Statement zur Pflege : Ist bald Feierabend?
Die Pflege ist längst ein schwerstkranker Patient in der Arbeitswelt, der dringend verarztet werden müsste. Was nicht passieren darf, ist, dass für die in der Pflege Arbeitenden das Gefühl der Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit zum Regelfall wird und die neue Normalität bleibt.

Die Pflege ist längst ein schwerstkranker Patient in der Arbeitswelt, der dringend verarztet werden müsste. Was nicht passieren darf, ist, dass für die in der Pflege Arbeitenden das Gefühl der Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit zum Regelfall wird und die neue Normalität bleibt. Wenn bereits jetzt zu viele Menschen in der Pflege sich über diese tägliche Arbeit selbst fast vergessen, dann dürfen wir anderen nicht immer weiter zusehen. In diesen Beruf nimmt man schon viel zu sehr die Fälle und Schicksale mit nach Hause. Es ist aber längst umso belastender, weil täglich eigentlich Unmögliches geleistet wird und die Pflegenden das Gefühl haben müssen, den Weg in die drohende Pflegekatastrophe selbst mit zu ebnen. Da können auch die besten Führungskräfte kaum noch etwas abfangen. Und was kann und will ein wenig mehr Geld wirklich ausrichten und verbessern, wenn der Tag mit stets voller Blase und leerer Blase nicht enden will und für nichts mehr Zeit und Kraft bleibt außer für die Arbeit?
Bereits heute muss man Mut, Stärke und möglichst eine ordentliche Portion Resilienz mitbringen, wenn man in der Pflege arbeitet. Aus der Bilanz der letzten Jahre, wo viel geredet, aber immer noch zu wenig getan wurde, bleibt ein bitterer Beigeschmack: „Profit steht immer vor der Menschenwürde!“, so Pflege-Influencer Ricardo Lange. Sein Fazit: Gespart würde letztlich viel zu oft an der Menschlichkeit. Wo sind hier die ganzen System- und Weltverbesserer, wo sie der Mensch in seiner Not doch (längst) braucht?
Selbst bei einer optimistischen Vorausschau auf die Einwanderung von Fachkräften steuern wir weiterhin ungebremst auf den katastrophalen Personalnotstand zu. Wie können und dürfen wir trotzdem gerade jetzt Jüngere ermutigen, künftige Kollegen des schon völlig überlasteten Pflegepersonals zu werden? Was bringt eigentlich die Reform der Pflegeberufe bisher überhaupt?
Trotz aller Versprechen während und auch nach der Corona-Pandemie aus höchstrangigen Politkreisen hat sich in Wirklichkeit immer noch viel zu wenig getan, um die Bedingungen in der Pflege wirklich zu verbessern. Vor noch gar nicht so langer Zeit beklatscht, als systemrelevant „hochgejubelt“ und letztlich mit mickrigen Prämien abgespeist, bei denen noch die Steuer zugeschlagen hat, muss man sich ernsthaft fragen (lassen): Fühlen sich da viele Pflegende nicht dauerhaft „verschaukelt“? Wie kann das Vertrauen in Versprechen, dass sich doch noch etwas verbessern wird, zurückgebracht bzw. noch gerettet werden? Was könnte hier die dringend benötigte „Rettung“ sein? Denn diese Frage wird viele von uns schneller und härter treffen, als es den meisten von uns lieb sein dürfte.
Wo der Mensch an seine Grenzen kommt, springt schon längst und immer weiter die Technik ein und hält natürlich auch schon Einzug in die Pflege. Es gibt bereits die verschiedensten Konzepte, Forschungsprojekte und auch technische Entwicklungen der künstlichen Intelligenz (KI) zur Entlastung der Pflege. Einerseits besteht die Furcht vor der „Entmenschlichung der Pflege“, andererseits sollte Technik künftig dafür eingesetzt werden, Ressourcen freizumachen für die menschliche Seite der Pflege und die persönliche Zuwendung. Die fehlende Zeit und der Personalmangel dominieren hier aber auch schon wieder bei der Furcht vor der Einführung. Aber genauso werden wir absolut gefordert sein, zu schauen und uns darauf einzulassen, was alles möglich ist und noch sein wird.

Jobcoach und Redakteurin
Es wird unbedingt notwendig sein, das ganze Gesundheitssystem grundlegend umzukrempeln, da braucht man sich nichts vorzumachen. Und es genügt dabei längst keinesfalls mehr, irgendwo ein wenig an den kleinen Stellschrauben zu drehen. Politik und Gesellschaft sind weiterhin ganz dringend gefordert, alles zu tun, damit wir uns nicht alle viel zu bald mit Schrecken fragen müssen für die Pflege „Ist bald Feierabend?“