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Aus der XING-Gruppe : Schwierige Einzelfälle

2.627 Mitglieder und wir werden täglich mehr. Zahlreiche Neuerungen und Aktualisierungen stellen den Abrechner jeden Tag vor Herausforderungen. Auch in der XING-Gruppe macht sich das bemerkbar. Natürlich sind das Thema Kurzarbeit und andere Themen in Zusammenhang mit Corona immer noch aktuell, aber es zeigt sich auch, dass Themen, die nichts damit zu tun haben, beim Abrechner viele Fragezeichen verursachen.

Janette RosenbergMagazin
Lesezeit 4 Min.
Eine Nahaufnahme mit Weichzeichner eines Stifts, der auf einer Seite mit handgeschriebenem Text liegt, der in einem Raster angeordnet ist und an ein Arbeitsblatt, einen Stundenplan oder ein Hauptbuch denken lässt.

Einige haben Abrechnungsfälle vorliegen, mit denen sie noch nie zu tun hatten, und andere wiederum haben schwierige Einzelfälle zu bearbeiten. Unsere Mitglieder nutzen daher gerne unsere Gruppe, um sich auszutauschen und andere Mitglieder zu fragen, ob sie weiterhelfen können.

Fall 1: Abrechnung eines Vorstands einer Aktiengesellschaft (AG)

Das Mitglied rechnet das erste Mal einen Vorstand einer Aktiengesellschaft ab. Das Vorstandsmitglied hat einen Anteil unter 30 Prozent. Das Mitglied möchte gerne wissen, was bei der Abrechnung zu beachten ist bzw. wie dieses Mitglied abgerechnet wird. Muss das Vorstandsmitglied eine Rechnung schreiben wie ein Selbstständiger?

Fragen über Fragen! Ist die Abrechnung eines Vorstandsmitglieds wirklich so kompliziert und wie kann man bei der Statusfeststellung vorgehen?

Die Abrechnung ist an sich nicht schwierig, da es im Falle eines Vorstands einer Aktiengesellschaft eindeutige gesetzliche Regelungen gibt. Im Grunde üben Vorstandsmitglieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus und sind somit wie Arbeitnehmer zu beurteilen, nur dass einige Besonderheiten in der Sozialversicherung zu beachten sind.

Aber trotzdem ist gewissermaßen Vorsicht geboten, denn Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind zwar in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreter der Kapitalgesellschaft Arbeitnehmer, aber sie sind auch gesellschaftsrechtlich an der Aktiengesellschaft beteiligt. Das bedeutet, dass dann, wenn das Mitglied eine hohe Beteiligung am Unternehmen hat, Leistungen der Kapitalgesellschaft nicht im Beschäftigungsverhältnis ihre Grundlage haben können. Es handelt sich dann um verdeckte Gewinnausschüttungen, die damit zu Einkünften aus Kapitalvermögen führen.

Die jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls spielen eine Rolle und sind entscheidend. Daher ist es empfehlenswert, eine genaue Prüfung vorzunehmen.

Hinweis: Wenn Unsicherheit herrscht im Hinblick auf den Sozialversicherungsstatus (abhängige Beschäftigung oder Selbstständigkeit), so besteht nach § 7a Absatz 1 SGB IV die Möglichkeit, in einem Anfrageverfahren eine Entscheidung der deutschen Rentenversicherung Bund über den Status des Erwerbstätigen zu beantragen.

Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung

Vorstände von Aktiengesellschaften sind ausdrücklich aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgenommen (§ 1 Satz 4 SGB VI). Das gilt ebenso für die Arbeitslosenversicherung. Dort sind die Vorstände aus dem Kreis der versicherungspflichtigen Beschäftigten herausgenommen (§ 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III).

Krankenversicherung und Pflegeversicherung

Vorstände einer Aktiengesellschaft gehören nicht zum Personenkreis eines „Arbeiters, Angestellten oder zur Berufsausbildung Beschäftigten“, sondern sie sind Organe der Gesellschaft. Trotzdem sind sie grundsätzlich versicherungspflichtig; dies dürfte jedoch wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht zum Tragen kommen. Ein Anspruch der Vorstandsmitglieder auf einen Arbeitgeberzuschuss zu ihrem Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag besteht, wenn ein „Beschäftigungsverhältnis“ vorliegt.

