Banner Online Kompaktkurse für fundiertes Wissen zu neuesten Gesesetzesänderungen und Abrechnungskriterien
Abo

Regierungskrise : Die rechtlichen Grundlagen der Übergangsphase bis zur Wahl

Die politische Landschaft Deutschlands erlebt derzeit eine Phase erheblicher Turbulenzen. Mit der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, am 11.12.2024 die Vertrauensfrage zu stellen, und der voraussichtlichen Auflösung des Bundestags um die Weihnachtszeit herum steht das Land vor Neuwahlen am 23.02.2025. Dies hat nicht nur politische, sondern auch gravierende praktische Konsequenzen für laufende Gesetzesvorhaben und die Kontinuität der parlamentarischen Arbeit.

Lesezeit 2 Min.

Verfassungsrechtliche Kontinuität trotz Mandatsablauf

Auch nach der Auflösung des Bundestags bleibt das alte Parlament bis zur Konstituierung des neuen handlungsfähig. Dies gewährleistet die im Grundgesetz verankerte Organ- und Arbeitskontinuität, obwohl die Mandate der Abgeordneten mit der Wahl erlöschen. Diese Regelung ist essenziell, um politische Handlungsfähigkeit in einer Übergangsphase zu sichern. Doch nicht alle Gesetzgebungsverfahren können von dieser Kontinuität profitieren.

Sachliche Diskontinuität: Gesetzesvorhaben stehen vor dem Aus

Gesetzesentwürfe, die bis zum Ende der Legislaturperiode nicht verabschiedet werden, fallen der sachlichen Diskontinuität anheim. Das bedeutet, dass sie als erledigt gelten und in der nächsten Wahlperiode neu eingebracht werden müssen. Dies betrifft sämtliche Vorlagen, die nicht bis zur Verabschiedung im Gesetzgebungsverfahren gelangt sind, mit Ausnahme reiner Informationsmitteilungen der Regierung.

Der Stand der Gesetzgebung im Detail

1. Vor der ersten Lesung:
Gesetzesentwürfe, die noch nicht in die erste Lesung eingebracht wurden, haben kaum Chancen auf Verabschiedung. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein Thema politisch hochgradig priorisiert ist, könnten Fristen verkürzt werden. Ein Beispiel hierfür ist die schnelle Anpassung der Insolvenzordnung während der Finanzkrise 2008.

2. In den Ausschüssen:
Gesetzesvorhaben, die sich bereits in der Ausschussberatung befinden, haben bessere Aussichten, insbesondere wenn eine überparteiliche Einigung absehbar ist. Ein prominentes Beispiel ist der Entwurf zur Stärkung der Resilienz des Bundesverfassungsgerichts, der auf breite Zustimmung stieß und trotz der Regierungskrise als verabschiedungsfähig gilt.

3. Mit Beschlussempfehlung:
Entwürfe mit Beschlussempfehlung stehen kurz vor der Abstimmung im Plenum. So wurde die Änderung der Höfeordnung am 14.11.2024 verabschiedet, wobei im Rahmen eines Omnibusverfahrens auch die Verlängerung der Überwachung von Telekommunikation bei Wohnungseinbruchsdiebstählen beschlossen wurde.

4. Im Vermittlungsausschuss:
Gesetze, die im Vermittlungsausschuss hängen, wie der Entwurf zur Hauptverhandlungsdokumentation, haben kaum Chancen auf Verabschiedung. Mit dem Ende der Legislaturperiode endet auch die Arbeit des Ausschusses, und alle dort anhängigen Gesetze gelten als erledigt.

Zukunft von Referentenentwürfen

Viele Referentenentwürfe, wie die zur Modernisierung des Computerstrafrechts, zur Tarifreue oder zur Arbeitszeiterfassung, sind derzeit noch in der Abstimmungsphase innerhalb der Ministerien. Ihre Verabschiedung vor den Neuwahlen erscheint unwahrscheinlich. Dennoch könnten diese Entwürfe in der nächsten Legislaturperiode erneut aufgegriffen werden, oft in modifizierter Form, um die geänderten politischen Mehrheitsverhältnisse zu berücksichtigen.

Fazit

Die Regierungskrise stellt den deutschen Gesetzgebungsprozess vor erhebliche Herausforderungen. Während politisch dringliche oder parteiübergreifend konsensfähige Vorhaben eine Chance auf Verabschiedung haben, wird ein Großteil der Gesetzes- und Referentenentwürfe der Diskontinuität zum Opfer fallen. Die neue Bundesregierung und der künftige Bundestag werden daher mit einer Vielzahl offener Baustellen konfrontiert sein, die es schnell zu priorisieren und anzugehen gilt.

Das politische System Deutschlands zeigt in dieser Phase sowohl seine Stabilität als auch die Grenzen seiner Effizienz in Zeiten des Übergangs. Es bleibt abzuwarten, wie die Akteure die Herausforderungen meistern und welche Gesetzesvorhaben in der kommenden Legislaturperiode erneut auf die Agenda gelangen.

Diesen Beitrag teilen: