Payroll der Zukunft : Betriebliche Altersversorgung: Chancen und Risiken
Die betriebliche Altersversorgung hat sich in der Bundesrepublik Deutschland stetig und in den letzten Jahren insgesamt positiv entwickelt. Während die langanhaltende Niedrigzinsphase und zunehmende Kündigungen von Gruppenverträgen durch externe Versorgungsträger notwendige Maßnahmen auf Arbeitgeberseite erzwingen, gehen nun erste Sozialpartnermodelle an den Start. Und obwohl die höchstrichterliche Rechtsprechung die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitgeberpflichten bereits seit Jahren sehr genau prüft, kommen durch das nun bußgeldbewährte und die Arbeitgeber-Informationspflichten verschärfende Nachweisgesetz seit 01.08.2022 neue Aufgaben auf die Arbeitgeber zu.
Das deutsche System der Altersvorsorge
Die gesetzliche Rente ist für die Mehrheit der Arbeitnehmer derzeit und auch weiterhin die wichtigste Einnahmequelle zur finanziellen Absicherung im Ruhestand. Sie steht als eine von drei Schichten (früher: Säulen) im System der Altersvorsorge neben der betrieblichen (zweite Schicht) und der privaten Vorsorge (dritte Schicht). Da aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung das gesetzliche Rentenniveau abgesenkt werden muss (Rente mit 67 schon ab 2031), gewinnt die betriebliche Altersversorgung vor allem für jüngere Arbeitnehmer an Bedeutung.
Betriebliche Altersversorgung (bAV) in der Praxis
Derzeit haben vor allem in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten nur 30 Prozent der Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung (bAV). Und was noch schlimmer ist, 42 Prozent der Geringverdiener mit einem Bruttolohn von weniger als 1.500 Euro haben weder eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung noch einen Riester-Vertrag. In der Folge werden steuerliche Förderungen nicht ausgeschöpft, und die Arbeitgeber setzen sich einem hohen Haftungsrisiko aus.
Sozialpartnermodell: Deutschlandrente hat Zukunft
Die Tarifpartner können nun auf tariflicher Grundlage reine Beitragszusagen einführen. Die neue Betriebsrente wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf der Grundlage spezifischer neuer Aufsichtsvorschriften überwacht. Damit stellt sie sozusagen einen sechsten Durchführungsweg in der betrieblichen Altersversorgung dar. Daneben ist es Sache der Sozialpartner, zusammen mit den Versorgungseinrichtungen möglichst effiziente und sichere Betriebsrentensysteme einzuführen, zu implementieren und zu steuern.
Dabei sind Mindest- oder Garantieleistungen für Arbeitnehmer verboten. Im Gegenzug werden Arbeitgeber von der Haftung befreit („pay and forget“). Der Arbeitgeber leistet einen Versorgungsbeitrag in eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds. Weder der Arbeitgeber noch der Lebensversicherer, die Pensionskasse oder der Pensionsfonds steht für eine Mindestleistung ein. Das Kapitalanlagerisiko wird so vollumfänglich auf den Arbeitnehmer verlagert. Dies gilt auch in der Rentenphase, laufende Renten können schwanken. Es sind keine Kapitalzusagen möglich, es muss sich um lebenslange Rentenversprechen handeln.
Eine Anpassungsprüfung nach § 16 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) ist ausgeschlossen. Die Anwartschaft ist sofort unverfallbar – egal ob bei Entgeltumwandlung oder bei arbeitgeberfinanzierter bAV. Erstmals kann so eine bAV angeboten werden, für deren dauerhaftes Leistungsniveau der Arbeitgeber nicht haften muss. Der Arbeitgeber steht lediglich für die sogenannte Zielrente ein, d. h. eine vorab definierte Betriebsrente entsprechend der eingebrachten Beiträge, nicht für deren Rendite.
