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Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Wahlordnung (WO) erfolgt die Wahl zum Betriebsrat aufgrund von Vorschlagslisten, wenn mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Vorschlagslisten sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WO von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen.
Betriebsratswahl – Anfechtung, Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen, nachträgliche Ergänzung der Vorschlagslisten
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Wahlordnung (WO) erfolgt die Wahl zum Betriebsrat aufgrund von Vorschlagslisten, wenn mehr als drei Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Vorschlagslisten sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 WO von den Wahlberechtigten vor Ablauf von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen. Für die Berechnung der Frist finden nach § 41 WO die §§ 186 bis 193 BGB entsprechende Anwendung. Da für den Beginn der Frist der Erlass des Wahlausschreibens maßgebend ist, wird nach § 187 Abs. 1 BGB bei der Berechnung der Frist der Tag, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde, nicht mitgerechnet. Die Frist endet damit nach § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf des Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem das Wahlausschreiben erlassen wurde. In dem Wahlausschreiben hat der Wahlvorstand nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO anzugeben, dass Wahlvorschläge vor Ablauf von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand in Form von Vorschlagslisten einzureichen sind. Dabei ist der letzte Tag der Frist anzugeben. Die vorgeschriebene Angabe des letzten Tages der Frist ist nur eine zusätzliche Klarstellung. Sie soll dem Wahlvorstand keinen Spielraum einräumen.
Der Wahlvorstand kann die Möglichkeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands begrenzen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer liegt. Dem steht nicht entgegen, dass die gesetzliche Frist des § 6 WO nicht zur Disposition des Wahlvorstands steht.
Der Wahlvorstand kann keine andere als die gesetzlich vorgesehene Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen festlegen. Dies gilt nicht nur für den letzten Tag der Frist. Die Wahlordnung gewährt dem Wahlvorstand insoweit keinen Spielraum. Hätte der Verordnungsgeber dem Wahlvorstand die Befugnis einräumen wollen, die Uhrzeit des Fristablaufs im Hinblick auf die betrieblichen Gegebenheiten abweichend vom gesetzlich vorgeschriebenen Fristende zu bestimmen, so hätte er in § 3 Abs. 2 Nr. 8 WO – ähnlich wie in § 3 Abs. 2 Nr. 11 WO – angeordnet, die Uhrzeit in dem Wahlausschreiben anzugeben.
Diese gesetzlichen Vorgaben hindern den Wahlvorstand jedoch nicht, in dem Wahlausschreiben den Zeitpunkt anzugeben, bis zu dem ihm am letzten Tag der Frist Wahlvorschläge zugehen können. Damit verkürzt der Wahlvorstand nicht die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen, sondern gibt bekannt, bis zu welchem Zeitpunkt ein fristgerechter Zugang der Vorschlagslisten bei ihm bewirkt werden kann.
Auf den Zugang von Wahlvorschlägen beim Wahlvorstand finden die allgemeinen Grundsätze für den Zugang von Willenserklärungen Anwendung. Wird ein Wahlvorschlag an der angegebenen Adresse des Wahlvorstands einem Wahlvorstandsmitglied übergeben, geht er dem Wahlvorstand im Zeitpunkt der Übergabe zu. Wird der Wahlvorschlag an der Betriebsadresse des Wahlvorstands in dessen Briefkasten oder sonstige Zugangsvorrichtung eingeworfen, geht er nicht ohne weiteres im Zeitpunkt des Einwurfs zu, sondern erst dann, wenn für den Wahlvorstand die Möglichkeit besteht, von dem Wahlvorschlag Kenntnis zu nehmen.
