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Aus der FALG-Gruppe : Unsere Arbeit hat Konsequenzen!

In den letzten Jahren hatten wir einen starken Mitgliederzuwachs in der Facebook-Gruppe „Fachassistent/in Lohn und Gehalt“. Die „Corona-Jahre“ und die daraus geborene Not haben den Bekanntheitsgrad steigen lassen, wir wurden gesucht und gefunden.

Lesezeit 3 Min.
Ein eleganter silberner Stift liegt auf einer Finanztabelle neben einem Taschenrechner und unterstreicht die sorgfältige Arbeit der persönlichen Verwaltung und Buchhaltung im Bereich Personalwesen.

Aktuell haben wir über 5.700 Mitglieder. Dieses Wachsen der Gruppe hat uns Moderatoren und Admins einen Einblick in den stark unterschiedlichen Wissensstand der Abrechner Deutschlands gegeben. Diese Gruppenzusammensetzung sichert einen steten Austausch und hilft den Mitgliedern mit weniger Erfahrung, Lücken zu schließen – uns hat das aber auch auf ein grundsätzliches Problem aufmerksam gemacht.

Dieses grundsätzliche Problem ist die Tatsache, dass Mitarbeiter in die Entgeltabrechnung geschubst werden, obwohl sie keinerlei Grundlagenwissen haben. Es fängt bereits bei der Ausbildung zum/zur Steuerfachangestellten an. Das Thema Lohn und Gehalt wird wenig bis gar nicht behandelt und trotzdem werden in den Kanzleien schon Auszubildende an das Programm gesetzt, es erfolgt eine kurze Einweisung und dann ist man plötzlich Entgeltabrechner. Ohne überhaupt zu verstehen, was man da macht.

Ein Blick über den Kanzlei-Tellerrand hinaus zeigt, dass es auch in der freien Wirtschaft nicht großartig anders aussieht. Es gibt ein paar Kurse der Industrie- und Handelskammern (IHK), die aber auch nur kurz an der Materie kratzen. Es existiert kein Ausbildungsgang zum Lohn- und Gehaltsabrechner – und genau das lässt anscheinend alle annehmen, dass jeder diese Tätigkeit ausüben kann.

Wir reden hier über eine Arbeit, die Konsequenzen hat. Fehler, die wir Abrechner machen, können für den Arbeitnehmer gravierende Folgen haben. Davon kann die Rente, das Arbeitslosengeld, ein dringend benötigter Kredit oder die den Kindern versprochene Reise abhängen. Genauso können Pfändungen oder sogar Insolvenz drohen. Warum also gibt es hier keinen Ausbildungsberuf?

Als nächstes Problem hat sich gezeigt, dass viele Abrechner keinen Zugang zu Fortbildungen haben. Die Notwendigkeit wird von den Vorgesetzten einfach nicht gesehen. Man könne sich ja alles irgendwie anlesen oder (wie praktisch) in der Gruppe fragen. Dass wir als Gruppe dies nur begrenzt abfangen können, wird nicht gesehen.

An dieser Stelle nehme ich das „Lexikon für das Lohnbüro“ zur Hand, sehe den Umfang, sehe die kleine Schrift und rufe mir ins Gedächtnis, dass noch nicht einmal alles enthalten ist. Nach zehn Jahren in der Entgeltabrechnung weiß ich mit Sicherheit, dass ich noch viel lernen kann (und muss). Aber ohne entsprechende Fortbildungen? Niemals!

Bei der Gelegenheit fallen auch die Selbstabrechner auf. Firmeninhaber, die sich den Steuerberater bzw. Das Lohnbüro sparen und mithilfe von Programmen, die in ihren Werbevideos vermitteln, wie einfach doch alles ist, die Abrechnungen ihrer Mitarbeiter im Alleingang erledigen. Neben ihrem Beruf, neben dem Führen eines Unternehmens, üben sie also einen weiteren Beruf aus.

Spätestens als in den letzten zwei Jahren Kurzarbeitergeld abzurechnen war, zeigte sich, dass doch nicht alles so einfach ist. Und mit den ganzen Neuerungen, die nun noch hinzugekommen sind, erst recht nicht.

Eine Gruppenmoderatorin hat aus den vorgenannten Gründen letztens einen Brandbrief geschrieben. Die Probleme nehmen nämlich überhand, wir sind oftmals entsetzt, wie gering der Kenntnisstand ist und dass sogar Basics fehlen. Als Konsequenz aus der fehlenden Aus- und Weiterbildung können die Abrechner nicht erkennen, wenn sie arbeits- oder sozialversicherungsrechtlich beraten. Ein nicht unerhebliches Haftungsproblem! Fragen hierzu unterbinden wir in der Gruppe regelmäßig, dies stößt aber gerade bei den Selbstabrechnern auf Unverständnis.

Jedenfalls möchten wir hier ein wenig aufrütteln – der Brandbrief hat einige Reaktionen zur Folge gehabt. Natürlich werden wir uns in der Gruppe weiterhin gegenseitig unterstützen und auch Grundlagenfragen beantworten. Aber wir werden auch immer wieder darauf hinweisen, dass die Abrechner sich ihre Wissenslücken eingestehen und dies auch ihren Vorgesetzten offenbaren müssen. Denn nur dann kann ein Problembewusstsein entwickelt werden, nur dann kann eine Änderung der Situation herbeigeführt werden.

Wie gesagt, unsere Arbeit hat Konsequenzen.

Und vielleicht schaffen wir es ja, dass in absehbarer Zeit ein Ausbildungsberuf zum/zur Entgeltabrecher/in geschaffen wird. Das würde auch endlich unserem Aufgabengebiet die nötige Wertschätzung geben und die Nachwuchssorgen unserer Branche beenden.

Annette Bastigkeit, Fachassistentin Lohn und Gehalt

Unsere Arbeit hat Konsequenzen 2
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