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Grenzwerte und Bezugsgrößen : Die maßgebenden Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2022

Die maßgebenden Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2022 stehen fest. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen entsprechenden Referentenentwurf veröffentlicht. Dieser wurde am 20.10.2021 von der Bundesregierung beschlossen. Stimmt ihm der Bundesrat zu, treten die Rechengrößen zum 01.01.2022 in Kraft.

Lesezeit 5 Min.
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Die jährliche Anpassung der Rechengrößen der Sozialversicherung ist Folge der Lohn- und Gehaltsentwicklung im jeweiligen Vorjahr. Für 2022 erfolgt die Anpassung gemäß der Einkommensentwicklung im Jahr 2020. Die Rechengrößen wirken sich direkt auf die Beitragsberechnung und die Leistungsansprüche der Versicherten aus. Darüber hinaus dienen sie verschiedenen Werten in der Sozialversicherung als Bezugsgröße bzw. Referenz.

Durchschnittsentgelte in der Sozialversicherung

Das Durchschnittsentgelt in der Sozialversicherung ist der Durchschnitt aller Arbeitsentgelte, die der gesetzlichen Rentenversicherung im vorletzten Jahr gemeldet wurden. Es ist die Quell-Rechengröße der Sozialversicherung: Beispielsweise werden die Rechengrößen für das Jahr 2022 auf Basis des Durchschnittsentgelts für das Jahr 2020 aufgebaut.

Neben dem Durchschnittsentgelt für das vergangene Kalenderjahr bestimmt die Bundesregierung gegen Ende eines jeden Kalenderjahres per SVRechGrV auch das vorläufige Durchschnittsentgelt für das folgende Kalenderjahr (§ 69 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI).

In der Anlage 1 zum SGB VI wird am Ende eines jeden Kalenderjahres das Durchschnittsentgelt des vergangenen Jahres festgeschrieben. Es löst jeweils das bis dahin eingetragene vorläufige Durchschnittsentgelt ab.

Das Durchschnittsentgelt in der Sozialversicherung für 2019 beträgt 39.301 Euro, und das vorläufige Durchschnittsentgelt in der Sozialversicherung für 2021 hat einen Wert von 41.541 Euro.

Tabelle mit dem durchschnittlichen Jahreseinkommen in Deutschland von 2019 bis 2022 nach dem Sozialgesetzbuch VI (SGB VI), Stand 18. Oktober 2021, im Verhältnis

 

Nach § 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2022 beträgt das vorläufige Durchschnittsentgelt in der Sozialversicherung 38.901 Euro.

Bezugsgrößen in der Sozialversicherung

Die Bezugsgröße der Sozialversicherung (§ 18 Absatz 1 SGB IV) ist die zentrale Rechengröße. Sie ergibt sich – soweit nichts anderes bestimmt ist – aus dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt aller Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung des vorvergangenen Kalenderjahres, aufgerundet auf den nächsthöheren durch 420 teilbaren Betrag.

Für die Ost-Bundesländer gibt es eine reduzierte Bezugsgröße der Sozialversicherung (§ 18 Absatz 2 SGB IV). Um sie zu ermitteln, wird die allgemeine Bezugsgröße des vorvergangenen Kalenderjahres durch den für das Kalenderjahr der Veränderung bestimmten Wert der Anlage 10 zum SGB VI geteilt, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag.

Ab dem 01.01.2025 entfällt die Bezugsgröße Ost.

Die Bezugsgröße der Sozialversicherung (West) gilt bundesweit in der Kranken- (KV) und Pflegeversicherung (PV). Die Bezugsgröße für den Rechtskreis Ost hat dagegen nur Bedeutung für die Renten- (RV), Arbeitslosen- (AV) und Unfallversicherung (UV).

Auf die Bezugsgröße beziehen sich wichtige Grenzwerte in der Sozialversicherung. In der gesetzlichen Krankenversicherung ist dies zum Beispiel die Einkommensgrenze für die beitragsfreie Familienversicherung.

Durch die Bezugsgröße soll der allgemeinen Einkommensentwicklung Rechnung getragen werden. Die Rechengrößen der Sozialversicherung, die sich auf die Bezugsgröße beziehen, müssen nicht jährlich angepasst werden.

Bezugsgröße 2022: 39.480 Euro/Jahr

Bezugsgröße Ost:   37.800 Euro/Jahr

bzw. 3.150 Euro/Monat

Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung

Die Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung bestimmen den Betrag, bis zu dem das sozialversicherungspflichtige Arbeitsentgelt eines in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten zur Berechnung der Rentenversicherungsbeiträge herangezogen wird.

Es gibt Beitragsbemessungsgrenzen für die allgemeine und Beitragsbemessungsgrenzen für die knappschaftliche Rentenversicherung.

