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Experten antworten 2/2022

Lesezeit 4 Min.
Silhouetten von Figuren in einem Moment der Personalvernetzung vor grünem Hintergrund.

rvBEA – Bescheinigungen elektronisch anfordern und annehmen

Seit dem 01.01.2022 ist das rvBEA-Verfahren für die Arbeitgeber verpflichtend. Könnte der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber in Verbindung mit der 57er-Meldung noch untersagen, die Daten zu melden?

Die Anforderung einer 57er-Meldung erhält der Arbeitgeber von der Rentenversicherung über den Kommunikationsserver. Der Rentenversicherungsträger darf beim Arbeitgeber die Daten nur anfordern, wenn der Betroffene seine Einwilligung gegeben hat. D. h. bei der Rentenversicherung muss der Arbeitnehmer (Rentenantragsteller) gefragt werden, ob er mit der Anforderung der Daten beim Arbeitgeber einverstanden ist. Der Arbeitnehmer muss somit direkt der Rentenversicherung seine Einwilligung geben.

Auf dem Rentenantrag R0100 der Deutschen Rentenversicherung kann unter 9.4.1 nach wie vor angekreuzt werden:

  • Die Anforderung der Gesonderten Meldung für eine Hochrechnung soll durch den Rentenversicherungsträger erfolgen oder
  • eine Hochrechnung soll unterbleiben (die Meldung zum Beschäftigungsende bitte abwarten).

Wenn der Arbeitgeber von der Rentenversicherung die Aufforderung zur Übermittlung der Daten bekommt, kann/muss er davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer bei der Rentenversicherung seine Einwilligung zur Datenübermittlung gegeben hat. Der Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber nicht untersagen, die Daten zu melden. Das muss im Vorfeld bei der Rentenversicherung geklärt werden.

Das Verfahren setzt natürlich voraus, dass der Arbeitnehmer vom Rentenversicherungsträger entsprechend aufgeklärt und darauf hingewiesen wird, dass er seine Einwilligung für die Datenübermittlung geben kann oder auch nicht.

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Pauschalversteuerung Arbeitgeberzuschuss für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte

Laut BMF-Schreiben vom 18.11.2021 ist die Vereinfachungsregelung mit 15 Tagen pro Monat für die Pauschalversteuerung eines Arbeitgeberzuschusses gem. § 40 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) mit 15 Prozent nicht mehr anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer arbeitsrechtlichen Festlegung typischerweise an weniger als an fünf Tagen pro Woche an der ersten Tätigkeitsstätte tätig sein soll. Welche Auswirkungen hat das auf eine zeitlich befristete Homeoffice-Tätigkeit? Wäre das als arbeitsrechtliche Festlegung zu interpretieren?

Seit dem 01.01.2022 ist die Anwendung der Vereinfachungsregelung mit dem pauschalen Ansatz von monatlich 15 Tagen nicht mehr zulässig, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegung an weniger als fünf Arbeitstagen in der Kalenderwoche an der ersten Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Die Arbeitstage reduzieren sich verhältnismäßig in Abhängigkeit von der getroffenen arbeitsrechtlichen Festlegung. Maßgeblich für die Beurteilung ist immer eine in die Zukunft gerichtete Prognose. Bei einer Änderung der Verhältnisse hat eine neue Prognose zu erfolgen. Bei jeder arbeitsrechtlichen Änderung ist somit eine neue Prognose durchzuführen und die Anzahl der Arbeitstage pro Kalenderwoche für die Zukunft neu zu berechnen.

