Steuerliche Behandlung von Arbeitgeberdarlehen – Teil 2 : Wann liegt ein steuerpflichtiger Arbeitslohn beim Zinsvorteil vor?
Derzeit sind Bankkredite im Vergleich zu früheren Jahren noch günstig. Allerdings wurden in den letzten Monaten die Zinsen für Kredite deutlich erhöht. Der Weg zur Bank ist für viele der klassische Weg, um sich Geld zu leihen. Doch nicht nur Banken und private Geldgeber verleihen Geld, auch Arbeitgeber stellen Darlehen für ihre Mitarbeiter zur Verfügung. Lesen Sie im zweiten Teil wie Arbeitgeber bewerten, die Darlehen im Rahmen des Rabattfreibetrags zur Verfügung stellen, und was beim Verzicht auf eine Sicherheitenbestellung zu beachten ist.
Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG
Ein Arbeitgeberdarlehen ist nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten, wenn ein zinsloses oder zinsverbilligtes Darlehen vom Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt wird und er dieses auch betriebsfremden Dritten vergibt, ohne den Vorteil nach § 40 EStG pauschal zu versteuern. Dieses ist bei Banken oder Finanzdienstleistern anzunehmen, wenn diese ihren Arbeitnehmern ein Arbeitgeberdarlehen zur Verfügung stellen.
Dazu führt das Einkommensteuergesetz aus:
„3) 1 Erhält ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses Waren oder Dienstleistungen, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 pauschal versteuert wird, so gelten als deren Werte abweichend von Absatz 2 die um 4 Prozent geminderten Endpreise, zu denen der Arbeitgeber oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. 2 Die sich nach Abzug der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile sind steuerfrei, soweit sie aus dem Dienstverhältnis insgesamt 1.080 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.“

Auch bei dieser Bewertung ist der Endpreis der sich aus der Dienstleistung ergebende Preis, den ein Dritter unter Berücksichtigung der im Preisaushang der kontoführenden Zweigstelle der Bank oder im Preisverzeichnis des Arbeitgebers, das zur Einsichtnahme bereitgehalten wird, als Letztverbraucher im allgemeinen Geschäftsverkehr für ein vergleichbares Darlehen zahlen müsste.
Der geldwerte Vorteil ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem stets um 4 Prozent geminderten Effektivzinssatz, den der Arbeitgeber fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr für ein vergleichbares Darlehen anbietet, und dem Zinssatz, der mit dem Arbeitnehmer vereinbart wurde. Der Arbeitgeber muss in den Lohnunterlagen die zur Ermittlung des Endpreises und zur Berechnung des geldwerten Vorteils herangezogenen Werte dokumentieren und aufbewahren.
Bei der Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG ist der Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 Euro jährlich zu berücksichtigen.
Beispiel 7: Eine Bank gewährt ihrem Arbeitnehmer ein Arbeitgeberdarlehen. Der Arbeitnehmer erhält im Januar 2022 ein Wohnbaudarlehen in Höhe von 120.000 Euro zu einem Zinssatz von 1,48 Prozent. Ein vergleichbares Darlehen bietet die Bank ihren Kunden im allgemeinen Geschäftsverkehr zu einem Effektivzinssatz von 3,58 Prozent an.
Lösung:
Marktüblicher Zinssatz 3,58 Prozent
Abschlag von 4 Prozent 0,14 Prozent
Maßstabszinssatz 3,44 Prozent
Effektivzinssatz Arbeitnehmer 1,48 Prozent
Zinsvergünstigung 1,96 Prozent
120.000 Euro × Maßstabszinssatz 3,44 Prozent 4.128 Euro
120.000 Euro × Effektivzinssatz des Arbeitnehmers 1,48 Prozent 1.776 Euro
Zinsvorteil 2.352 Euro
Rabattfreibetrag § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG 1.080 Euro
Geldwerter Vorteil jährlich 1.272 Euro
Bei einer monatlichen Zinszahlung ergibt sich somit ein steuer- und beitragspflichtiger geldwerter Vorteil von monatlich 106 Euro.
Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung
Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger gehen bei Zinsersparnissen von einer Beitragsfreiheit aus, wenn auch die Finanzverwaltung diese lohnsteuerfrei behandelt.
Pauschalierung der Lohnsteuer
Zinsvorteile, deren maßgebender Zinszahlungszeitraum den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum überschreitet, können als sonstige Bezüge i. S. d. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG pauschal versteuert werden.
Die Pauschalierung des geldwerten Vorteils aus einem unentgeltlichen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehen ist auf Antrag des Arbeitgebers nach § 40 EStG bis zu einer Summe von 1.000 Euro pro Arbeitnehmer im Kalenderjahr möglich. Der Zinsvorteil ist in diesem Fall nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten. Wird nur ein Teil des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines unentgeltlichen oder zinsverbilligten Darlehens pauschal versteuert, so ist der individuell zu versteuernde geldwerte Vorteil für den Teilbetrag des Darlehens bei der Bewertung außer Ansatz zu lassen.