Die Angabe in einem Wahlausschreiben, dass die Wahlvorschläge bis zum Ende der Arbeitszeit oder der Dienststunden des Wahlvorstands eingereicht werden müssen, trägt daher den allgemeinen Regelungen über den rechtzeitigen Zugang von Willenserklärungen Rechnung. Wird ein Wahlvorschlag erst später in den Briefkasten des Wahlvorstands eingeworfen, besteht für den Wahlvorstand unter Zugrundelegung gewöhnlicher Verhältnisse erst am Folgetag die Möglichkeit, von dem Wahlvorschlag Kenntnis zu nehmen, denn es ist von ihm nicht zu erwarten, dass er sich über das Ende der betrieblichen Arbeitszeit bzw. der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24.00 Uhr im Betrieb aufhält, um einen Zugang von Wahlvorschlägen zu ermöglichen. Hierzu ist der Wahlvorstand nicht verpflichtet. Das Amt des Wahlvorstandsmitglieds ist ein Ehrenamt. Die Tätigkeit des Wahlvorstands findet grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Zwar haben Wahlvorstandsmitglieder, die betriebsbedingt außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit erforderliche Wahlvorstandstätigkeit leisten, in entsprechender Anwendung von § 37 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Freizeitausgleich. Das begründet allerdings nicht die Pflicht, sich am letzten Tag der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen über die Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer hinaus bis 24.00 Uhr im Betrieb aufzuhalten.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Pflicht des Wahlvorstands, eingereichte Wahlvorschläge unverzüglich zu prüfen (§ 7 Abs. 2 WO). Daraus ergibt sich zwar, dass der Wahlvorstand am letzten Tag der Einreichungsfrist Vorkehrungen treffen muss, um kurzfristig zusammentreten und eingehende Wahlvorschläge prüfen zu können, damit ggf. vorhandene Mängel noch rechtzeitig behoben werden können. Das bedeutet aber nicht, dass er sich hierzu über das Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer hinaus im Betrieb aufhalten muss. Dies gilt auch in einem Betrieb, der im Schichtdienst „rund um die Uhr“ arbeitet. Von den Mitgliedern des Wahlvorstands kann auch am letzten Tag der Einreichungsfrist nicht erwartet werden, dass sie länger tätig werden als die Mehrheit der Arbeitnehmer des Betriebs, ggf. bis 24.00 Uhr. Die wahlberechtigten Arbeitnehmer können sich aufgrund der Angaben im Wahlausschreiben auf das Ende der Dienstzeit der Mehrheit der Arbeitnehmer und des Wahlvorstands einstellen. Das voraussichtliche Ende der Arbeitszeit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebs am Tag des Fristablaufs ist vom Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens zu prognostizieren.
Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WO hat der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang zu prüfen und bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten. Unverzüglich im Sinne dieser Bestimmung bedeutet „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die im Gesetz genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist, wie sich aus der Formulierung „möglichst“ ergibt, keine starre Frist. Ob der Wahlvorstand unverzüglich gehandelt hat, ist unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung zu beurteilen. Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung der Vorschlagslisten und zur unverzüglichen Unterrichtung des Listenvertreters über die Ungültigkeit der Liste dient dazu, es dem Einreicher einer Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen.
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 WO ist eine Vorschlagsliste ungültig, wenn sie bei der Einreichung nicht die erforderliche Anzahl von Stützunterschriften aufweist. Ein Wahlvorschlag ist ein Vorschlag aller, die ihn unterzeichnet haben. Wird er, nachdem bereits Stützunterschriften angebracht wurden, geändert, führt dies zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass nachträglich Kandidaten gestrichen oder hinzugefügt werden und die danach gesammelten Stützunterschriften das Quorum nach § 14 Abs. 4 BetrVG nicht erfüllen. Ein Wahlvorschlag ist auch dann insgesamt ungültig, wenn ein Kandidat auf die Vorschlagsliste gesetzt wird, nachdem bereits Stützunterschriften geleistet wurden und die nach Abschluss der Wahlbewerberliste angebrachten Stützunterschriften zwar das Quorum des § 14 Abs. 4 BetrVG erfüllen, aus der Vorschlagsliste aber nicht zweifelsfrei hervorgeht, welche Kandidaten nachträglich auf die Liste gesetzt und nicht von den ursprünglichen Unterzeichnern unterstützt wurden. Die Einreichung von Wahlvorschlägen ist Teil des innerbetrieblichen Willensbildungsprozesses. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich spätere Unterstützer von der Person und Anzahl der bereits vorhandenen Unterstützer beeinflussen lassen, ist ein unbeeinträchtigter Willensbildungsprozess nicht mehr möglich, wenn späteren Unterzeichnern gegenüber der Eindruck erweckt wird, die Liste in der Gestalt, wie sie ihnen präsentiert wird, werde bereits von einer bestimmten Anzahl von Personen oder bestimmten Personen unterstützt.
