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen zu beachten, die oft vorschreiben, dass Arbeitsverträge und Nebenabreden schriftlich vereinbart werden müssen.

2. Erleichterungen durch das BEG IV

Das BEG IV bringt diverse Erleichterungen für die HR-Praxis, darunter die folgenden:

2.1. Nachweisgesetz künftig durch Textform erfüllt

Das Nachweisgesetz (NachwG), das seit dem 01.08.2022 Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern die schriftliche Dokumentation wesentlicher Arbeitsvertragsbedingungen abverlangt, hat in der Praxis für viele Diskussionen gesorgt. Bislang schließt dieses die elektronische Form ausdrücklich aus und erfordert, dass der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen in Schriftform erfolgt.

Zukünftig soll gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG n. F. hierfür die Textform genügen, wenn die Niederschrift unter den im Gesetz geregelten näheren Voraussetzungen elektronisch an die Arbeitnehmer übermittelt wird und diese den Empfang nachweisen.

Achtung: Nach wie vor ändert sich hierdurch nichts an der vorgeschriebenen Schriftform für befristete Arbeitsverträge (§ 14 Abs. 4 TzBfG).

2.2. Überlassungsvereinbarung zwischen Verleiher und Entleiher

Auch für Überlassungsverträge zwischen Verleiher und Entleiher genügt zukünftig die Textform, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. D. h. bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (insbesondere eine gültige Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung) kann der Überlassungsvertrag zukünftig auch per E‑Mail abgeschlossen werden.

2.3. Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze

In der Praxis wurde lange diskutiert, wie es sich mit dem Schriftformerfordernis bei Standardarbeitsverträgen verhält, die mit Erreichen der Regelaltersgrenze enden und damit auch befristet sind. Diese Rechtsunsicherheit nimmt der Gesetzgeber künftig und sieht vor, dass auch für Vereinbarungen zur Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zur Regelaltersgrenze zukünftig die Textform ausreicht.

Wichtig: Die angesprochenen Änderungen haben keine Auswirkungen auf bereits bestehende Arbeitsverträge, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, die ihrerseits Vorgaben zur Einhaltung der Schriftform enthalten. Etwaige Änderungen sind mit dem jeweiligen Vertragspartner – in der Regel schriftlich – zu vereinbaren.

Fazit

Das BEG IV tritt voraussichtlich zum 1. Januar 2025 in Kraft. Arbeitgeber können jetzt ihre vorhandenen Prozesse und Dokumentationen prüfen, anpassen und geeignete digitale Alternativen implementieren.

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