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Management /// Betriebliche Altersversorgung : Garantiekonzepte in der bAV

Momentan ist Verschnaufpause angesagt. Der Markt und die kriselnden Euro-Staaten sind mit Geld zugeschüttet worden. Allerdings nur auf Zeit. Auch die Altersversorgung – als Lohn eines ausgefüllten Arbeitslebens – sollte dauerhaft sicher sein. Der nachfolgende Beitrag will deshalb aufklären, provozieren und sensibilisieren. Die neue Zielrente ohne Garantien und mit spekulativen Geldanlagen ohne Haftung der Beteiligten ist eine interessante (Lobby-)Lösung. Denn das neue Jahr ist auch zum Nachdenken über die richtigen Wege da.

Haftung kann für Sie teuer werden …

In Deutschland haben etwa 18 Millionen Arbeitnehmer entsprechende Abschlussmöglichkeiten einer Entgeltumwandlung im Rahmen des Betriebsrentengesetzes. Aber wussten Sie, dass Sie als Arbeitgeber bzw. Personalverantwortlicher die volle Verantwortung für den umgewandelten Betrag und dessen Schicksal im Rahmen des Durchführungsweges haben? Die Leitsätze des Bundesarbeitsgerichtes in verschiedenen Urteilen betrachten den umgewandelten Betrag – auch den aus der Gehaltsumwandlung – weiterhin als (vorenthaltenen) Arbeitslohn, für den Sie als Arbeitgeber (Schuldner des Arbeitsentgeltes) haften müssen, insbesondere dafür, dass der Betrag richtig, rechtssicher und wenigstens Wert erhaltend angelegt wird. Beispielsweise ist es in den Durchführungswegen Unterstützungskasse und Pensionsfonds für Arbeitgeber zu erheblichen Nachschussverpflichtungen gekommen, um Wertverluste (z. B. durch Finanzkrise und fehlerhafte Geldanlage der Anbieter) aufzufangen.

Besonderheiten für die betriebliche Altersversorgung

Im Lebensversicherungsgeschäft, das gerade oft aus steuerlichen Aspekten interessant ist, sinkt die Nachfrage nach klassischen Produkten deutlich, da die Garantiezinsen durch mangelnde Ertragschancen drastisch gesunken sind. Der Garantiezins (richtiger: gesetzlicher Höchstrechnungszins) in Deutschland auf den Sparanteil einer Lebensversicherung (Beitrag nach Abzug von Risiko- und Kostenanteil) beträgt inzwischen sage und schreibe 0,9 Prozent pro Jahr. In den Jahren 1995 bis 2000 betrug dieser Zinssatz immerhin vier Prozent per annum. Nachfolgende Übersicht gibt einen kleinen Eindruck zur historischen Entwicklung:

Jahr der Gültigkeit

Garantiezins/Höchstrechnungszins pro Jahr

Jahr der Gültigkeit

3,00 %

1942 bis Juni 1986

3,50 %

Juli 1986 bis Juni 1994

4,00 %

Juli 1994 bis Juni 2000

3,25 %

Juli 2000 bis Dezember 2003

2,75 %

Januar 2004 bis Dezember 2006

2,25 %

Januar 2007 bis Dezember 2011

1,75 %

seit Januar 2012

1,25 %

seit 01.01.2015 bis 31.12.2016

0,90 %

ab 01.01.2017

Damit wird eine Alters- und Hinterbliebenenvorsorge zur Sicherung eines angemessenen Lebensstandards spürbar teurer.

Neuer Wein in alten Schläuchen?

Die Versicherungswirtschaft sucht Lösungen, die den Kunden mit mehr Rendite ködern, aber auch einiges an Sicherheit versprechen. Moderne Lebensversicherungsprodukte sind hier unter anderem die „Variable Annuities“ und „Fondsprodukte mit Garantie“. Bei „Variable Annuities“ wird über Umschichtung (Hedging) von Börsenprodukten inklusive Derivaten eine höhere Rendite erhofft und bestimmte Garantien ausgesprochen. Am Markt sind auch verschiedene Fondsprodukte mit Garantien (z. B. Höchststand, Ablaufsumme, Beitragserhalt) mit unterschiedlich starrer oder flexibler Fondsauswahl. Einige Produkte habe schöne Versprechungen – aber selbst der Marktführer Allianz ist mit seinem Produkt „Index Select“ von der Verbraucherzentrale Hamburg wegen irreführender Angaben über Börsenchancen verklagt worden.

Hinweis

Hinweis

Gerade bei der betrieblichen Altersversorgung, die ja letztendlich eine klassische Lebens- oder Rentenpolice ist, für die allerdings der Arbeitgeber weitestgehend haftet, muss der Personalverantwortliche genau das Kleingedruckte des Produktes prüfen und einerseits einen finanzstarken Anbieter auswählen – der auch Verluste bei Börsencrashs zugunsten der Garantien ausgleichen kann – sowie die Sinnhaftigkeit eines börsenorientierten Produktes zur Deckung von Versorgungslücken prüfen, da der alte Grundsatz „Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach“ auch hier Geltung entfaltet. Bei der betrieblichen Altersversorgung ist, auch wenn dies nur für öffentliche Unternehmen Pflicht ist, eine Ausschreibung angeraten, um mehr Einfluss auf das Produkt und die Anbieterauswahl zu erhalten.

