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Wachablösung bei LOHN+GEHALT : Der doppelte Markus : Ein Gespräch

Ein Gespräch Nach elf Jahren legt Chefredakteur Markus Matt die renommierte Fachzeitschrift LOHN+GEHALT in die Hände seines Weggefährten Markus Stier. Die beiden haben miteinander gesprochen, über die Dinge der Payroll von gestern bis morgen, über Hoffnungen und Erwartungen – und über Persönliches.

Markus MattMarkus StierFokus
Lesezeit 5 Min.

Lieber Markus Stier, kennengelernt haben wir uns vor rund zehn Jahren auf einer Veranstaltung. Erinnerst Du Dich noch an den Anlass?

Zwei Fachleute diskutieren am Fernseher, wobei einer aufmerksam zuhört, während der andere spricht.

Markus Stier: Natürlich! Wir haben uns im Rahmen einer Kundenveranstaltung kennengelernt. Ich hatte die Teilnahme in einem Preisausschreiben von LOHN+GEHALT gewonnen. Anschließend haben wir uns zu einem ersten Gespräch in Bremen getroffen und daraus entstand nicht nur eine gemeinsame berufliche Zukunft, sondern auch eine Freundschaft.

Du hast im Bereich Entgeltabrechnung schon ein paar Stationen hinter Dir. Warum bist Du eigentlich bei der Payroll hängengeblieben? Dein Weg in die Politik war doch vorgezeichnet.Markus Stier: Die Politik hebe ich mir für später auf (lacht). Nach meiner Ausbildung war ich parallel zur Entgeltabrechnung in der Finanzbuchhaltung eines mittelständigen Unternehmens tätig. Allerdings habe ich sehr schnell gemerkt, dass mich der Bereich „Soll an Haben“ nicht ausreichend fordert. Die Entgeltabrechnung war abwechslungsreicher, mit stets neuen Herausforderungen. Das hat mich von Anfang an fasziniert und diese Begeisterung hält bis heute an. Ich bin überzeugt davon, dass wir in diesem Beruf auch zeigen müssen, was uns antreibt. Entgeltabrechnung ist niemals langweilig – sie ist spannend und hochaktuell.

Was macht Dir an Deinem Beruf die größte Freude und womit hast Du bisweilen Schwierigkeiten?

Markus Stier: Das größte Geschenk ist es, gemeinsam mit anderen Menschen etwas zu bewegen. Genau das machen wir in der Entgeltabrechnung. Wir garantieren nicht nur das korrekte Netto auf dem Gehaltszettel, wir sind quasi im Nebenjob auch für die Finanzierung unserer Gesellschaft verantwortlich. Denn schließlich errechnen und führen wir einen Großteil des Steuer- und Beitragsaufkommens ab. Ich glaube, viele sind sich dieser Aufgabe nicht bewusst.

Schwierigkeiten bereitet mir der gesellschaftliche Wandel. Das Anspruchsdenken und das fehlende Verständnis für die Bedürfnisse und Belange der Mitmenschen. Ich spüre in der täglichen Arbeit, dass wir hier einen Weg eingeschlagen haben, der mich beunruhigt.

Die Payroll ist komplex, die künstliche Intelligenz scheint ja nahezu prädestiniert, die Geschicke heutige Sachbearbeiter demnächst zu übernehmen. Hältst Du das für realistisch?

Markus Stier: Auch im Bereich der Entgeltabrechnung wird die künstliche Intelligenz die Prozesse verändern. Das beobachten wir schon heute. Allerdings ist das Steuer- und Sozialversicherungsrecht komplex und umfangreich. Wir werden mit künstlicher Intelligenz keine vollautomatisierte Entgeltabrechnung erreichen, aber wir werden in vielen Punkten eine sinnvolle Ergänzung erhalten, die uns die tägliche Arbeit erleichtern wird. Hier sehe ich eine große Chance für die Berufe in der Entgeltabrechnung.

Wie geht es Dir mit dem Gefühl, neuer Chefredakteur von LOHN+GEHALT zu werden?

Markus Stier: Es erfüllt mich mit unheimlichem Stolz. Die Fachzeitschrift LOHN+GEHALT ist in der Branche eine wichtige Größe. Lieber Markus, Du hast in den letzten Jahren diese Zeitschrift maßgeblich geprägt und zum Erfolg geführt. Ich habe großen Respekt vor dieser neuen Aufgabe. Wir haben ein großartiges Team und unsere Autoren sind Experten in ihrem Fach. Diese Kompetenz ist einzigartig. Ich freue mich auf die neue Aufgabe und ich freue mich auf die Leserinnen und Leser.