Erste Sozialpartnermodelle gehen an den Start
Innerhalb weniger Tage wurden von der BaFin sowohl das auf einem Flächentarifvertrag basierende Branchen-Sozialpartnermodell der Chemie genehmigt als auch der unternehmensbezogene Verbandstarifvertrag der Energiewirtschaft. Das Energie-Sozialpartnermodell haben Verdi, die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie IGBCE, das Energieunternehmen Uniper, der Arbeitgeberverband energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen (AVEW) sowie die Arbeitgebervereinigung Bayerischer Energieversorgungsunternehmen (AGV Bayern) verhandelt.
Die Aufsichtsbehörde hat das bAV-Konzept des Metzler Pensionsfonds bei Uniper für unbedenklich erklärt. Der Tarifvertrag „reine Beitragszusage“ tritt am 01.01.2023 in Kraft und ist erstmals nach zehn Jahren kündbar. Die Tarifvereinbarung für das Sozialpartnermodell in der chemischen Industrie haben der Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC) und die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) geschlossen. Die BaFin erteilte dem Chemie-Pensionsfonds der R+V Versicherung die Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Sozialpartnermodell. Die neue tarifliche Regelung ist ab sofort in Kraft und wird auch anderen Versorgungswerken offenstehen.

Besteuerung der Altersversorgung
Die betriebliche Altersversorgung (bAV) erfährt in Deutschland traditionell eine steuer- und sozialversicherungsrechtliche Förderung. Hierin wird allgemein ein bedeutender Anreiz für Arbeitnehmer gesehen, die bAV in ihre persönliche Altersvorsorge zu integrieren. Aktuell zahlen nach Darstellung des Bundesfinanzministeriums (BMF) etwa 70 Prozent der Rentner keine Steuern. In Zukunft wird wegen der sukzessiven Einführung der nachgelagerten Besteuerung der Renten (Alterseinkünftegesetz 2005) dieser Anteil sinken. Aber trotz der veränderten Struktur der Rentner wird der Anteil der Steuerzahlenden vermutlich nicht über 50 Prozent liegen. Für die Entgeltumwandlung ist das positiv.
Ein großer Teil wird in der Beitragsphase von der Steuer entlastet, ohne im Alter Steuern zahlen zu müssen. Des Weiteren gilt es zu beachten, dass sich diese Investition in eine betriebliche Altersversorgung lohnt, weil man im Alter abgesichert ist. Bei einem Todesfall ist die Familie auf der sicheren Seite, und für jüngere Arbeitnehmer gilt es, das Risiko der Berufsunfähigkeit abzusichern. Nachdem jedoch der Verbreitungsgrad der bAV unter den Arbeitnehmern in den vergangenen Jahren bei ca. 60 Prozent stagnierte, stellt sich die Frage, ob die geltenden steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen eine weitere Verbreitung der bAV noch zu fördern vermögen oder ihr entgegenstehen.
Beiträge für Direktversicherungen, Pensionskassen und fonds sind seit 2005 gem. § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz (EStG) bis zu einem gesamten Höchstbetrag steuerfrei. Dies gilt allerdings nur bei Auszahlung der zugesagten Versorgungsleistungen in Form einer lebenslang zu zahlenden Leibrente, bei einem Auszahlungsplan mit Anschlussrente im Sinne des Gesetzes über die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen (AltZertG) sowie bei Entgeltumwandlung von vermögenswirksamen Arbeitgeberleistungen. Eine Teilkapitalzahlung bis zu 30 Prozent bei Rentenbeginn ist unschädlich, und im Übrigen kann ein Kapitalwahlrecht vereinbart werden. Die steuerliche Förderung beträgt seit 2018 max. acht Prozent (vormals vier Prozent) der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (BBG-RV). Die vormalige Aufstockung um einen Festbetrag i. H. v. 1.800 Euro entfielt gleichzeitig ab 2018.