Der Wahlvorstand genügt seiner Pflicht nach § 7 Abs. 2 WO grundsätzlich, wenn er die eingereichten Vorschlagslisten auf „erkennbare” Ungültigkeitsgründe überprüft. Zu prüfen sind alle Umstände, die geeignet sind, die Gültigkeit eines Wahlvorschlags infrage zu stellen und die der Wahlvorstand aufgrund der äußeren Gestaltung der eigereichten Urkunde unschwer erkennen kann. Eine kursorische, also oberflächliche Prüfung der Vorschlagsliste genügt den von der Wahlordnung aufgestellten Anforderungen nicht. Der Wahlvorstand ist gehalten, allen erkennbaren Problemen hinsichtlich der Gültigkeit von Wahlvorschlägen nachzugehen, um eine Anfechtbarkeit der Wahl durch den Ausschluss objektiv ungültiger Vorschlagslisten zu vermeiden. Damit erfüllt der Wahlvorstand die Mindestanforderungen für die Prüfung. § 7 Abs. 2 Satz 2 WO untersagt es ihm allerdings nicht, Wahlvorschläge durch weitere Nachforschungen auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen. Um den Zweck der Prüfung zu erreichen, macht es keinen Unterschied, ob der Wahlvorstand von möglichen Mängeln der Vorschlagsliste Kenntnis erhält, weil sich etwa Unterstützer an ihn wenden und ihm über Fehler beim Zustandekommen der Vorschlagsliste berichten, oder ob er hiervon durch eigene Nachfragen bei Unterstützern erfährt. Deshalb ist es dem Wahlvorstand gestattet, das ordnungsgemäße Zustandekommen aller Vorschlagslisten stichprobenartig nach pflichtgemäßem Ermessen zu überprüfen. Der Rahmen für derartige Nachforschungen des Wahlvorstands wird vor allem in zeitlicher Hinsicht dadurch begrenzt, dass die Prüfung der Wahlvorschläge unverzüglich zu erfolgen hat und der Wahlvorstand bei Ungültigkeit oder Beanstandung einer Liste den Listenvertreter unverzüglich schriftlich unter Angabe der Gründe zu unterrichten hat. Außerdem würde der Wahlvorstand sein Prüfungsermessen überschreiten, wenn er ohne nachvollziehbaren Grund Nachforschungen nur bezogen auf eine bestimmte Liste anstellen, also nach „zweierlei Maß” prüfen würde.
(BAG, Beschluss vom 16.01.2018 – 7 ABR 11/16)
Freistellung eines Mitglieds des Konzernbetriebsrats
Die regelmäßige Amtszeit des Betriebsrats beträgt nach § 21 Satz 1 BetrVG vier Jahre. Die Amtszeit beginnt nach § 21 Satz 2 BetrVG mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses oder, wenn zu diesem Zeitpunkt noch ein Betriebsrat besteht, mit Ablauf von dessen Amtszeit. Die Amtszeit endet bei Betriebsräten, die innerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums eines Wahljahres gemäß § 13 Abs. 1 BetrVG gewählt worden sind und deren Amtszeit innerhalb dieses Wahlzeitraums begonnen hat, mit Fristablauf. Beginn und Ende der Vier-Jahresfrist sind nach §§ 187 ff. BGB zu berechnen. Ein Anspruch auf Freistellung von Konzernbetriebsratsmitgliedern kann allerdings nicht auf § 38 Abs. 1 BetrVG gestützt werden. Diese Vorschrift bestimmt für den Betriebsrat, dass eine von der Betriebsgröße abhängige Mindestzahl von Betriebsratsmitgliedern für die jeweils laufende Amtsperiode von der Arbeit freizustellen ist. Die Vorschrift ist auf den Konzernbetriebsrat ebenso wenig anwendbar wie auf den Gesamtbetriebsrat. In § 59 Abs. 1 BetrVG, der für die Geschäftsführung des Konzernbetriebsrats auf einzelne für den Betriebsrat geltende Vorschriften Bezug nimmt, fehlt – ebenso wie in § 51 Abs. 1 BetrVG für die Geschäftsführung des Gesamtbetriebsrats – eine Verweisung auf § 38 BetrVG. Die Verweisungsvorschriften in § 59 Abs. 1 BetrVG sind abschließend. Sie können insbesondere nicht durch die allgemeine Bezugnahme auf Rechte und Pflichten des Betriebsrats wie in § 59 Abs. 1 in Verbindung mit § 51 Abs. 5 BetrVG erweitert werden. Der Konzernbetriebsrat kann jedoch einen eigenen Anspruch auf eine generelle (Teil-)Freistellung eines oder mehrerer seiner Mitglieder auf § 59 Abs. 1 in Verbindung § 37 Abs. 2 BetrVG stützen, sofern die Freistellung für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben des Konzernbetriebsrats erforderlich ist. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind die Mitglieder des Betriebsrats ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer Arbeitspflicht zu befreien, wenn und soweit dies zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Diese Vorschrift gewährt einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung in erster Linie für die Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten im Einzelfall. Allerdings kann der Betriebsrat von dem Arbeitgeber auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 BetrVG auf der Grundlage von § 37 Abs. 2 BetrVG verlangen, eines oder mehrere seiner Mitglieder dauerhaft von der Arbeitspflicht zu befreien, sofern nach Art und Umfang des Betriebs die zusätzliche Freistellung zur ordnungsgemäßen Durchführung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben erforderlich ist. Dieser auf § 37 Abs. 2 BetrVG gestützte Freistellungsanspruch kann sowohl über die Mindeststaffel des § 38 Abs. 1 BetrVG hinausgehende Freistellungen als auch Freistellungen in Betrieben mit regelmäßig weniger als 200 Arbeitnehmern, für die § 38 Abs. 1 BetrVG keine generellen Freistellungen vorsieht, rechtfertigen.
