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Urteil des Bundesfinanzhofs : Teilnahme an einem Firmenfitnessprogramm kann steuerfrei sein

Können Aufwendungen für ein Firmenfitnessprogramm im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze steuerfrei behandelt werden?

Lesezeit 6 Min.
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Die Entscheidung des Gerichts Die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH) haben mit Urteil vom 07.07.2020 zum Aktenzeichen VI R 14/18 diese Frage entschieden.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber ermöglichte seinen Arbeitnehmern im Rahmen eines Firmenfitnessprogramms, in verschiedenen Fitnessstudios zu trainieren. Hierzu erwarb er einjährige Trainingslizenzen, für die monatlich jeweils 42,25 Euro zzgl. Umsatzsteuer zu zahlen waren. Die teilnehmenden Arbeitnehmer leisteten einen Eigenanteil von 16 Euro bzw. 20 Euro. Der Arbeitgeber ließ die Sachbezüge bei der Lohnbesteuerung außer Ansatz, da diese ausgehend von einem monatlichen Zufluss unter die 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge fielen.

Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, den Arbeitnehmern sei die Möglichkeit, für ein Jahr an dem Firmenfitnessprogramm teilzunehmen, „quasi in einer Summe“ zugeflossen, weshalb die 44-Euro-Freigrenze überschritten sei. Es unterwarf die Aufwendungen für die Jahreslizenzen abzüglich der Eigenanteile der Arbeitnehmer dem Pauschsteuersatz von 30 Prozent nach § 37b EStG.

Entscheidung

Die Richter des BFH schlossen sich nicht der Auffassung des Finanzamtes an. Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer (für Nicht-Arbeitnehmer) einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden (§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und für Geschenke i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG (§ 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG), die nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 Prozent erheben.

§ 37b Abs. 1 EStG gilt gemäß § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG auch für betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, soweit die Zuwendungen nicht in Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.

Die geldwerten Vorteile aus den vergünstigt zugewandten Trainingsberechtigungen bleiben nach Auffassung der Richter jedoch gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG außer Ansatz. Der Gesetzgeber ging nach Ansicht der Richter ersichtlich davon aus, dass Sachbezüge bis zur Freigrenze von 44 Euro bei der Besteuerung außer Ansatz bleiben und deshalb nicht von der Pauschalierung nach § 37b EStG erfasst werden.

Ausgehend hiervon ist es konsequent, dass § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG nicht als Ausschlusstatbestände in § 37b Abs. 2 Satz 2 EStG aufgenommen worden sind.

Nach diesen Vorschriften bleiben Sachbezüge, die nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bewerten sind, außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalendermonat nicht übersteigen. Im Rahmen der Prüfung, ob Sachzuwendungen die 44-Euro-Freigrenze überschreiten oder nicht, ist die Bewertung der fraglichen Zuwendungen nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vorzunehmen. Eine Bewertung nach § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG kommt insoweit nicht in Betracht. Denn die Anwendung dieser Bemessungsgrundlage setzt voraus, dass die fragliche Sachzuwendung gemäß § 37b EStG pauschal versteuert wird. Dies ist bei Zuwendungen, die die 44-Euro-Freigrenze nicht überschreiten, aber gerade nicht der Fall.

Die vom Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern verbilligt zugewandten Trainingsberechtigungen sind nach Ansicht der Richter Sachzuwendungen. Der Vorteil bestand in der Einräumung eines verbilligten Nutzungsrechts der Anlagen. Die Arbeitnehmer hatten gegenüber dem Arbeitgeber einen fortlaufend zu erfüllenden Anspruch darauf, dass sie die Anlagen verbilligt nutzen konnten. Die Arbeitnehmer waren zudem nur insoweit zum Training in den Anlagen berechtigt, als sie in den vom Arbeitgeber stets aktuell zu haltenden und an das Fitnessstudio zu übersendenden Namenslisten verzeichnet waren. Nach Ansicht der Richter sei der geldwerte Vorteil den teilnehmenden Arbeitnehmern als laufender Arbeitslohn monatlich zugeflossen. Als Lohnzahlungszeitraum ist, so die Richter, der Zeitraum anzusehen, für den der Arbeitslohn gezahlt wird; er richtet sich nach den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. Laufender Arbeitslohn ist danach durch seinen arbeitsvertraglich definierten Lohnzahlungszeitraum gekennzeichnet. Nach Ansicht der Richter handelte es sich bei den vom Arbeitgeber verbilligt zugewandten Trainingsberechtigungen um laufenden Arbeitslohn i. S. von § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG, der den Arbeitnehmern regelmäßig und nicht einmalig im Kalenderjahr mit der Aushändigung der Trainingsberechtigung bzw. des Mitgliedsausweises zufloss.

Zuflusszeitpunkt ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt. Nach Auffassung der Richter war durch die bloße Aushändigung der ausgedruckten Trainingsberechtigung bzw. des Mitgliedsausweises das Leistungsversprechen gegenüber den Arbeitnehmern noch nicht erfüllt. Diese Papiere beinhalteten keinen verbrieften Anspruch gegen das Fitnessstudio auf Nutzung der Anlagen. Der Arbeitgeber erfüllte das vertragliche Versprechen, seinen an dem Firmenfitnessprogramm teilnehmenden Arbeitnehmer die Nutzung der Anlagen verbilligt zu ermöglichen, fortlaufend, so die Richter, durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit. Diese stand den Arbeitnehmern während der (monatlichen) Lohnzahlungszeiträume ständig zur Verfügung.

