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Aus der XING-Gruppe : Abrufarbeit – ein Arbeitszeitmodell mit Vor- und Nachteilen

Gerade in Branchen wie der Gastronomie oder dem Einzelhandel arbeiten viele Arbeitnehmer*innen auf Abruf. Dieses Arbeitszeitmodell bietet Flexibilität, denn der/die Arbeitnehmer*in muss erst zur Arbeit erscheinen, wenn es tatsächlich etwas zu tun gibt. Trotzdem hat die Arbeit auf Abruf Vor- und Nachteile für beide Seiten und auch arbeitsrechtlich gibt es manches zu beachten.

Lesezeit 3 Min.

Im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) wird das Arbeitszeitmodell geregelt. Wie viele Stunden oder wann der/die Arbeitnehmer*in arbeitet, ist davon abhängig, wie viel im Unternehmen zu tun ist. Grundsätzlich sollte zwischen beiden Parteien ein Arbeitsvertrag geschlossen werden. Bei Vorhandensein eines Betriebsrats ist dessen Mitbestimmungsrecht zu berücksichtigen.

Der/die Arbeitgeber*in regelt bei Abrufarbeit den Arbeitseinsatz. Daher trägt in der Regel auch der/die Arbeitgeber* in das wirtschaftliche Risiko, wenn er/sie die Arbeitnehmer*innen nicht ausreichend beschäftigen kann. Vorteilhaft ist es trotzdem, dass die Arbeitszeiten optimal an die betrieblichen Erfordernisse angepasst werden können und im Gegensatz zur fest geregelten Teilzeitarbeit mehr Flexibilität des Einsatzes gegeben ist. Trotzdem kann solch ein Modell zu einer großen Unzufriedenheit bei den Arbeitnehmer*innen führen, da von Arbeitgeberseite die Arbeitseinsätze festgelegt werden und somit eine finanzielle Unsicherheit damit einhergehen kann, auch wenn in arbeitsreichen Monaten das Gehalt hoch ausfallen könnte. Arbeitnehmer*innen müssen daher gut planen.

Was die meisten Unternehmen unterschätzen? Das Modell kann bei falscher „Handhabung“ eine große Gefahr darstellen. Warum? In der arbeitsvertraglichen Vereinbarung muss grundsätzlich eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit geregelt sein. Leider wird dies in der Praxis selten beachtet. Sobald keine Regelung vorhanden ist, wird eine fiktive Arbeitszeit angenommen, egal ob der/die Arbeitnehmer* in tatsächlich gearbeitet hat.

Die fiktive Arbeitszeit liegt bei 20 Wochenstunden (Mindestarbeitszeit). Diese müssen vergütet werden. Nicht abgerufene Arbeitszeit könnte zwar auf einen anderen Zeitraum übertragen werden, aber dazu muss es eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geben. Bei bestimmten Vertragsverhältnissen kann es aufgrund der fiktiven Arbeitszeit, die grundsätzlich zu vergüten ist, zu Problemen kommen, etwa bei Minijobbern oder Studierenden. Denn hier gelten noch andere Regelungen, die beachtet werden müssen.

Bei Minijobbern auf Abruf gilt die Obergrenze von 520 Euro im Monat. Würde im Arbeitsvertrag nicht die richtige Arbeitszeit geregelt und die exakte Stundenzahl fixiert werden, gilt die fiktive Wochenarbeitszeit von 20 Stunden. Das bedeutet beispielweise bei 20 Stunden pro Woche mal 4,35 Wochen pro Monat mal 12 Euro Mindestlohn ein monatliches Einkommen von 1.044 Euro. Ergo kein Minijob mehr.

Bei Studierenden gilt die Regelung der 20-Stunden-Woche, damit das Werkstudentenprivileg angewandt werden kann. Zu diesem Sachverhalt kam auch eine Frage in unserer XING-Gruppe.

Sachverhalt:

In Unternehmen sollen Studierende zum Einsatz kommen, die bei Bedarf einspringen können. Abrechnungstechnisch sollen sie als Werkstudenten gelten. Können die maximalen Arbeitsstunden von 20 Stunden pro Woche während der Vorlesungszeiten hin und wieder überschritten werden? Gibt es grundsätzlich Probleme bei der Behandlung von Werkstudierenden?

Antwort:

Es gibt einiges zu beachten, den Abrufarbeit ist ein heikles Thema. Im Vordergrund steht erst einmal die Frage, in welchem Umfang die Personen tätig werden sollen. Bei Abrufarbeit ist weniger die maximale Stundenzahl der Studierenden die kritische Größe, sondern dass 20 Stunden als vereinbart und damit vergütungspflichtig gelten, wenn keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart wurde. Unabhängig davon, ob auch tatsächlich gearbeitet wurde.

Aus der XING-Gruppe-min
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Es sind zwei unterschiedliche Themen zu beachten: Zum einen gibt es konkrete Regelungen bei der Abrufarbeit und zum anderen müssen auch die Regelungen in Bezug auf die Studierenden beachten werden. An sich gibt es keine Probleme, einen Studenten/eine Studentin auf Abruf zu beschäftigen. Doch damit das Werkstudentenprivileg in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung angewandt werden kann, muss bei eingeschriebenen Studierenden die 20-Wochen-Stunde beachtet werden, damit sie als ordentliche Studierende gelten. Natürlich gibt es Ausnahmeregelungen. Wird die Beschäftigung in der vorlesungsfreien Zeit (Semesterferien, Wochenende, Abendstunden) ausgeübt, kann die 20-Stunden-Grenze überschritten werden, wobei die Summe der Beschäftigungszeiten innerhalb eines Zeitjahres 26 Wochen (182 Tage) nicht überschreiten darf.

Bei der Abrufarbeit ist in der Praxis mit wechselnden Arbeitszeiten und Schwankungen beim wöchentlichen Arbeitspensum zu rechnen, und wenn keine konkreten Vereinbarungen getroffen wurden über die tägliche Mindestarbeitszeit und die maximale Stundenzahl, gilt bei sogenannten Null-Stunden-Verträgen nach aktueller Rechtsprechung eine Wochenarbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart.

Fazit: Beide Verhältnisse sind zu beachten und die entsprechenden gesetzlichen Regelungen zu prüfen, sodass zum einen der/die Student*in auch weiterhin die Vorzüge des Werkstudentenprivilegs nutzen kann und es sich auf der anderen Seite auch wirklich um ein Arbeitsverhältnis auf Abruf handelt.

Janette Rosenberg

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