Eine pauschale Freistellung nach § 37 Abs. 2 BetrVG kann nicht nur der Betriebsrat, sondern auch der Konzernbetriebsrat für seine Mitglieder geltend machen. Dafür spricht bereits der Gesetzeswortlaut. Nach § 59 Abs. 1 BetrVG gilt § 37 Abs. 2 BetrVG für den Konzernbetriebsrat entsprechend. Daher können nach § 37 Abs. 2 BetrVG – neben anlassbezogenen Arbeitsbefreiungen – vom Konzernbetriebsrat auch generelle (Teil-)Freistellungen von Konzernbetriebsratsmitgliedern beansprucht werden, sofern dies zur ordnungsgemäßen Durchführung seiner Aufgaben erforderlich ist.
Aus der Tatsache, dass wegen der fehlenden Verweisung auf § 38 Abs. 1 BetrVG in § 59 Abs. 1 BetrVG die generelle Freistellungsmöglichkeit für den Konzernbetriebsrat nicht gegeben ist, kann nicht geschlossen werden, dass dem Konzernbetriebsrat nach der gesetzlichen Konzeption ständige Freistellungen grundsätzlich verwehrt sind. Für die in § 38 Abs. 1 BetrVG genannte Mindestzahl von Freistellungen wird aufgrund der Belegschaftsstärke des Betriebs unwiderleglich vermutet, dass diese zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben erforderlich sind. Damit regelt § 38 Abs. 1 BetrVG nicht abschließend die pauschale Freistellung von Mandatsträgern.
Die Ansicht, der Anspruch auf erforderliche generelle Freistellung von Mitgliedern des Konzernbetriebsrats zur Durchführung von Konzernbetriebsratstätigkeiten sei ggf. von dem Betriebsrat geltend zu machen und durchzusetzen, dem das Konzernbetriebsratsmitglied angehöre, verkennt, dass Betriebsrat und Konzernbetriebsrat unterschiedliche betriebsverfassungsrechtliche Organe mit eigenständigen und voneinander unabhängigen Aufgabenstellungen sind. Dafür billigt § 59 Abs. 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat und seinen Mitgliedern einen eigenen Anspruch auf Arbeitsbefreiung zu, der unabhängig von den Verhältnissen in den jeweiligen Einzelbetriebsräten zu beurteilen ist. Da der Anspruch auf eine ständige Freistellung auf der Grundlage von § 37 Abs. 2 BetrVG konkrete Angaben zur Erforderlichkeit und damit zur Organisation und Aufgabenzuweisung im Gremium verlangt, kann er nur von dem Gremium geltend gemacht werden, das die Freistellung zur Erledigung seiner Aufgaben begehrt. Der örtliche Betriebsrat verfügt regelmäßig auch nicht über hinreichende Kenntnisse der Arbeitsorganisation des Konzernbetriebsrats sowie des auf dessen Geschäftsführung entfallenden Aufwands und könnte die zu erwartende Belastung seiner Mitglieder durch Konzernbetriebsratstätigkeiten nicht hinreichend verlässlich beurteilen.
Zudem hätte der Konzernbetriebsrat keine Handhabe, notwendige Arbeitsbefreiungen durchzusetzen, wenn die von ihm für erforderlich erachteten Freistellungen von den örtlichen Gremien nicht für notwendig gehalten werden oder die jeweiligen Betriebsräte untätig bleiben.