Stapel von Münzen mit einem Stift und einem Taschenrechner im Hintergrund, der die Finanzbuchhaltung oder Budgetierung symbolisiert.

Fall 2: Umgang mit Gehaltszahlungen nach Austritt des Mitarbeiters

In dem Fall geht es um einen Mitarbeiter, der Ende Juni aus dem Unternehmen ausgeschieden ist und im Juli Mehrarbeitsstunden und einen Bonus erhält.

Bei den Mehrarbeitsstunden handelt es sich um einen laufenden Bezug und bei dem Bonus um eine Einmalzahlung bzw. einen sonstigen Bezug.

Das Mitglied fragte, ob es richtig ist, den laufenden Bezug auf den Monat Juni zurückzurechnen und entsprechend mit den gültigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (Monat Juni) zu versteuern. Bei der Einmalzahlung/dem sonstigen Bezug hat das Mitglied lohnsteuerrechtlich das Zuflussprinzip angewandt, das heißt, der Arbeitnehmer muss erneut an- und abgemeldet werden bei den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) und der sonstige Bezug wird mit der Steuerklasse VI (Nebenarbeitgeber) abgerechnet.

Die Vorgehensweise des Mitglieds ist korrekt und wird im BMF-Schreiben vom 08.11.2018 bestätigt. Randziffer 60 führt aus, dass dann, wenn der Arbeitgeber nach Beendigung des Dienstverhältnisses laufenden Arbeitslohn zahlt (R 39b.2 Absatz 1 LStR), der Besteuerung die ELStAM zum Ende des Lohnzahlungszeitraums zugrunde zu legen sind, für den die Nachzahlung erfolgt (R 39b.5 Absatz 1 Satz 3 LStR). Eine erneute Anmeldung des Arbeitnehmers bei der Finanzverwaltung ist insoweit nicht erforderlich.

Randziffer 61 führt aus, dass dann, wenn es sich dagegen um sonstige Bezüge handelt (R 39b.2 Absatz 2 LStR), für die Besteuerung die ELStAM zum Ende des Kalendermonats des Zuflusses des sonstigen Bezugs maßgebend sind (R 39b.6 Absatz 3 Satz 1 LStR). Der Arbeitgeber muss daher den Arbeitnehmer erneut bei der Finanzverwaltung anmelden. Dazu sollte er sich mit dem Arbeitnehmer abstimmen, ob die Anmeldung für die Arbeitslohnnachzahlung als Hauptarbeitsverhältnis (für Steuerklasse I bis V) oder als Nebenarbeitsverhältnis (für Steuerklasse VI) vorgenommen werden soll. Unterlässt der Arbeitgeber in diesem Fall die Anmeldung, obwohl ihm die hierzu erforderlichen Angaben des Arbeitnehmers vorliegen und der Anmeldung keine technischen Hinderungsgründe gemäß § 39c Absatz 1 Satz 2 EStG entgegenstehen, ist der Steuerabzug nach der Steuerklasse VI vorzunehmen.

Das bedeutet, dass für den sonstigen Bezug, der nach Austritt gezahlt wird, eine gesonderte Lohnsteuerbescheinigung – Zeitraum Juli 2020 – ausgestellt werden muss. Sozialversicherungsrechtlich hingegen gilt, dass einmalig gezahltes Arbeitsentgelt dem letzten Abrechnungszeitraum des laufenden Kalenderjahres zugeordnet werden muss (§ 23a SGB IV).

Ein Experte der XING-Gruppe teilte auch noch mit, dass in der Praxis häufig der sonstige Bezug in den Austrittsmonat (Juni) gebucht wird, damit die Sozialversicherung diesbezüglich korrekt berechnet wird (Änderung der DEÜV-Meldung/Abmeldung). Lohnsteuerrechtlich ist der sonstige Bezug jedoch dem Auszahlungsmonat zuzuordnen. Sind die Lohnarten richtig geschlüsselt, sollte das grundsätzlich funktionieren.

Janette Rosenberg, Fachreferentin Entgeltabrechnung, Mitglied des alga-Competence-Centers

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