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Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen : Übernahme von Fort- und Weiterbildungskosten durch den Arbeitgeber

Aufgrund der immer schneller notwendigen Anpassungen von Arbeitsabläufen und der nun doch stattfindenden vermehrten Digitalisierung ergeben sich immer öfter Überlegungen, Arbeitnehmer mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zu unterstützen. Doch inwieweit ist die Übernahme der Kosten solcher Maßnahmen steuerfrei? Dazu werden in diesem Artikel die aktuell gültigen Regelungen dargestellt.

Lesezeit 7 Min.
Stapel von Münzen auf einer Holzoberfläche im Zusammenhang mit Personalmanagement mit einem verschwommenen Bücherregal im Hintergrund.

Durch das „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vom 12.12.2019 (BGBl. I Nr. 48 S. 2451) wurde in § 3 Nr. 19 EStG Folgendes geregelt:

„[Steuerfrei sind] Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers für Maßnahmen nach § 82 Absatz 1 und 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sowie Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen. Die Weiterbildung darf keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben.“

Dadurch ist gesetzlich klargestellt, dass

  • Maßnahmen, die nach § 82 Absatz 1 und 2 SGB III von der Agentur für Arbeit gefördert werden, stets steuerfrei sind;
  • Aufwendungen des Arbeitgebers für bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen beim Arbeitnehmer steuerfrei sind, wenn es sich um Maßnahmen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers handelt.

Voraussetzung dafür ist, dass Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden, die über die arbeitsplatzbezogene Förderung hinausgehen oder die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit dienen. Das sind Maßnahmen, die eine Anpassung und Fortentwicklung der beruflichen Kompetenzen des Arbeitnehmers ermöglichen und somit zur besseren Begegnung der beruflichen Herausforderungen beitragen.

Die Leistungen des Arbeitgebers dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben.

Für ein ganz überwiegendes eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an den übernommenen Studiengebühren müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Es darf sich nicht um eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium als Erstausbildung handeln. Das ist bei beruflichen Fort- und Weiterbildungsleistungen regelmäßig nicht der Fall ist.
  • Das berufsbegleitende Studium muss beruflich veranlasst sein. Es muss ein beruflicher Bezug zwischen dem Studium und der Tätigkeit des Arbeitnehmers bestehen.
  • Durch das Studium soll die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers erhöht bzw. verbessert werden.

Wird die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme vom Arbeitgeber zumindest teilweise als Arbeitszeit des Arbeitnehmers berücksichtigt, ist das ein starkes Indiz für ein ganz überwiegend betriebliches Interesse des Arbeitgebers und damit für die Steuerfreiheit der Leistungen. Es dürfen jedoch keine Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich ein Belohnungscharakter ergibt.

Es ist unerheblich,

  • wer die Fort- oder Weiterbildungsmaßnahme genehmigt, d. h. ob das der unmittelbare Vorgesetzte, ein Führungsverantwortlicher, die Abteilung Personalentwicklung, die Personalabteilung, der Abteilungsleiter oder die Fachabteilung ist. Das ist eine organisatorische Regelung des Unternehmens;
  • wo die Bildungsmaßnahme durchgeführt wird (z. B. im Betrieb, in einer Bildungseinrichtung, vom Homeoffice aus);
  • ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer Schuldner der Weiterbildungskosten ist, d. h. wer als Adressat im Vertrag und auf den Rechnungen steht.

ABER:

Werden die Studiengebühren vom Arbeitnehmer geschuldet, muss der Arbeitgeber schon vor Beginn der Maßnahme die Übernahme zukünftig entstehender Studiengebühren schriftlich zugesagt haben (R 19.7 Abs. 1 Satz 4 Lohnsteuerrichtlinien (LStR)). Außerdem muss sich der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer die Originalrechnungen vorlegen lassen und darauf die Höhe der Kostenübernahme angeben. Dadurch soll ein Werbungskostenabzug durch den Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuerveranlagung und damit im Ergebnis eine doppelte steuerliche Berücksichtigung (steuerfreie Übernahme durch den Arbeitgeber einerseits und Werbungskostenabzug andererseits) verhindert werden. Eine Kopie der mit der Eintragung der übernommenen Kosten ergänzten Originalrechnung ist vom Arbeitgeber als Beleg zum Lohnkonto aufzubewahren.