Beispiel 8:
Eine Bank gewährt ihrem Arbeitnehmer ein Arbeitgeberdarlehen. Der Arbeitnehmer erhält im Januar 2022 ein Wohnbaudarlehen in Höhe von 120.000 Euro zu einem Zinssatz von 1,10 Prozent. Ein vergleichbares Darlehen bietet die Bank ihren Kunden im allgemeinen Geschäftsverkehr zu einem Effektivzinssatz von 3,58 Prozent an. Der nachweisbare günstigste Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen am Markt beträgt bei einer Direktbank im Internet 4 Prozent.
Der Arbeitgeber beantragt die Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Lösung:
Der geldwerte Vorteil wird nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG bewertet. Der Abschlag von 4 Prozent kommt nicht in Betracht (R 8.1 Abs. 2 Satz 3 LStR).
Marktüblicher Zinssatz 4,00 Prozent
Effektivzinssatz Arbeitnehmer 1,10 Prozent
Zinsvergünstigung 2,90 Prozent
120.000 Euro × Effektivzinssatz des Arbeitnehmers 2,90 Prozent = 3.480 Euro geldwerter Vorteil im Jahr.
Erhält der Arbeitnehmer keinen weiteren pauschal versteuerten Arbeitslohn, kann der Zinsvorteil bis zu einem Höchstbetrag von 1.000 Euro jährlich pauschal versteuert werden. Die Summe des durch die Pauschalierung möglichen Darlehensbetrags beträgt 50.000 Euro (2 Prozent von 50.000 Euro = 1.000 Euro). Der restliche Darlehensteilbetrag in Höhe von 70.000 Euro wird mit seinem Zinsvorteil individuell versteuert. Dazu wird der geldwerte Vorteil wie folgt ermittelt:
70.000 Euro × Maßstabszinssatz 3,44 Prozent (s. Bsp. 7) 2.408 Euro
70.000 Euro × Effektivzinssatz des Arbeitnehmers 1,10 Prozent 770 Euro
Zinsvorteil 1.638 Euro
Rabattfreibetrag § 8 Abs. 3 Satz 2 EStG 1.080 Euro
Geldwerter Vorteil jährlich 558 Euro
Bei einer monatlichen Zinszahlung ergibt sich somit ein steuer- und beitragspflichtiger geldwerter Vorteil von monatlich 46,50 Euro.

Verzicht auf Sicherheitenbestellung
Darlehen werden zum Teil durch eine sog. Sicherheitenbestellung abgesichert. Bei einem Baudarlehen ist dies in den meisten Fällen eine Grundschuldbestellung, mit der die Bank den Ausfall des Schuldners absichert.
Das BMF führt in seinem Schreiben aus, dass beim Verzicht einer Sicherheitenbestellung von einem geldwerten Vorteil ausgegangen wird, wenn der Zinssatz eines vergleichbaren Darlehens eine solche Sicherheitenbestellung voraussetzt. Wird z. B. auf eine Grundschuldbestellung verzichtet, so sind in die Bewertung des geldwerten Vorteils insbesondere die üblichen Kosten und Gebühren des Notars und des Grundbuchamtes für eine dingliche Sicherung des Arbeitgeberdarlehens mit einzubeziehen. Auch diese Bewertungsgrundlage muss gesondert im Lohnkonto aufgezeichnet werden.
Zufluss Arbeitslohn
Für den Zeitpunkt des Zuflusses ist der Fälligkeitstermin der Zinsen als sog. Nutzungsentgelt für die Überlassung eines zinsverbilligten Darlehens anzusehen. Wird ein Darlehen zinslos überlassen, ist der Zuflusszeitpunkt zu dem Zeitpunkt anzunehmen, in dem das Entgelt zusammen mit der Tilgungsrate zusammen üblicherweise fällig wäre (vgl. BMF-Schreiben vom 19.05.2015, Rn. 26).

Versteuerung bei fehlendem Arbeitslohn
Erhält der Arbeitnehmer in einem Monat oder in mehreren Monaten keinen laufenden Arbeitslohn (z. B. wegen eines unbezahlten Urlaubs oder Elternzeit), ist bei der Wiederaufnahme der Arbeitslohnzahlung oder nach Ablauf des Kalenderjahres der Gesamtbetrag der im jeweiligen Zeitraum angefallenen geldwerten Vorteile aus einem noch nicht getilgten Arbeitgeberdarlehen nach § 41c EStG zu behandeln.
Scheidet der Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis aus und fallen infolge eines noch nicht getilgten zinslosen oder zinsverbilligten Arbeitgeberdarlehens geldwerte Vorteile aus dem beendeten Dienstverhältnis an, so hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen, wenn die Lohnsteuer nicht nachträglich einbehalten werden kann (§ 41c Abs. 4 Nr. 2 EStG). Dies ist vor allem zu beachten, wenn das Darlehen auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers weiter besteht.
Aufzeichnungspflichten für Kreditinstitute
Auf Antrag eines Kreditinstitutes kann das Betriebsstättenfinanzamt Ausnahmen von der Aufzeichnung der geldwerten Vorteile zulassen. Davon betroffen sind folgende geldwerte Vorteile, die sich ergeben aus der unentgeltlichen oder verbilligten
- Kontoführung,
- Nutzung von Kreditkarten,
- Nutzung von Geldautomaten,
- Überlassung von Schließfächern oder Banksafes
- sowie bei verbilligten Gebühren für die Depotführung (bis zu einem Depotwert von 60.000 Euro)
- oder aus dem unentgeltlichen bzw. verbilligten Verkauf und Ankauf von Devisen durch Barumtausch.
Das BMF-Schreiben nennt die Voraussetzungen, die für die Erleichterung der Aufzeichnungspflichten vorliegen müssen (vgl. Rn. 31).
Anrufungsauskunft Das BMF nennt in seinem Schreiben (vgl. Rn. 32) zusätzlich die Möglichkeit der Anrufungsauskunft. Steuerpflichtige können für Sachverhalte zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen eine Anrufungsauskunft i. S. d. § 42e EStG einholen.
Markus Stier