Im Blick: Lohnsteuerrecht
Inflationsausgleichsprämie
Die Bundesregierung und der Bundestag haben die steuerfreie Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie mit dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz auf den Weg gebracht. Die Inflationsprämie ist Teil des dritten Entlastungspakets. Danach können Arbeitgeber eine Prämie bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei an ihre Arbeitnehmer zahlen. Es handelt sich dabei um einen steuerlichen Freibetrag. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird.
Mit der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie haben Arbeitgeber die Möglichkeit, nach der Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt (zur Drucklegung noch nicht veröffentlicht) bis zum 31.12.2024 steuerfrei maximal 3.000 Euro in der gesamten Zeit an die Arbeitnehmer zu zahlen. Die Regelungen zur Steuerfreiheit stehen in § 3 Nr. 11c Einkommensteuergesetz (EStG). Die Inflationsausgleichsprämie ist angelehnt an die im Rahmen der Corona-Krise geschaffenen steuerfreien Zahlungen. Im Gegensatz zur Corona-Prämie nach § 3 Nr. 11a EStG, die auf den Pflegebonus nach § 3 Nr. 11b EStG angerechnet wird, kann § 3 Nr. 11c EStG auch neben anderen Steuerbefreiungen, Bewertungsvergünstigungen oder Pauschalbesteuerungsmöglichkeiten zur Anwendung kommen.
Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist auch hier wieder, dass die Zahlungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn nach § 8 Abs. 4 EStG erfolgen. Damit ist ausgeschlossen, dass bereits vereinbarte Zahlungen nach den Arbeits- oder Tarifverträgen oder bereits vereinbarte Gehaltserhöhungen steuerfrei umgewandelt werden können. Die Zahlung muss somit immer zusätzlich zu den bereits vereinbarten Gehältern oder Sonderzahlungen erfolgen.

An den Zusammenhang zwischen Leistung des Arbeitgebers und Preissteigerung werden keine besonderen Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Leistung in beliebiger Form deutlich macht, dass diese im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht.
In der Sozialversicherung entfallen aufgrund der Steuerfreiheit auf die Inflationsausgleichsprämie keine Beträge, da es sich dabei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) nicht um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch (SGB) IV handelt. Mit einer Ergänzung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung wird sichergestellt, dass die Inflationsausgleichsprämie bei Beziehern von Leistungen nach dem SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt wird, um die steuerliche Privilegierung auch im SGB II nachzuvollziehen.
Abbau kalte Progression
Die Bundesregierung will durch verschiedene steuerliche Maßnahmen wie die Anhebung des Grundfreibetrages und die Anhebung des Kinderfreibetrages (siehe nächste Meldung) sowie durch ein höheres Kindergeld die Belastungen durch die Inflation reduzieren und den Effekt der kalten Progression ausgleichen.
Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines „Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen“ (BT-Drucks. 20/3871) sieht dazu die Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrages von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im kommenden Jahr vor. 2024 soll der Grundfreibetrag weiter auf 10.932 Euro steigen.
Ebenfalls im nächsten Jahr erhöht werden soll das Kindergeld für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 237 Euro pro Monat. Diese Erhöhung in einem Schritt soll für die Jahre 2023 und 2024 gelten. Der Gesetzentwurf entspricht inhaltlich einem bereits von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachten Gesetzentwurf (BT-Drucks. 20/3496).
Entwurf Programmablaufpläne 2023
Am 28.09.2022 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Entwurf des Bekanntmachungsschreibens zu den Programmablaufplänen für den Lohnsteuerabzug 2023 und die Entwürfe der Programmablaufpläne veröffentlicht. Die für 2023 vorgesehenen Anpassungen im Steuer- und Sozialversicherungsrecht mit Auswirkung auf die Programmablaufpläne wurden mit Stand 28.09.2022 berücksichtigt. Vom BMF wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass es sich um Entwürfe handelt, die rechtlich nicht verbindlich sind und noch Änderungen unterliegen können. Die verbindlichen Programmablaufpläne für den Lohnsteuerabzug 2023 werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht.
Jahressteuergesetz 2022
Mit dem am 11.10.2022 von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (BT-Drucks. 20/3879) soll ein Bündel von Steuerrechtsänderungen auf den Weg gebracht werden. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören die Schaffung eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer sowie die Erhöhung von Pausch- und Freibeträgen. Durch die Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer soll die Auszahlung bestimmter zukünftiger Leistungen des Bundes wie z. B. Nothilfen oder Klimagelder erleichtert werden.
Durch die verschiedenen Maßnahmen sollen die Steuerzahler im kommenden Jahr um 3,16 Mrd. Euro und bis 2026 um rund 6,9 Mrd. Euro entlastet werden. Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 sieht u. a. vor, dass der Sparer-Pauschbetrag von derzeit 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und von 1.602 Euro auf 2.000 Euro für Ehegatten beziehungsweise Lebenspartner erhöht werden soll. Zur leichteren technischen Abwicklung sollen bereits erteilte Freistellungsaufträge prozentual erhöht werden.