Für die steuerliche Beurteilung ist nicht ausschlaggebend, wann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Kosten erstattet, sondern die bereits dargestellten Kriterien, nicht der Zeitpunkt der Bezahlung. Der Zufluss-Zeitpunkt spielt nur dann eine Rolle, wenn die Leistung steuerpflichtig ist. Ansonsten ist es unerheblich, ob die Erstattung der Kosten kontinuierlich jeweils nach Vorlage der Belege erfolgt oder insgesamt erst nach erfolgreichem Abschluss der Maßnahme, z. B. erst nach Bestehen der Prüfung. Wann die Zahlung durch den Arbeitgeber erfolgt, ist eine arbeitsrechtliche Regelung. Ist die Übernahme der Kosten steuerpflichtig (siehe dazu weiter unten), erfolgt die Versteuerung nach dem Zuflussprinzip in dem Monat, in dem der Arbeitgeber die Kosten tatsächlich erstattet.

Ob der Arbeitgeber die Kosten der Fort- und Weiterbildung zu 100 Prozent oder nur anteilig erstattet, ist ebenfalls nicht ausschlaggebend für die steuerliche Beurteilung. Dafür sind die bereits dargestellten Kriterien maßgeblich, nicht der Anteil der Kostenübernahme. Wenn die Leistung steuerpflichtig ist, ist nur der tatsächlich übernommene Teil steuerpflichtig. Allerdings spricht ein höherer vom Arbeitgeber übernommener Anteil eher für das ganz überwiegende betriebliche Interesse.

Aus steuerlicher Sicht kommt es für die Annahme eines ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers nicht darauf an, ob und, wenn ja, in welchem Umfang der Arbeitgeber die übernommenen Kosten vom Arbeitnehmer arbeitsrechtlich zurückfordern kann (z. B. bei einem Ausscheiden aus dem Unternehmen, bei Nicht-Bestehen der Prüfung, bei vorzeitigem Abbruch der Maßnahme durch den Arbeitnehmer). Das ist allein eine arbeitsrechtliche Entscheidung des Arbeitgebers, die jedoch in der Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Kostenübernahme eindeutig geregelt sein muss. Hierzu sei darauf hingewiesen, dass es zu gültigen bzw. ungültigen Rückzahlungsklauseln für Fort- und Weiterbildungskosten eine entsprechende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gibt.

Bei vom Arbeitgeber im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses übernommenen Studiengebühren ergibt sich aus dem heute noch gültigen BMF-Schreiben vom 13.04.2012, dass dies eine Leistung im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse ist. Schuldet in diesem Fall der Arbeitnehmer die Studiengebühren, muss sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich zur Übernahme verpflichtet haben und diese im arbeitsrechtlich zulässigen Umfang zurückfordern können, wenn der Arbeitnehmer das ausbildende Unternehmen auf eigenen Wunsch innerhalb von zwei Jahren nach dem Studienabschluss verlässt.

Erfolgt die Weiterbildungsmaßnahme nicht im ganz überwiegend betrieblichen Interesse des Arbeitgebers, liegt steuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn vor, der nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten ist. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer die als Arbeitslohn versteuerten Kosten in seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen, entweder als Werbungskosten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 EStG, R 9.2 LStR) oder als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG).

Stapel von Goldmünzen, die immer höher werden, vor einem verschwommenen Hintergrund aus Bücherregalen, symbolisieren das potenzielle Wachstum von Humanressourcen und Wohlstand.

Werden die an sich steuerpflichtigen Kosten nicht erstattet, weil die Maßnahme nicht erfolgreich abgeschlossen wurde (z. B. die Prüfung nicht bestanden wurde), ergibt sich mangels Zufluss keine Versteuerung. Auch in diesem Fall kann der Arbeitnehmer die von ihm getragenen Kosten in seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen.

Eine Abgrenzungshilfe ist das Prüfschema am Ende des BMF-Schreibens vom 13.04.2012. Reisekosten in Verbindung mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sind im Rahmen des § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei, unabhängig davon, ob die Kostenübernahme steuerfrei oder steuerpflichtiger Arbeitslohn ist.