Zwar kann der Anspruch des Konzernbetriebsrats auf Freistellung seiner Mitglieder zu Abgrenzungs- und Konkurrenzproblemen mit den entsendenden Betriebsräten führen. Dies gebietet es aber nicht, dem Konzernbetriebsrat einen eigenen Anspruch auf ständige Freistellungen nach § 37 Abs. 2 BetrVG vorzuenthalten. Dem Konzernbetriebsrat ist es verwehrt, im Wege einer eigenen Freistellungsentscheidung Einfluss auf die Arbeitsorganisation und Aufgabenverteilung im örtlichen Betriebsrat zu nehmen. Die Entscheidung über die eigene Geschäftsführung und Aufgabenzuweisung obliegt dem jeweiligen Gremium selbst. Andererseits steht es aber auch dem örtlichen Betriebsrat nicht zu, seinerseits über die Aufgabenverteilung und Arbeitsorganisation im Konzernbetriebsrat zu befinden. Dies führt dazu, dass das jeweilige Gremium bei seiner Freistellungsentscheidung zu berücksichtigen hat, ob und ggf. in welchem Umfang seine Mitglieder bereits in anderen Gremien freigestellt sind und ob Überschneidungen oder Konkurrenzen drohen, die es zu vermeiden gilt. Ist etwa ein Mitglied des Konzernbetriebsrats bereits nach § 38 BetrVG als Mitglied des Betriebsrats vollständig freigestellt, kann der Konzernbetriebsrat eine pauschale Freistellung dieses Konzernbetriebsratsmitglieds nicht zusätzlich beschließen. Eine solche Entscheidung könnte gegenüber dem Arbeitgeber keine Bedeutung erlangen. Die Freistellung eines Mandatsträgers bewirkt den Wegfall der Verpflichtung zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. An die Stelle der Arbeitspflicht tritt die Verpflichtung des Mandatsträgers, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit am Sitz des jeweiligen Gremiums anwesend zu sein und sich dort für anfallende Gremienarbeit bereitzuhalten.
Besteht bereits auf der Grundlage einer im Betrieb beschlossenen Vollfreistellung keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung gegenüber dem Vertragsarbeitgeber, kann eine weitere Freistellungsentscheidung eines anderen Gremiums keine Auswirkungen mehr haben, da eine weitere Freistellung eines bereits vollständig freigestellten Mandatsträgers nicht möglich ist. Der Konzernbetriebsrat könnte in einem solchen Fall auch nicht durch eine entsprechende Beschlussfassung bewirken, dass im Umfang der von ihm beschlossenen weiteren Freistellung eine bereits beschlossene Freistellung im Betriebsrat wirkungslos ist. Damit würde der Konzernbetriebsrat unzulässigerweise in die Kompetenzen des Betriebsrats eingreifen. Das bedeutet nicht, dass einem für Betriebsratstätigkeiten vollständig freigestellten Betriebsratsmitglied keine Aufgaben des Konzernbetriebsrats übertragen werden können. Wird ein bereits vollständig für Betriebsratstätigkeiten nach § 38 BetrVG freigestelltes Betriebsratsmitglied auch für Konzernbetriebsratsaufgaben herangezogen, hat das Mitglied dies mit seinen Aufgaben im Betriebsrat in Einklang zu bringen. Nimmt es Aufgaben für den Konzernbetriebsrat wahr, ist es an der Durchführung von Aufgaben als Betriebsratsmitglied zeitweilig verhindert. Der Betriebsrat ist dann nicht gehalten, die ihm zustehende Freistellung ganz oder teilweise für die Erledigung von Aufgaben des Konzernbetriebsrats zu verwenden, da die Freistellungsregelung in § 38 Abs. 1 BetrVG eine pauschalierende Regelung zur Arbeitsbefreiung darstellt, die ausschließlich der Erledigung von Betriebsratsaufgaben dient. Die zeitweise Verhinderung des freigestellten Betriebsratsmitglieds wegen der Wahrnehmung von Aufgaben im Konzernbetriebsrat kann den Betriebsrat berechtigen, weitere Freistellungen auf der Grundlage von § 37 Abs. 2 BetrVG geltend zu machen.
Im umgekehrten Fall gilt nichts anderes: Ist ein Mitglied des Konzernbetriebsrats vollständig nach § 37 Abs. 2 BetrVG freigestellt, ist der Betriebsrat gehindert, eine weitere pauschale Freistellung dieses Betriebsratsmitglieds zu verlangen. Soweit dieses Betriebsratsmitglied im Einzelfall aufgrund seiner Betriebsratstätigkeiten verhindert ist, Konzernbetriebsratsaufgaben wahrzunehmen, kann dem Konzernbetriebsrat ggf. eine weitere pauschale Freistellung auf der Grundlage von § 37 Abs. 2 BetrVG zustehen. Der Betriebsrat hat im Übrigen die Möglichkeit, eine solche Konkurrenzsituation durch Abberufung seines Betriebsratsmitglieds aus dem Konzernbetriebsrat zu vermeiden und stattdessen ein anderes Mitglied in den Konzernbetriebsrat zu entsenden.
(BAG, Beschluss vom 23.05.2018 – 7 ABR 14/17)