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Reisekosten bei Aufsuchen einer Bildungseinrichtung

Das Finanzgericht Niedersachsen befasste sich mit Urteil vom 20.09.2023 zum Aktenzeichen 4 K 20/23 mit der Frage, wann eine Bildungsstätte „außerhalb des Dienstverhältnisses“ nach § 9 Abs. 4 S. 8 EStG zum Zwecke eines Vollzeitstudiums bzw. einer Vollzeitbildungsmaßnahme aufgesucht wird. In diesem Fall handelt es sich um die erste Tätigkeitsstätte.

AllgemeinLohnsteuerrecht
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Foto: © stock.adobe.com/Rido

Hintergrund: Gesetzliche Regelungen zur ersten Tätigkeitsstätte

Das Finanzgericht Niedersachsen befasste sich mit Urteil vom 20.09.2023 zum Aktenzeichen 4 K 20/23 mit der Frage, wann eine Bildungsstätte „außerhalb des Dienstverhältnisses“ nach § 9 Abs. 4 S. 8 EStG zum Zwecke eines Vollzeitstudiums bzw. einer Vollzeitbildungsmaßnahme aufgesucht wird. In diesem Fall handelt es sich um die erste Tätigkeitsstätte.

Meistervorbereitungskurs als Bildungsmaßnahme

Im entschiedenen Sachverhalt besuchte der Arbeitnehmer einen Meistervorbereitungskurs. Die Aufwendungen für die einzelnen Module trug er selbst. Sein Arbeitsverhältnis bestand währenddessen fort. Er absolvierte die Meisterprüfung erfolgreich. Die Aufwendungen für den in mehrere Module aufgeteilten Kurs trug der Arbeitnehmer selbst. Die Teilnahme an den Lehrgängen war möglich, weil er Urlaub oder unbezahlten Urlaub nahm. Zudem erhielt er zehn Tage Bildungsurlaub.

Reisekosten und Werbungskosten in der Einkommensteuererklärung

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machte der Arbeitnehmer die Fahrten hin und zurück zur Meisterschule sowie Verpflegungspauschalen für jeden Tag des Besuches als Reisekosten geltend. Zudem setzte er die Gebühren und das Lehrmaterial für den Kurs als Werbungskosten an.

Entscheidung des Finanzgerichts: Entfernungspauschale statt Reisekosten

Das Finanzamt hat die Reisekosten nicht anerkannt. Stattdessen wurde nur die Entfernungspauschale berücksichtigt, da die Meisterschule eine erste Tätigkeitsstätte sei. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht. Nach Ansicht der Richter des Finanzgerichts hat der Arbeitnehmer die Bildungsstätte „außerhalb des Dienstverhältnisses“ aufgesucht. Die aufgesuchte Bildungseinrichtung ist erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers, sodass die weitergehende Berücksichtigung von Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen ausscheidet.

Erste Tätigkeitsstätte nach § 9 Abs. 4 EStG

Unter einer ersten Tätigkeitsstätte werden ortsfeste betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers verstanden, so § 9 Abs. 4 Sätze 1ff. EStG. Als erste Tätigkeitsstätte gilt auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer Vollzeitbildungsmaßnahme aufgesucht wird. Dies regelt § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG.

Voraussetzungen für die erste Tätigkeitsstätte bei Vollzeitbildungsmaßnahmen

Nach Ansicht der Richter ist die zum Zwecke des Meisterkurses besuchte Einrichtung unter diese Regelung zu fassen. Die Teile 1 und 2 des Meistervorbereitungslehrgangs waren eine vollzeitige Bildungsmaßnahme. Eine vollzeitige Bildungsmaßnahme in diesem Sinne liegt vor, wenn die berufliche Fort- oder Ausbildung typischerweise darauf ausgerichtet ist, dass sich der Steuerpflichtige ihr zeitlich vollumfänglich widmen muss und die Lerninhalte vermittelnden Veranstaltungen jederzeit besuchen kann.

Teilnahme an Bildungsmaßnahmen außerhalb des Dienstverhältnisses

Die Bildungsmaßnahme fand auch außerhalb eines Dienstverhältnisses statt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich noch nicht dazu geäußert, unter welchen Voraussetzungen eine Bildungsstätte außerhalb bzw. innerhalb eines Dienstverhältnisses aufgesucht wird. Unproblematisch wird nach Ansicht der Richter die Bildungseinrichtung jedenfalls dann außerhalb eines Dienstverhältnisses besucht, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich in keinem Dienstverhältnis steht.

Praxishinweis: Urteil und Revision

Es lag folglich eine erste Tätigkeitsstätte vor. Im Ergebnis konnte der Arbeitnehmer damit nur die Entfernungspauschale und auch keine Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen. Praxishinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil ist Revision erhoben worden. Das Aktenzeichen lautet VI R 18/23. In vergleichbaren Fällen sollte Einspruch erhoben und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.

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