Wenn gemäß den betriebsinternen Regelungen für eine finanzielle Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen:

  • Ausgangspunkt das Interesse des Unternehmens ist sowie
  • eine zumindest teilweise Anrechnung auf die Arbeitszeit durch eine Reduzierung der Arbeitszeit bzw. eine bezahlte Freistellung vorgenommen wird und
  • die Maßnahme einen unmittelbaren Bezug zu einem eindeutig definierten Unternehmenszweck hat,

kann man vom ganz überwiegend betrieblichen Interesse ausgehen und damit von einer Steuerfreiheit der übernommenen Kosten.

Eventuelle Rückzahlungsklauseln sind für diese steuerliche Beurteilung unerheblich.

Liegt ein konkret beschriebener fachlicher Unternehmensbedarf vor, ergibt sich schon daraus das ganz überwiegend betriebliche Interesse und damit die Steuerfreiheit der übernommenen Kosten.

Auch wenn das Studium außerhalb der regulären Arbeitszeit durchgeführt werden muss, aber für eine bestimmte Anzahl von Tagen eine bezahlte Freistellung erfolgt (z. B. pro Studienjahr, für die Prüfungszeiten, für die gesamte Maßnahme), wäre das ein Indiz für das ganz überwiegend betriebliche Interesse und würde zur Steuerfreiheit der übernommenen Kosten führen.

Die Zahlung eines Bonus zusätzlich zu den (anteilig) übernommenen Kosten ist stets steuer- und sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn, da es sich um eine Belohnung für den erfolgreichen Abschluss handelt. Wenn jedoch die Erzielung individueller Vorteile des Mitarbeiters im Vordergrund steht, führt das als Belohnungscharakter zur Steuer- und damit auch Sozialversicherungspflicht der Leistungen. In diesem Fall reicht es nicht aus, dass „auch“ ein Nutzen für das Unternehmen erzielt werden soll. Für ein ganz überwiegend betriebliches Interesse und damit die Steuerfreiheit der übernommenen Kosten wäre es notwendig, dass primär bzw. überwiegend der Nutzen für das Unternehmen eine Rolle spielt und sich sozusagen nur nebenbei ein Vorteil für den Arbeitnehmer ergibt.

Eine zumindest teilweise bezahlte Freistellung bzw. Anrechnung auf die Arbeitszeit wäre eigentlich ein Indiz für das ganz überwiegend betriebliche Interesse und würde zur Steuerfreiheit der übernommenen Kosten führen, jedoch nur, wenn nicht die Vorteilsverschaffung für den Arbeitnehmer im Vordergrund der Begründung der Maßnahme steht.

Ist die Kostenübernahme steuer- und damit auch sozialversicherungspflichtig, muss das über die Entgeltabrechnung abgewickelt werden. Da sich eine Steuerfreiheit ausdrücklich aus § 3 Nr. 19 EStG ergibt, ist auch dieser Betrag im Lohnkonto zu dokumentieren, also am einfachsten durch Auszahlung über die Entgeltabrechnung mit einer entsprechenden steuerfreien Lohnart. Es handelt sich nicht um einen nicht steuerbaren Bezug, sondern um Arbeitslohn, der aufgrund einer speziellen Regelung steuerfrei ist.

Wird die Bezahlung vom Rechnungswesen direkt an den Mitarbeiter vorgenommen, ist das auf jeden Fall im „Lohnkonto“ aufzuzeichnen – das ist aber nicht zwingend das „Lohnkonto“ im Abrechnungssystem, sondern die gesamten steuer- und sozialversicherungsrecht Lohnunterlagen.

Der erstattete Betrag muss aber auf jeden Fall auf der Originalrechnung vermerkt werden. Davon ist eine Kopie ebenfalls in den Lohnunterlagen aufzubewahren. Das spricht insgesamt dafür, dass die Auszahlung organisatorisch besser über die Entgeltabrechnung erfolgt.

Thomas Fromme, Steuerberater, Mitglied des alga-Competence-Centers und Leiter der ARGEn Entgeltabrechnung, Bremen

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