Davon betroffen ist auch eine (zeitlich befristete) Homeoffice-Tätigkeit. Wenn vom Arbeitgeber festgelegt wurde, dass zunächst z. B. befristet bis Ende März die Tätigkeit im Homeoffice ausgeübt werden soll, sind die Tage mit 0 anzusetzen und es kann keine Pauschalversteuerung vorgenommen werden. Legt der Arbeitgeber anschließend fest, dass der Arbeitnehmer ab Anfang April seine Tätigkeit wieder im Unternehmen auszuüben hat, hat eine erneute Prognose in die Zukunft zu erfolgen. Bei einer vereinbarten Fünf-Tage-Woche können dann monatlich 15 Arbeitstage für die Pauschalversteuerung angesetzt werden; bei einer vereinbarten Drei-Tage-Woche wären dies neun Tage (3/5 von 15 = 9 Tage).

Die neun Tage würden z. B. auch dann gelten, wenn der Arbeitnehmer eine Fünf-Tage-Woche hat, aber vereinbart ist, dass zwei Tage in der Woche im Homeoffice gearbeitet wird.

Die Frage, wo der Arbeitnehmer seine Tätigkeit zu verrichten hat, bedarf immer einer arbeitsrechtlichen Regelung, da der Arbeitgeber das Direktionsrecht hat. Wenn der Arbeitgeber eine vom Gesetzgeber „verordnete“ Homeoffice-Pflicht (§ 28b Abs. 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG)) an seine Arbeitnehmer weitergibt, ist das auch eine arbeitsrechtliche Regelung.

Experten antworten 2
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Neues Zusätzlichkeitserfordernis im Beitragsrecht

Welche Auswirkungen hat das Besprechungsergebnis vom 11.11.2021 zum Zusätzlichkeitserfordernis im Beitragsrecht in der Abrechnungspraxis?

Für das beitragsrechtliche Zusätzlichkeitserfordernis gelten seit dem 01.01.2022 die Kriterien des steuerrechtlichen Zusätzlichkeitserfordernis nach § 8 Abs. 4 EStG.

Das bedeutet, dass das Zusätzlichkeitserfordernis seit dem 01.01.2022 auch im Beitragsrecht nicht mehr durch Entgeltumwandlungen erfüllt werden kann. Damit führt eine Entgeltumwandlung nicht mehr zur Beitragsfreiheit der daraus resultierenden Arbeitgeberleistung.

Es kommt jetzt somit immer darauf an, ob im konkreten Fall im Steuer- und/oder Beitragsrecht das Zusätzlichkeitserfordernis besteht. Im Steuerrecht ergibt sich das z. B. aus § 3 EStG und § 40 EStG. In der Sozialversicherung sind die Regelungen in der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) maßgeblich. Wenn kein Zusätzlichkeitserfordernis besteht, führt auch eine Entgeltumwandlung zur Steuer- und/oder Beitragsfreiheit. Zur Erläuterung zwei Beispiele aus der betrieblichen Praxis:

Jobrad

Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 37 EStG fordert die Zusätzlichkeit; das gilt auch für die Sozialversicherung. Damit ist das durch Entgeltumwandlungen finanzierte Fahrrad weder steuer- noch sozialversicherungsfrei. Wenn die Versteuerung mit dem geldwerten Vorteil erfolgt, ist weder im Steuer- noch im Sozialversicherungsrecht eine Zusätzlichkeit gefordert. Entgeltumwandlungen sind in diesem Fall zulässig und nach Rückgabe des Jobrads könnte der Verdienst auch wieder erhöht werden.

Mitarbeiter-PC-Programme (MPP)

Die private Nutzung betrieblicher Datenverarbeitungs-/ Telekommunikationsgeräte ist steuerfrei nach § 3 Nr. 45 EStG; es besteht kein Zusätzlichkeitserfordernis. Dies besteht aber nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SvEV im Beitragsrecht. Entgeltumwandlungen wären somit steuer-, aber nicht mehr beitragsfrei.

Sabine Törppe-Scholand
Leiterin der alga-Akademie und
Mitglied des alga-Competence-Centers

Thomas Fromme
Steuerberater, Mitglied des alga-
Competence-Centers und Leiter der
ARGEn Entgeltabrechnung, Bremen

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