Experten antworten 3/2022
Pauschalversteuerung Arbeitgeber-Zuschuss Fahrten Wohnung – erste Tätigkeitsstätte
Seit dem 01.01.2022 reduziert sich die Anzahl der pauschal versteuerten 15 Tage pro Monat nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b Einkommensteuergesetz (EStG), wenn der Arbeitnehmer typischerweise weniger als fünf Arbeitstage pro Woche an der ersten Tätigkeitsstätte tätig werden soll. Was passiert, wenn der Arbeitgeber diese Prognose nicht durchführt? Besteht ein Haftungsrisiko für den Arbeitgeber?
Gemäß der Regelung in § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2b EStG darf der Arbeitgeber einen Fahrtkostenzuschuss nur pauschal versteuern, „soweit die Bezüge den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 EStG als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden“. Wenn der Arbeitgeber keine Prognose anstellt und deshalb zu viel pauschal versteuert, kann ein Steuerprüfer sagen, dass der zu viel gezahlte Betrag nicht pauschal versteuert hätte werden dürfen, sondern individuell steuerpflichtig ist.
Da ein solches Ergebnis aus einer Lohnsteuerprüfung auch von einem Sozialversicherungsprüfer herangezogen wird, ergibt sich dann auch Sozialversicherungspflicht. Insoweit trägt der Arbeitgeber das Risiko einer entsprechenden Nachzahlung, ggf. wäre von Brutto auf Netto hochzurechnen. Insofern besteht für den Arbeitgeber durchaus ein Haftungsrisiko.
Nur wenn der Arbeitgeber die Prognose richtig vorgenommen hat, sich am Jahresende aber herausstellt, dass die Prognose so nicht eingetroffen ist (z. B. wegen Krankheit), wird das wie bisher über die Zeile 18 der Lohnsteuerbescheinigung in der Einkommensteuerveranlagung korrigiert.
Arbeitgeber-Zuschuss wegen ersparter Sozialversicherungsbeiträge bei § 40b EStG
Wir haben folgende Fallgestaltung: sozialversicherungsfreie Entgeltumwandlung (Einmalzahlung) in eine Direktversicherung nach § 40b EStG a.F. Die Pauschalsteuer trägt der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer hat seit dem 01.01.2022 Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss wegen ersparter Sozialversicherungsbeiträge. Der Vertrag wird um den Arbeitgeber-Zuschuss erhöht (liegt dann immer noch unter 1.752 Euro). Muss die auf den Arbeitgeber-Zuschuss entfallende Pauschalsteuer vom Arbeitgeber übernommen werden?
Der Arbeitgeber-Zuschuss wegen ersparter Sozialversicherungsbeiträge wird analog der Entgeltumwandlung behandelt. Da das Volumen in Höhe von 1.752 Euro nicht ausgeschöpft ist, kann der Arbeitgeber-Zuschuss noch pauschal versteuert werden. Bei Überschreiten des Höchstbetrags würde sich eine Steuerfreiheit im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG ergeben.
Der Arbeitgeber-Zuschuss für eingesparte Sozialversicherungsbeiträge ist als Annex zur Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers zu sehen, wodurch sich der Betrag für die Pauschalversteuerung erhöht. Ob der Arbeitgeber die Pauschalsteuer übernimmt, ist immer eine Entscheidung des Arbeitgebers. Wenn der Arbeitgeber die Pauschalsteuer für die Entgeltumwandlung des Arbeitnehmers übernimmt und das Volumen noch nicht ausgeschöpft ist, gilt das auch für den Arbeitgeber-Zuschuss wegen ersparter Sozialversicherungsbeiträge.
Jobräder in Verbindung mit einer Entgeltumwandlung – Mindestlohn
Wir bieten unseren Mitarbeitern Jobräder in Verbindung mit einer Entgeltumwandlung an. Nun möchten auch vermehrt Arbeitnehmer, deren Entgelt im Niedriglohnbereich liegt, davon Gebrauch machen. In dem Zusammenhang haben wir zwei Fragen:
- Hat die Entgeltumwandlung Auswirkungen auf den Mindestlohn?
- Wenn ja, dürfen wir mit ausdrücklicher freiwilliger Zustimmung des Arbeitnehmers in diesem Fall den Mindestlohn unterschreiten?
Das Mindestlohngesetz schreibt vor, dass der Mindestlohn immer in Geld zu leisten ist. Durch eine Entgeltumwandlung würde sich das Entgelt des Arbeitnehmers reduzieren. Die Entgeltumwandlung darf nicht dazu führen, dass der Mindestlohn von derzeit 9,82 Euro je Stunde (ab 01.07.2022 Erhöhung auf 10,45 Euro) unterschritten wird.
Davon gibt es eine Ausnahme: Zulässig ist eine Entgeltumwandlung nach § 1a Abs. 1 Betriebsrentenstärkungsgesetz. Nur im Zusammenhang mit einer betrieblichen Altersversorgung ist somit eine Entgeltumwandlung zulässig, wenn dadurch der gesetzliche Mindestlohn unterschritten wird.
In anderen Fällen darf der Mindestlohn auch nicht durch eine freiwillige Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterschritten werden.
Gruppenunfallversicherungsverträge
Wir haben Gruppenunfallversicherungsverträge für alle Mitarbeiter (nicht namentlich geführt und namentlich geführte Verträge). Bei den namentlich geführten Verträgen ist eine Person dabei, die die Grenze von 100 Euro übersteigt. Können wir, da es sich um einen Gruppenvertrag handelt, die Summen addieren und durch die Anzahl der versicherten Mitarbeiter teilen, damit wir im Durchschnitt unter 100 Euro liegen, oder müssen wir „den einen“ Mitarbeiter individuell versteuern?
Bei einer Gruppenunfallversicherung unterscheiden einige Versicherer zwischen
- Versicherung mit konkreter Namensnennung
Der Versicherungsschutz gilt nur für die namentlich aufgeführten Personen.
- Versicherung ohne Namensnennung
Alle dem Betrieb oder einer bestimmten Gruppe innerhalb des Betriebs zugehörige Personen sind versichert.
Eine Pauschalversteuerung ist zulässig, wenn es sich um eine Gruppenversicherung handelt und der durchschnittliche Beitrag pro Arbeitnehmer 100 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.
Wenn es sich bei den namentlich geführten Verträgen um eine Gruppenversicherung handelt und der Teil der Gesamtprämie, der durchschnittlich auf einen Arbeitnehmer entfällt, 100 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt, sind die Voraussetzungen für eine Pauschalversteuerung erfüllt. Dann kann auch der Beitrag „für die eine Person“, bei der die 100 Euro überschritten werden, pauschal versteuert werden.
Sabine Törppe-Scholand
Leiterin der alga-Akademie und Mitglied
des alga-Competence-Centers
Thomas Fromme
Steuerberater, Mitglied des
alga-Competence-Centers und Leiter der
ARGEn Entgeltabrechnung , Bremen