Bei der Altersvorsorge soll der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen ab 2023 vollzogen werden. Bisher waren für 2023 96 Prozent und 98 Prozent für 2024 vorgesehen. Damit soll eine doppelte Besteuerung vermieden werden.
Der Grundrentenzuschlag soll steuerfrei gestellt werden. Dadurch könnte der Grundrentenzuschlag steuerlich unbelastet in voller Höhe zur Verfügung stehen und so ungeschmälert zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen, heißt es in dem Entwurf.
Verbessert wird die Abschreibung von Immobilien. Der lineare AfA-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden, die nach dem 31.12.2023 fertiggestellt werden, soll von zwei auf drei Prozent angehoben werden. Damit würden zukünftig alle Gebäude grundsätzlich über einen Zeitraum von 33 Jahren abgeschrieben.
Erhöht wird der Ausbildungsfreibetrag für volljährige Kinder, die sich in einer Berufsausbildung befinden und auswärts untergebracht sind. Der Betrag soll von 924 Euro auf 1.200 Euro pro Kalenderjahr erhöht werden.
Der Bundestag hat am 14.10.2022 das Gesetz in erster Lesung beraten.

FAQ zur Energiepreispauschale aktualisiert
Die meisten Arbeitgeber haben die Auszahlung der Energiepreispauschale (EPP) an ihre Arbeitnehmer im September vorgenommen.
Dennoch bestehen bei vielen Arbeitgebern Fragen zur Anspruchsberechtigung und Umsetzung der Auszahlung. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat daher am 22.09.2022 erneut seinen Fragen-Antwort-Katalog aktualisiert.
Darin sind weitere Aussagen zur Anspruchsvoraussetzung und rund um die Auszahlung enthalten.
Der Bezug von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) fällt nicht unter eine der anspruchsberechtigenden Einkunftsarten und ist auch keine Lohnersatzleistung, die den Anspruch auf die EPP rechtfertigt.
Anspruchsberechtigt sind auch Arbeitnehmer mit einem aktiven Dienstverhältnis, die dem Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen beziehen. Zu den anspruchsberechtigenden Lohnersatzleistungen gehört auch Übergangsgeld nach dem Dritten, Fünften, Sechsten oder Siebten Buch Sozialgesetzbuch (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstaben a und b EStG).
Der Bezug von Pflegegeld ist keine Lohnersatzleistung und berechtigt daher für sich betrachtet nicht zum Erhalt der EPP. Anspruchsberechtigt sind nur erwerbstätige Personen. Außerdem steht das Pflegegeld nicht dem Pflegenden, sondern der zu pflegende Person zu. Nach den Vorschriften zur EPP haben sog. „ausgesteuerte“ Arbeitnehmer, also Arbeitnehmer, die im Jahr 2022 nicht mehr erwerbstätig sind und auch kein Krankengeld mehr beziehen, keinen Anspruch auf die EPP. Der Bezug einer Erwerbsminderungsrente berechtigt für sich betrachtet ebenfalls nicht zum Erhalt der EPP. Es genügt allerdings, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zu Beginn des Jahres (z. B. wegen Krankengeldbezugs) noch vorgelegen haben.
Ehrenamtliche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister erzielen mit der Aufwandsentschädigung Einkünfte gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Gemeinderatsmitglieder erzielen damit Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 Absatz 1 Nr. 3 EStG); sie fallen im Unterschied zu Bundestags- und Landtagsabgeordneten nicht unter § 22 Nr. 4 EStG. Dass die Aufwandsentschädigung in vollem Umfang oder teilweise steuerfrei ist, schadet nicht, denn auch der Bezug ausschließlich steuerfreier Einkünfte führt zur Begünstigung der EPP.
Auf die EPP besteht ein gesetzlicher Anspruch nach § 113 EStG. Wer zum Kreis der Berechtigten gehört, erhält sie ohne weiteren Antrag vom Arbeitgeber oder über die persönliche Einkommensteuererklärung 2022. Das Auszahlungsverfahren ist ein Massenverfahren. Ein Verzicht auf die Auszahlung durch den Arbeitnehmer ist in § 117 EStG nicht vorgesehen.
Wenn der Arbeitgeber bisher jährlich freiwillig Nullmeldungen abgegeben hat (z. B. weil die Höhe der Arbeitslöhne so gering ist, dass keine Lohnsteuer anfällt oder der Arbeitgeber ausschließlich geringfügige Beschäftigte (sog. Minijobber) hat, bei denen die Lohnsteuer nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal erhoben wird), hat er ein Wahlrecht, ob er die EPP an seine Arbeitnehmer (auch an die Minijobber) auszahlt oder ob er seine Arbeitnehmer darauf verweist, die EPP über deren Einkommensteuererklärung geltend zu machen. Um eine Auszahlung durch den Arbeitgeber zu erhalten, müssen die Minijobber diesem schriftlich bestätigen, dass es sich hierbei um das erste Dienstverhältnis handelt. Die Refinanzierung erfolgt in diesen Fällen durch die Abgabe einer Lohnsteuer-Jahresanmeldung.
Markus Stier