Der Höchstbeitrag für das Jahr 2023 beträgt 584 Euro monatlich bzw. 7.008 Euro jährlich (2022: 6.768 Euro). Der Höchstbeitrag für die Sozialversicherungsfreiheit beläuft sich auf 292 Euro monatlich bzw. 3.504 Euro jährlich (2022: 3.384 Euro), entsprechend einem Höchstwert von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung West. (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 Sozialversicherungs-Entgeltverordnung (SvEV)). Auf den steuerfreien Höchstbetrag sind die nach § 40b EStG a. F. (Altzusagen) bis 1.752 Euro pauschal besteuerten Beiträge zur kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung an Pensionskassen und Direktversicherungen anzurechnen.

Begünstigter Personenkreis
Zum begünstigten Personenkreis gehören grundsätzlich alle Beschäftigten. Dies beinhaltet: geringfügig Beschäftigte, Werkstudierende, Versicherte in einem berufsständischen Versorgungswerk sowie Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Voraussetzung ist lediglich ein bestehendes erstes Dienstverhältnis.
Abgrenzung von Alt- und Neuzusagen neu geregelt
Der Bundesfinanzhof (BFH) befasste sich in seinem Urteil vom 01.09.2021, Az. VI R 21/19 mit der Abgrenzung von Alt- und Neuzusagen bei Direktversicherungen. Hat der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers mehrere Direktversicherungen abgeschlossen, ist die Frage, ob diese auf verschiedenen Versorgungszusagen beruhen, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Der Zeitpunkt bestimmt sich nach der arbeits- bzw. betriebsrentenrechtlichen Verpflichtungserklärung des Arbeitgebers (Anschluss an BMF-Schreiben vom 24.07.2013, BStBl. I 2013, 1022, Rz. 350). Das Fehlen oder Vorliegen eines zusätzlichen biometrischen Risikos kann dabei lediglich als ein Indiz herangezogen werden. Es ist keine gesetzliche Voraussetzung für eine Neuzusage (entgegen BMF-Schreiben vom 24.07.2013, BStBl. I 2013, 1022, Rz. 355). Mit BMF-Schreiben vom 18.03.2022 wurden diese Vorgaben übernommen. Dies hat Auswirkungen auf die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung gem. § 40b EStG, die sich weiterhin einer großen Beliebtheit erfreut.
Pauschalbesteuerung (§ 40b EStG) im Wandel
Für Direktversicherungen (bis zum 31.12.2004) und Pensionskassen (bis zum 31.12.2001) bestand (und besteht) die Möglichkeit einer Pauschalbesteuerung gemäß § 40b EStG a. F. Arbeitgeberbeiträge, die im Kalenderjahr 1.752 Euro nicht übersteigen, können mit einem Pauschsteuersatz von 20 Prozent besteuert werden (zzgl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag). Sind mehrere Arbeitnehmer gemeinsam in einem Vertrag versichert, so können für einzelne Arbeitnehmer bis zu 2.148 Euro jährlich pauschal versteuert werden, wenn der Durchschnittsbetrag je Versicherten 1.752 Euro nicht übersteigt.

Für Beiträge an Pensionskassen, die aufgrund von nach dem 31.12.2001 und vor dem 01.01.2005 erteilten Zusagen geleistet werden, gilt folgende Regelung:
Entrichtet der Arbeitgeber über die Vier-Prozent-Grenze hinaus (§ 3 Nr. 63 EStG) weitere Beiträge an die Pensionskasse, so kann der übersteigende Betrag ebenfalls mit 1.752 Euro p. a. bis zu 20 Prozent pauschal versteuert werden.
Seit 2018 gilt für die Anwendung der Pauschalbesteuerung eine neue Abgrenzung:
Die Pauschalbesteuerung kann demnach weiter angewendet werden, wenn vor dem 01.01.2018 mindestens ein Beitrag nach § 40b Absatz 1 und 2 EStG a. F. pauschal besteuert wurde (§ 52 Abs. 40 EStG n. F.).