Zwei Fachleute in Anzügen diskutieren bei einer Präsentation, vor deren Hintergrund geschäftsbezogene Terminologie und Logos zu sehen sind.

Lieber Markus Matt, nun wechseln wir die Rolle und ich stelle Dir ein paar Fragen. Du hast das Bild der LOHN+GEHALT über Jahre hinweg maßgeblich geprägt. Wie hat sich die Entgeltabrechnung in den letzten Jahren verändert?

Markus Matt: Der technische Fortschritt hat ebenso wie in anderen Branchen den individuellen Leistungsdruck erhöht, insbesondere auf Ebene der Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter. Die zu bearbeitenden Fallzahlen steigen mit Verweis auf die große Hilfe der Maschine tendenziell weiter. Weiterhin verkannt wird der große Aufwand an Zeit, Geduld und Expertise für die vielen Spezial- und Ausnahmefälle. Die relevanten gesetzlichen Regelungen haben sich im letzten Jahrzehnt deutlich verkompliziert und somit den Beratungs- und Erklärungsbedarf noch erhöht. Überhaupt wird die Vielfalt der Aufgaben des „Payrollers“ inzwischen noch weniger gesehen als früher.

Die Anbieterszene hat sich auch verändert, die Tendenz mancher Player zur riskanten Billiglösung ist besorgniserregend. Doch die meisten etablierten Anbieter geben hier mit modernen und gut durchdachten Lösungen die richtige Antwort. Freude macht mir auch manch junges Unternehmen, das mit Fleiß und guten Ideen in die Szene drängt.

Entgeltabrechnung ist geprägt von gesetzlichen Änderungen. Hattest Du in der Zeit auch mal den Wunsch, die Politik aktiv zu gestalten?

Markus Matt: Politik habe ich in meinem früheren Leben eine Weile gemacht und festgestellt, wie mühselig es bei vielen Fragen ist, eine Großzahl an Partikularinteressen zu einer vernünftigen und für die meisten Menschen akzeptablen Lösung zu formen – und diese anschließend ohne größere Schäden der Öffentlichkeit darzulegen. All dies kostet Nerven und viel Zeit, einmal ganz abgesehen von den harten Bandagen insbesondere innerhalb der einzelnen politischen Parteien. Ich weiß nicht, ob ich das reizvoll finden soll.

Wenn Du die Möglichkeit zur gesetzlichen Änderung hättest, was wäre die erste Maßnahme im Bereich der Entgeltabrechnung?

Markus Matt: Da fallen mir viele Dinge ein, insbesondere mit Blick auf den Bereich der Sozialversicherung. Elementar fände ich einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel mit Blick auf die Kranken- und Rentenversicherung.

Ich bin ein Verfechter der Bürgerversicherung – eine Krankenkasse mit exakt denselben Leistungen für alle Bürger, finanziert durch Beiträge aus allen Einkommensarten und nicht nur den Gehältern der abhängig Beschäftigen. Die Einnahmen von Selbstständigen und Beamten würden ebenso mit Beiträgen belegt wie etwa Miet-, Spekulations- und andere Einnahmen. Sehe ich auf unser Rentensystem, frage ich mich ähnliche Dinge. Warum nicht ein System für alle Bürger bauen? Brauchen wir ein steuerfinanziertes Parallelsystem für Beamte und sind all die berufsständischen Versorgungswerke noch zeitgemäß? Sollten zudem nicht alle Selbstständigen in ein einheitliches System einbezogen werden?

Eine ganz persönliche Frage: Fällt Dir der Abschied schwer und wohin führt Dich Dein beruflicher Weg? Bleibst Du der Entgeltabrechnung treu?

Markus Matt: Ich denke, nach elf Jahren ist es gut, einmal etwas Anderes zu machen. Insofern vollziehe ich einen ziemlich harten Kurswechsel und werde künftig in einem komplett anderen Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit machen. Doch werde ich weiterhin in unserer Branche anzutreffen sein, aber nicht mehr in fester Funktion. Man kann auch im Stillen wirken.

Das Interview führten Markus Stier und Markus Matt

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