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Nachhaltige Personalgewinnung : Durch die Augen der Bewerber schauen

Blue-Collar-Fachkräfte sind in vielen Branchen schwer zu finden. Unternehmen, die auf qualifizierte Fachkräfte angewiesen sind, müssen neue Wege gehen, um diese zu gewinnen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist es, den Rekrutierungsprozess aus der Perspektive der Bewerber zu betrachten. Moderne digitale Recruiting-Methoden bieten eine Möglichkeit, auch passive Kandidaten zu erreichen.

Lesezeit 4 Min.

Laut einer Prognose der Deutschen Industrie- und Handelskammer fehlen derzeit rund 440.000 Fachkräfte. Auch in Blue-Collar-Branchen wie der Produktion, Sicherheit oder im Einzelhandel gibt es eine hohe Fluktuation. Auch bei großen Unternehmen wie STRABAG stellt der Fachkräftemangel eine Herausforderung dar. „Das Baugewerbe hat oft einen schlechten Ruf, und viele junge Menschen sind sich der langfristigen Aufstiegsmöglichkeiten nicht bewusst“, sagt Andrea Uffelmann, People & Culture-Partnerin bei STRABAG. Viele ausgebildete Facharbeiter im Tief- und Hochbau könnten sich zum Meister oder geprüften Polier weiterentwickeln. „Tarifgehälter und Jobsicherheit sind in vielen nicht akademischen Berufen nach wie vor von großer Bedeutung“, erklärt Uffelmann. Trotz dieser Perspektiven bleibt die Stellenbesetzung im Blue-Collar-Bereich schwierig. „Fachkräfte bleiben oft in ihren Lehrbetrieben, wenn sie zufrieden sind. Zudem möchten viele in ihrer Region arbeiten, was es schwierig macht, sie für Stellen in anderen Gebieten zu gewinnen.“

Aufgrund der begrenzten Bewerbungseingänge über traditionelle Karriere-Websites setzen immer mehr Unternehmen auf digitale Recruiting Kampagnen. Eine Möglichkeit besteht darin, gezielt über soziale Netzwerke wie Facebook und Instagram Stellenanzeigen zu verbreiten, um auch passiv Suchende zu erreichen. In Zusammenarbeit mit Jobilla, einem Spezialisten für digitales Recruiting, nutzt STRABAG diese Kanäle, um die Reichweite zu erhöhen und gezielt passive Kandidaten anzusprechen.

Der Bewerbungsprozess muss einfach und unkompliziert sein

Um potenzielle Bewerber für eine Bewerbung zu gewinnen, ist es entscheidend, den Bewerbungsprozess möglichst einfach zu gestalten. „Eine umständliche Bewerbung kann dazu führen, dass qualifizierte Kandidaten abspringen und sich bei anderen Unternehmen bewerben. Eine gute Candidate Experience ist entscheidend, um das Interesse zu halten“, erklärt Cristhianne Sobral, Key-Account-Managerin bei Jobilla. Dabei ist es auch wichtig, den Bewerbungsprozess an die Bedürfnisse der Zielgruppe anzupassen. Für viele nicht akademische Fachkräfte sind einfache, klare Formulierungen und eine direkte Ansprache oft hilfreicher als komplexe Bewerbungsprozesse. In vielen Fällen können Bewerber den ersten Schritt im Prozess ohne Lebenslauf oder andere umfangreiche Unterlagen gehen, was die Hürden für eine Bewerbung deutlich senkt.

Ein weiteres Tool, das in der digitalen Rekrutierung zum Einsatz kommt, ist der Recruiting-Test. Mit kurzen, zielgruppenspezifischen Fragen können Bewerber schnell testen, ob sie zum Unternehmen und der ausgeschriebenen Stelle passen. „Diese Tests ermöglichen eine schnelle Einschätzung, ob ein weiterführender Bewerbungsprozess sinnvoll ist, und helfen, die richtigen Kandidaten anzusprechen“, so Stefan Berger, Customer Success Manager bei Jobilla.

Fokus auf eine gute Candidate Experience

Nach der Bewerbung erfolgt eine zeitnahe Rückmeldung. Kandidaten, die eine positive Rückmeldung erhalten, werden innerhalb kurzer Zeit zu einem ersten Interview eingeladen. „Schnelle Reaktionszeiten und transparente Kommunikation sind entscheidend, um die Kandidaten im Prozess zu halten und ihre Erfahrungen positiv zu gestalten“, sagt Andrea Uffelmann. In der Praxis zeigt sich, dass Bewerber sich mehr geschätzt fühlen, wenn sie wissen, wie der weitere Verlauf des Prozesses aussieht.

Ein schneller, unkomplizierter Bewerbungsprozess ist nicht nur für die Bewerber vorteilhaft, sondern reduziert auch den administrativen Aufwand für Unternehmen. In vielen Fällen können Kandidaten bereits innerhalb weniger Wochen ein Vertragsangebot erhalten. Wenn ein Bewerber grundsätzlich zum Unternehmen passt, aber nicht für die Stelle umziehen möchte, wird geprüft, ob er in einer anderen Region eingesetzt werden kann.

Der Einsatz von KI im Recruiting

Ein weiterer wichtiger Trend im digitalen Recruiting ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Mithilfe von KI-gestützten Tools können Unternehmen gezielt passive Stellensuchende auf sozialen Medien ansprechen und die Reichweite ihrer Kampagnen optimieren. KI hilft dabei, mehr über die Zielgruppe zu erfahren – etwa über deren Wechselbereitschaft oder die Faktoren, die für sie bei einer Jobentscheidung wichtig sind. „Der Meta-Algorithmus hilft uns, potenziell interessante Kandidaten weiter einzugrenzen und die Kampagne entsprechend fortlaufend zu justieren“, erklärt Cristhianne Sobral. So lässt sich der Recruiting-Prozess fortlaufend anpassen und optimieren.

Durch den Einsatz von KI können Unternehmen den Recruiting-Prozess zudem effizienter gestalten und den Suchradius vergrößern. Dies kann vor allem dann von Vorteil sein, wenn es für bestimmte Stellen nicht genügend Bewerber gibt und auch potenzielle Quereinsteiger angesprochen werden sollen.

Kandidatenorientierung als Schlüssel zum Erfolg

Ein wesentlicher Bestandteil erfolgreicher Recruiting-Strategien ist die Fokussierung auf die Bedürfnisse der Bewerber. Unternehmen, die die für ihre Zielgruppe relevanten Benefits klar kommunizieren – etwa die Sicherheit eines Gehalts in einer stabilen Branche oder ein gesundheitsförderndes Arbeitsumfeld – erhöhen ihre Chancen, die richtigen Kandidaten zu gewinnen. „Neben einem sicheren Gehalt in einer zukunftsträchtigen Branche können wir unter anderem als gesundheitsbewusster Arbeitgeber mit einem tollen betrieblichen Gesundheitsmanagement punkten“, erklärt Andrea Uffelmann.

Ein konsistenter, kandidatenorientierter Prozess, der transparent und unkompliziert gestaltet ist, hat sich als besonders erfolgversprechend erwiesen. So konnten im vergangenen Jahr durch den Einsatz von digitalen Recruiting-Kampagnen zahlreiche Stellen im Blue-Collar-Bereich erfolgreich besetzt werden.

Annette Neumann, freie Journalistin, Berlin

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