Die allgemeine Rentenversicherung ist zuständig für die Arbeitnehmer, die kein Mitglied der knappschaftlichen Rentenversicherung sind. Dies sind die meisten Arbeitnehmer.

Die knappschaftliche Rentenversicherung ist hingegen zuständig für Arbeitnehmer, die

  • in einem knappschaftlichen Betrieb tätig sind,
  • ausschließlich oder überwiegend knappschaftliche Arbeiten verrichten, oder
  • bei Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberorganisationen, die berufsständische Interessen des Bergbaus wahrnehmen, oder
  • bei Bergämtern, Oberbergämtern oder bergmännischen Prüfstellen, Forschungsstellen oder Rettungsstellen arbeiten. Speziell für diese Beschäftigten ist entscheidend, dass für sie vor Aufnahme der neuen Beschäftigung für fünf Jahre Beiträge zur knappschaftlichen Rentenversicherung gezahlt wurden.

Die Beitragsbemessungsgrenzen für die allgemeine und die knappschaftliche Rentenversicherung (West) werden am Ende eines jeden Jahres durch die Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für das folgende Jahr festgelegt. Sie werden dabei gemäß § 159 SGB VI an die Lohn- und Gehaltsentwicklung angepasst. Die neu festgelegten Beitragsbemessungsgrenzen werden jeweils in die Anlage 2 zum SGB VI aufgenommen.

Für 2024 werden zum letzten Mal gemäß § 275a SGB VI und § 275b SGB VI die Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung für die Ost-Bundesländer umgerechnet. Der Umrechnungsfaktor der Anlage 10 zum SGB VI wird seit 01.01.2019 schrittweise abgeschmolzen.

Abb. 2 Die maßgebenden Rechengrößen
Abb. 2 Die maßgebenden Rechengrößen

 

Die neu festgelegten Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung (Ost) werden jeweils in die Anlage 2a zum SGB VI aufgenommen.

Für 2022 werden die folgenden Beitragsbemessungsgrenzen in der allgemeinen und in der knappschaftlichen Rentenversicherung festgelegt (§ 3 SVRechGrV für 2022):

a. allgemeine Rentenversicherung (West): 84.600 Euro/Jahr bzw. 7.050 Euro/Monat

b. allgemeine Rentenversicherung (Ost): 81.000 Euro/Jahr bzw. 6.750 Euro/Monat

c. knappschaftliche Rentenversicherung (West): 103.800 Euro/Jahr bzw. 8.650 Euro/Monat

d. knappschaftliche Rentenversicherung (Ost): 100.200 Euro/Jahr und 8.350 Euro/Monat

Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der Krankenversicherung

Die Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der Krankenversicherung bestimmen die Jahresentgelthöhe, ab der für Arbeitnehmer keine Versicherungspflicht mehr zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht. Sie können sich dann entweder freiwillig gesetzlich oder privat kranken- und pflegeversichern.

Es gibt eine allgemeine (§ 6 Abs. 6 SGB V) und die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Absatz 7 SGB V). Letztere gilt für Arbeitnehmer, die zum 31.12.2002 privat kranken- und pflegeversichert waren (§ 6 Abs. 7 SGB V, Bestandsschutz).

Arbeitnehmer, deren voraussichtliches Jahresarbeitsentgelt ab dem Beschäftigungsbeginn über der Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, sind grundsätzlich versicherungsfrei. Wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze jedoch erst im Laufe des Beschäftigungsverhältnisses überschritten, endet die Versicherungspflicht zum Jahresende. In diesem Fall muss allerdings das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt bei vorausschauender Betrachtung auch die für das Folgejahr geltende Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigen.

Die Krankenversicherungsfreiheit endet – abgesehen von einigen Sonderregelungen, die u. a. ältere Arbeitnehmer betreffen –, sobald das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht mehr übersteigt.

Nach § 4 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2022 beträgt die Jahresarbeitsentgeltgrenze 64.350 Euro und die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze 58.050 Euro.

Maßgebende Rechengrößen in der Sozialversicherung für 2022 im Überblick

Maßgebende Rechengrößen
Maßgebende Rechengrößen

Fazit

Die negative Lohn- und Gehaltsentwicklung im Jahr 2020 führt u. a. dazu, dass die Werte für die allgemeine Bezugsgröße und die Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung (West) im Vergleich zum Vorjahr sinken. Durch die gesetzlich festgelegte Rentenangleichung Ost steigen jedoch die Werte für diese Rechengrößen in den neuen Bundesländern.

Die Jahresarbeitsentgeltgrenzen in der Krankenversicherung bleiben 2022 im Vergleich zum Vorjahr unverändert.

Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber für den Bereich der betrieblichen Altersvorsorge eine besondere Regelung treffen wird. Andernfalls hat die sinkende Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) direkte Auswirkungen auf diese Säule der Altersversorgung.

Pamela van den Hövel

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