Der Zufluss kann dabei nicht mit dem Entstehen des Nutzungsrechts, sondern erst mit der laufenden Nutzungsmöglichkeit angenommen werden, so die Richter weiter. Der Arbeitgeber habe sein vertragliches Versprechen, den Arbeitnehmern die Nutzung der Fitnessstudios zu ermöglichen, unabhängig von seiner eigenen Vertragsbindung monatlich fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Trainingsmöglichkeit erfüllt.

Nach Ansicht der Richter war für das Vorliegen von laufendem Arbeitslohn insbesondere ohne Bedeutung, dass eine Kündigung der Vereinbarung über die Teilnahme am Betriebssport durch die betreffenden Arbeitnehmer nur zum Ende eines Jahres möglich war. Unerheblich ist ebenso, ob die Vereinbarung über die Teilnahme an dem Firmenfitness-Programm befristet oder unbefristet erfolgte.

Für die Bewertung der Sachbezüge ist der monatlich zugeflossene geldwerte Vorteil maßgeblich. Dieser ist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen.

Üblicher Endpreis i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Preis, der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige

Waren tatsächlich gezahlt wird. Vergleichspreis ist grundsätzlich der günstigste Einzelhandelspreis am Markt. Der übliche Endpreis ist für die konkrete überlassene Ware oder Dienstleistung des fraglichen Herstellers oder Dienstleisters zu ermitteln.

Nach Auffassung der Richter ist es nicht zu beanstanden, den Wert eines dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber zugewandten Sachbezugs anhand der Kosten zu bemessen, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat, sofern der Arbeitgeber die Ware oder Dienstleistung aus Quellen bezogen hat, die auch Endverbrauchern zugänglich sind, und die Kosten um etwaige Nachlässe (etwa Mengenrabatte) bereinigt werden, die Endverbraucher nicht erhalten hätten.

Ist der übliche Endpreis des Sachbezugs nicht festzustellen, ist er zu schätzen. Der Sachbezug wurde vom Finanzgericht (FG) auf Basis der mitgeteilten durchschnittlichen Aufnahme- und Nutzungsentgelte mit 59 Euro im ersten Jahr der Mitgliedschaft und 53,50 Euro bzw. 57,50 Euro in den Folgejahren geschätzt. Unter Berücksichtigung der von den Arbeitnehmern geleisteten Zuzahlungen von monatlich 16 Euro bzw. 20 Euro lag hiernach keine Überschreitung der 44-Euro-Freigrenze vor.

Dem widersprachen die Richter des BFH.

Die Sachbezüge hätten nicht auf der Grundlage durchschnittlicher Aufnahme- und Nutzungsentgelte bewertet werden dürfen. Vielmehr hätte das Finanzamt den günstigsten (Einzelhandels-) Preis am Markt unter Heranziehung der Beteiligten im Schätzwege ermitteln und bei der Vorteilsbewertung ansetzen müssen. Nach Auffassung der BFH-Richter sind die den Arbeitnehmern zugewandten Sachbezüge anhand der Kosten zu bewerten, die der Arbeitgeber hierfür aufgewandt hat. Denn eine identische oder gleichartige Dienstleistung, wie sie den Arbeitnehmern mit den Trainingsberechtigungen verbilligt zugewandt wurde, wurde fremden Endverbrauchern am Markt überhaupt nicht angeboten. Die Nutzung der von X-Fitness bundesweit vermittelten Anlagen wurde nur gegenüber Unternehmen angeboten, die eine bestimmte Anzahl von Nutzungslizenzen erwarben.

Endverbraucher wie die Arbeitnehmer hatten daher keine Möglichkeit, eine solche Trainingsberechtigung zu erwerben. Die Trainingsberechtigung war angesichts der Vielzahl der Anlagen und der Verschiedenartigkeit der dort angebotenen (sportlichen) Aktivitäten auch nicht mit einer üblichen Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio vergleichbar.

Wird eine identische oder vergleichbare Leistung fremden Endverbrauchern am Markt nicht angeboten, ist eine Schätzung des mit dem verbilligten Leistungsbezug verbundenen geldwerten Vorteils anhand der Kosten des Arbeitgebers nicht zu beanstanden, so die Richter. Daher waren die Werte ansetzbar.

Der Arbeitgeber hatte nach der Firmenfitness-Mitgliedschaftsvereinbarung für 20 Trainingslizenzen 1.005,55 Euro zu zahlen, sodass die Kosten der Klägerin pro Lizenz 50,28 Euro einschließlich Umsatzsteuer betrugen. Abzüglich der von Arbeitnehmern geleisteten Zuzahlungen von monatlich 16 Euro bzw. 20 Euro waren die Sachbezüge, die den Arbeitnehmern monatlich in Form der verbilligten Trainingsberechtigungen zugewandt wurde, mit 34,28 Euro bzw. 30,28 Euro zu bewerten. Die Sachbezüge blieben damit gemäß § 8 Abs. 2 Satz 9 bzw. Satz 11 EStG außer Ansatz.

Unter Berücksichtigung der von den Arbeitnehmern geleisteten Eigenanteile sei daher die 44-Euro-Freigrenze eingehalten worden, so dass der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an dem

Firmenfitnessprogramm nicht zu versteuern sei.

Daniela Karbe-Geßler, Rechtsanwältin

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