Gleichwohlgewährung : Arbeitgeber leistet keine Zahlung
Gelegentlich kommt es vor, dass Arbeitgeber den Lohn für geleistete Arbeit nicht pünktlich an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszahlen. Ist das der Fall, können Arbeitnehmer sehr schnell in finanzielle Schwierigkeiten kommen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zahlungen von der Bundesagentur für Arbeit verlangen können.
Bei Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld nach § 157 Absatz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) III geht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nach § 115 SGB X bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistung auf die Bundesagentur für Arbeit über. Daneben verpflichtet § 335 Absatz 3 SGB III den Arbeitgeber, der Bundesagentur für Arbeit die geleisteten Beiträge zur Krankenversicherung zu ersetzen, soweit dieser für dieselbe Zeit Beiträge zur Krankenversicherung aus dem Arbeitsentgelt zu entrichten hat.
Wenn der Arbeitgeber dem Mitarbeiter noch eine Vergütung schuldet, kann der Beschäftigte unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitslosengeld im Sinne der Gleichwohlgewährung von der Agentur für Arbeit verlangen. Dabei sind verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden. Einmal könnte es sein, dass einem Arbeitnehmer aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus nicht der gesamte Lohn durch den Arbeitgeber ausbezahlt wurde.
Arbeitslosengeld ruht
Es gibt aber auch die Fälle, wo das Arbeitsverhältnis bereits nicht mehr besteht und der Arbeitslose von seinem ehemaligen Arbeitgeber noch eine Urlaubsabgeltung beanspruchen kann. Eine Urlaubsabgeltung ist noch zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht alle ihm zustehenden Urlaubstage nehmen konnte. Bei Gewährung einer Urlaubsabgeltung ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld. In einem solchen Fall verschiebt sich der Zeitpunkt, ab dem Arbeitslosengeld gewährt wird. Hier erhält der Arbeitnehmer zunächst kein Arbeitslosengeld. Mit dem Ruhen der Leistung vermindert sich aber nicht die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.
Arbeitgeber leistet keine Zahlung
Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis den fehlenden Lohn oder bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses die Urlaubsabgeltung nicht mehr auszahlen, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Hier kann der betroffene Arbeitnehmer bei der zuständigen Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld beantragen. In einem solchen Fall bezeichnet man die Leistung von Arbeitslosengeld als Gleichwohlgewährung. Diese Gleichwohlgewährung stellt eine Vorleistung der Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers dar.
Verschiedene Anwendungsfälle
Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Arbeitgeber nicht zahlen kann oder die Ansprüche gegenüber seinem Arbeitnehmer unberechtigterweise ablehnt. Ein Anwendungsfall der Gleichwohlgewährung entsteht auch in der Zeit nach Ausspruch einer unwirksamen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. In einem solchen Fall befindet sich der Arbeitgeber in Annahmeverzug. Der Arbeitgeber ist rechtlich verpflichtet, über den Kündigungstermin hinaus Lohn zu zahlen. Die Zeit, in der der Arbeitgeber dennoch keine Vergütung an seinen Arbeitnehmer leistet, kann dieser durch die Gleichwohlgewährung überbrücken.
Voraussetzungen müssen erfüllt sein
Die Agentur für Arbeit sieht sich immer dann zur Zahlung verpflichtet, wenn möglicherweise Ansprüche gegen den Arbeitgeber bestehen oder entstehen können, die der Betrieb aber nicht erfüllt. Der Mitarbeiter darf die Zahlungen tatsächlich nicht erhalten haben. Dies kommt vor, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht zahlt oder eine Gewährung der Vergütung nicht
zu erwarten ist. Die Voraussetzungen der Gleichwohlgewährung entfallen, wenn dem Beschäftigungslosen die ausstehenden Vergütungen vom Arbeitgeberzufließen.
Folgen für den Arbeitgeber
Die Forderung der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber bleibt durch die Zahlung von Arbeitslosengeld weiterhin bestehen. Der Anspruch auf Lohn geht in der Höhe, in der die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld gewährt hat, auf diese über. Gleichzeitig ist der Arbeitgeber verpflichtet, der Agentur für Arbeit das geleistete Arbeitslosengeld zu erstatten.
Für die Rückabwicklung sind grundsätzlich zwei mögliche Sachverhaltsvarianten zu unterscheiden: Es stellt sich im Nachhinein rechtsverbindlich heraus, dass der Arbeitgeber seinem früheren Mitarbeiter, der für eine Zeit Leistungen von der Bundesagentur für Arbeit im Wege der Gleichwohlgewährung erhalten hat, für diese Zeit zur Lohnzahlung verpflichtet war. Hiervon ist abzustecken, dass sich im Nachgang ergibt, dass der Arbeitgeber nicht zu Zahlungen verpflichtet war. Stellt sich heraus, dass der Arbeitgeber zur Zahlung der Vergütung verpflichtet war, ist seine Zahlungspflicht gespalten. Dies bedeutet, dass er gegenüber verschiedenen Richtungen zur Erstattung verpflichtet ist. Zum einen ist er dem Arbeitnehmer gegenüber zur Zahlung von Annahmeverzugslohn verpflichtet. Der Arbeitgeber hat die Vergütung zu zahlen, die ohne den Annahmeverzug zu zahlen gewesen wäre. Es ist im Zweifel auch eine Mehrarbeitsvergütung einschließlich Zuschlägen zu berücksichtigen. Dies gilt jedoch nur, wenn ohne den Annahmeverzug Überstunden geleistet worden wären.
Wird dem Arbeitnehmer ein Leistungsentgelt gewährt, ist gegebenenfalls zu berücksichtigen, welches Leistungsentgelt vergleichbare Arbeitnehmer erzielen. Zum Leistungsentgelt kann beispielsweise ein Akkordlohn oder die Gewährung einer Leistungszulage gehören. Anderenfalls ist auf die Höhe des Verdienstes abzustellen, der in den letzten drei Monaten erzielt wurde. Der Lohnanspruch umfasst auch alle Sondervergütungen, die während des Annahmeverzugs fällig werden. Dazu gehört beispielshaft das Weihnachtsgeld oder ein zusätzliches Urlaubsgeld. Ausgeschlossen sind jedoch alle Zulagen, die eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers voraussetzen. Dies ist insbesondere bei Schmutzzulagen der Fall. Auf die Zahlung des Arbeitgebers muss sich der Arbeitnehmer jedoch das erhaltene Arbeitslosengeld anrechnen lassen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer lediglich den Differenzbetrag zwischen Annahmeverzug und erhaltenem Arbeitslosengeld von dem Arbeitgeber beanspruchen kann.
Keine Verpflichtung zur Lohnzahlung
Gelegentlich kommt es auch vor, dass der Arbeitgeber nicht zur Zahlung der Vergütung verpflichtet ist, dann fordert die Bundesagentur für Arbeit das gewährte Arbeitslosengeld vom Arbeitnehmer zurück.
Ulrich Frank, Sozialversicherungsfachwirt und Wirtschaftsjournalist