Der Steuerberater empfiehlt : Pflegezeitgesetz – das muss man wissen
Mit dem Pflegezeitgesetz sind Arbeitnehmern Möglichkeiten geschaffen worden, nahe Angehörige für einen begrenzten Zeitraum pflegen und gegebenenfalls eine langfristige Lösung organisieren zu können. Denn häufig trifft ein solcher Ernstfall unerwartet ein und stellt die Familie nicht nur vor emotionale, sondern auch vor organisatorische Probleme.
Die COVID-19-Pandemie belastet Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen zusätzlich, da kurzfristig auf neue Pflegesituationen reagiert werden muss. Im Rahmen der Pandemie wurden daher einige Erweiterungen eingebracht.
Das Pflegezeitgesetz sieht drei unterschiedliche Formen der Pflegezeit vor.
Die kurzfristige Arbeitsverhinderung
Noch bis zum 30.04.2023 haben Arbeitnehmer das Recht, bis zu 20 Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, um einen nahen Angehörigen, wie zum Beispiel Kinder, Ehegatten, Lebenspartner
oder Eltern, in einer akut auftretenden Pflegesituation zu unterstützen und eine bedarfsgerechte Betreuung zu organisieren.
Arbeitnehmerseitig besteht eine Unterbrechung mit Anspruch auf eine Entgeltersatzleistung, das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld. Es beträgt 90 Prozent des wegfallenden Nettoentgelts und wird von der Pflegekasse des zu Pflegenden bezahlt. Der Versicherungsschutz der Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung besteht während dieser Zeit fort. Dem Arbeitgeber entstehen keine Kosten.
Derzeit, begrenzt bis 30.04.2023, haben Angehörigen die Möglichkeit, das Pflegeunterstützungsgeld auch zu erhalten, wenn ein Engpass in der pflegerischen Versorgung entstanden ist, den im Zuge der COVID-19-Pandemie nur die Angehörigen selbst auffangen können.
Pflegezeit für längstens sechs Monate
Des Weiteren haben Arbeitnehmer Anspruch, ihre Arbeitsleistung für eine Dauer von längstens sechs Monaten vollständig oder teilweise zu Gunsten einer Pflegezeit zu reduzieren. Dieser Rechtsanspruch besteht nicht gegenüber Arbeitgebern mit weniger als 15 Arbeitnehmern.
Familienpflegezeit für längstens 24 Monate
Auf die zweijährige Familienpflegezeit haben Arbeitnehmer gegenüber Arbeitgebern mit mehr als 25 Beschäftigten einen Rechtsanspruch. Anders als bei der Pflegezeit dürfen sie ihre Arbeitszeit nur bis auf ein Minimum von 15 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit reduzieren und müssen die Inanspruchnahme mindestens acht Wochen vorher unter Angabe der Gesamtdauer und der Verteilung der Arbeitszeit schriftlich ankündigen. Bis zum 30.04.2023 gilt hier eine kürzere Ankündigungsfrist von zehn Tagen, wenn die Pflegezeit spätestens am 01.04.2023 beginnt.
Wer von der Pflegezeit und der Familienpflegezeit Gebrauch macht, hat Anspruch auf ein zinsloses Darlehen das vom Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gewährt wird. Gezahlt werden 50 Prozent der Differenz des pauschalierten Nettoentgelts vor und während der Pflegezeit. Das Darlehen ist direkt im Anschluss an die genommene Pflegezeit innerhalb von 48 Monaten zurückzuzahlen.
Wichtig zu wissen:
Bei einer teilweisen Reduzierung der Arbeitszeit sind die allgemein gültigen Regelungen der Sozialversicherung wie z. B. die Gleitzonengrenze und die Regelungen zu den Minijobbern dennoch zu beachten.
Mit dem ersten Tag der Pflegezeit endet der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz Ihrer Arbeitnehmer bei vollständiger Freistellung oder Reduzierung des Entgelts auf max. 520,00 Euro monatlich.
Bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern ist zu beachten, dass sie bei einer Reduzierung der Arbeitszeit und des Arbeitsentgeltes ggf. in die gesetzliche Krankenversicherung zurückfallen. Dann kann innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Pflegezeit die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherung längstens für die Dauer der Pflegezeit beantragt werden.
Fazit:
Unterstützen Sie Ihre Arbeitnehmer in einer schwierigen Lebensphase und klären Sie diese über die Möglichkeiten der Pflegezeit auf. Denn Beschäftigte müssen bei einem Pflegefall in der Familie nicht vollständig aus dem Beruf aussteigen und können dem Betrieb weiterhin mit ihrem Know-how zur Verfügung stehen.
Sabine Boldt, Steuerfachangestellte und geprüfte Personalfachkauffrau, DIERKES PARTNER