Auszahlungshöhe ungewiss

Die Auszahlung bei einer betrieblichen Altersversorgung setzt sich aus den Garantiebausteinen zusammen, also

  • der garantierten Kapitalleistung oder Rentenzahlung (die sich aus dem Garantiezins ergibt) zuzüglich
  • einer Überschussbeteiligung als Einmalzahlung oder als sogenannte Gewinnrente, aber nur, wenn der Versicherer Gewinne oberhalb der Garantiezinsen macht. Dies fällt bei garantierten Zinsen von bis zu vier Prozent momentan schwer.

Die Folge ist, dass die Überschussleistungen dramatisch sinken.

Hinweis

Hinweis

Als Personalverantwortlicher prüfen Sie bitte die jährlichen Standmitteilungen des Anbieters, die zu jedem Einzelvertrag erstellt werden müssen, um die Effizienz und Rendite Ihres bAV-Unternehmens zu prüfen.

Achten Sie außerdem darauf, welcher Betrag dem Mitarbeiter von Ihnen – dem Arbeitgeber – zugesagt wurde. Viele machen den Fehler, die prognostizierte Gesamtleistung anzugeben. Hier ist lediglich eine Zusage in Höhe der garantierten Renten bzw. Kapitalauszahlungen bzw. eine entsprechende beitragsorientierte Leistungszusage angeraten.

Denken Sie aber daran: Prüfen Sie, ob am Laufzeitende alle Beiträge plus Inflationsausgleich (zwischen zwei bis drei Prozent aktuell, Tendenz steigend) erhalten bleiben, sonst sind Sie für die Differenz in der Haftung!

Im Moment sinken bzw. stagnieren die Gesamtrenditen der Lebens- und Rentenversicherungen. Die aktuelle durchschnittliche Überschussdeklaration aus Dezember 2018 liegt bei 2,48 Prozent. Einige Versicherer (laut Angaben des Finanzministeriums jeder fünfter Anbieter am Markt) sind schon heute nicht mehr in der Lage, die Altverträge mit bis zu vier Prozent Garantiezinsen zu bedienen, und greifen auf alle verfügbaren Reserven zurück, die natürlich auch endlich sind.

Die Wundertüte Zielrente

Der Paragraf 3 Nr. 63 EStG ist ab 01.01.2018 dahingehend geändert worden, dass in Zukunft bis zu acht Prozent der BBG GRV West jährlich steuerfrei (520 Euro monatlich) in Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen eingebracht werden könnten. Sozialabgabenfrei wären aber weiter nur vier Prozent p. a. Die daraus entstehende Betriebsrente bliebe aber für gesetzlich Kranken- und Pflegeversicherte weiterhin in der Regel beitragspflichtig.

Das Allheilmittel für eine

  • Erhöhung der Betriebsrentenquote
  • Entlastung des Arbeitgebers von der Haftung
  • Befreiung der Versicherer von Garantieversprechen und
  • weiter möglich sinkende gesetzliche Rente ist die Ziel- oder Sozialpartnerrente.

Eine betriebliche Rente als 6. Durchführungsweg, der gänzlich von den Tarifparteien als reine Beitragszusage („Tarifrente“ ohne Garantien für den Arbeitnehmer als sogenannte „Wunsch- oder Zielrente“) ausgestaltet wird und als Referenz bzw. durch Allgemeinverbindlichkeit fuer eine Vielzahl von Unternehmen einer Branche gelten könnte. Sofern der Arbeitgeber Sozialbeiträge spart, muss er ab 01.01.2019 für Neuverträge 15 Prozent an den Arbeitnehmer bzw. die Versorgungseinrichtung weiterreichen.

Im März 2018 drängten die ersten Produkte auf den Markt. Natürlich fondsgebunden. Natürlich mit den großen Versprechen, dass an der Börse viel zu verdienen ist. Als Anlageklassen werden Aktien, Anleihen und Rohstoffe angeboten und die zusätzlichen Arbeitgeberbeiträge (Sozialabgaben, Enthaftungsgebühr, Eintrittsgebühr) sollen Kosten und Schwankungen decken. Aber eine kalkulierbare Altersrente gibt es nicht. Dafür fixe Kosten. Da will man doch gleich abschließen – oder?

Handlungsoptionen

„Prüfen Sie Ihre alten und neuen Verträge, Zusagen und Anbieter auf Herz und Nieren und holen Sie sich dazu einen neutralen Berater; der Anbieter selbst und seine Vermittler können hier nur bedingt – im Rahmen der eigenen Interessenlage – helfen.

Experten rechnen mit Umschichtungen von Kapital zwischen starken/solventen und weniger starken Lebensversicherern, was die Krise bei den schwachen Marktplayern verschärfen wird.

Schauen Sie, ob Sie von der Sozialpartnerrente im ersten Schritt (Tariflösung) oder im 2. Schritt (Allgemeinverbindlichkeit) betroffen sein könnten, und gehen Sie eigene Wege mit hoher Belegschaftsdurchdringung.

Denken Sie daran: wir sind nicht nur verantwortlich für das was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun!

Ein Schwarzweißporträt einer Person mit Brille, dunklem Anzug und heller Krawatte ruft die Professionalität hervor, die oft mit beratenden Themen wie betrieblicher Altersversorgung assoziiert wird. Die Person mit Schnurrbart und Haltung vor einem dunklen Hintergrund blickt mit Autorität direkt in die Kamera.

Andreas Nareuisch
Betriebs- und Finanzfachwirt und Bundessachverständiger, Berlin

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