Steuerliches Rentenbezugsmitteilungsverfahren
Das Rentenbezugsmitteilungsverfahren gem. § 22a EstG ist ein automatisiertes Verfahren zur Gewährleistung der bei allen Steuerpflichtigen gleichmäßigen, d. h. der vollständigen und zutreffenden Besteuerung von Renten und anderen mit diesen im Zusammenhang stehenden Leistungen. Dabei können die Leistungen dauerhaft oder auch in Form eines Einmalbetrags gezahlt werden. Die die Leistung auszahlenden Stellen (sogenannte mitteilungspflichtige Stellen) sind verpflichtet, die ausgezahlten Leistungen in Form eines elektroni schen Datensatzes (Rentenbezugsmitteilung) jährlich an die zentrale Stelle für Altersvermögen (ZfA) der Deutschen Rentenversicherung Bund zu übermitteln. Die ZfA ist eine Abteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV). Sie ist die Schnittstelle zwischen den mitteilungspflichtigen Stellen und der jeweiligen Landesfinanzverwaltung. Als solche führt sie die Aufgabe der Sammlung und Weitergabe der Rentenbezugsmitteilungen an die Landesfinanzbehörden für das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) im Wege der sog. Organleihe gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) aus. Die zentrale Stelle handelt als Bundesfinanzbehörde und unterliegt der Fachaufsicht des BZSt.
Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen
Eine Rentenbezugsmitteilung muss bis zum letzten Tag des Monats Februar des Jahres, das auf das Jahr folgt, in dem eine Rente oder andere Leistung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG und § 22 Nummer 5 EStG einem Leistungsempfänger zugeflossen ist, übermittelt werden.
Verpflichtet zur Übermittlung einer Rentenbezugsmitteilung durch Datenübertragung sind: Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die landwirtschaftlichen Alterskassen, die berufsständischen Versorgungseinrichtungen, Pensionskassen, Pensionsfonds, Versicherungsunternehmen, Unternehmen, die Verträge im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b EStG anbieten sowie Anbieter im Sinne von § 80 EStG.
Angaben in der Rentenbezugsmitteilung
Die Grundlage für die Angaben in der Rentenbezugsmitteilung sind § 22a EStG und § 93 c der Abgabenordnung. Vom Steuerpflichtigen (hier: Leistungsempfänger) werden in der Rentenbezugsmitteilung u. a. folgende Angaben übermittelt: Name und Vorname, Tag der Geburt, ggf. eine ausländische Anschrift, Staatsangehörigkeit, steuerliche Identifikationsnummer, der Betrag der Rente oder anderen Leistung sowie der Zeitpunkt des Leistungsbezugs.
Rentenbezugsmitteilung für gesetzliche Renten
Immer mehr Rentnerinnen und Rentner sind verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben – und zwar immer dann, wenn das zu versteuernde Einkommen den jährlichen Grundfreibetrag überschreitet. 2022 lag er für Alleinstehende bei 9.984 Euro und für Verheiratete bei gemeinsamer Veranlagung bei 19.968 Euro.

Durch das Jahressteuergesetz in Verbindung mit dem Inflationsausgleichsgesetz steigen die Grundfreibeträge im Jahr 2023 stärker als üblich auf dann 10.908 Euro für Alleinstehende und 21.816 Euro für Verheiratete. Auf Wunsch stellt die Deutsche Rentenversicherung kostenlose Bescheinigungen aus. Sie enthalten alle steuerrechtlich relevanten Beträge mit Hinweisen, in welchen Zeilen der Steuervordrucke die Werte eingetragen werden können. Aufgrund der Neugestaltung der Vordrucke zur Steuererklärung und der automatischen Datenübertragung von der Rentenversicherung an das zuständige Finanzamt ist es seit diesem Jahr nicht zwingend erforderlich, die Daten in die «Anlage R» und «Altersvorsorgeaufwand» einzutragen. Sinnvoll ist das Eintragen, wenn eine elektronische Steuererklärung zum Beispiel via Elster abgegeben wird und man sich vorab die mögliche Rückerstattung ausrechnen lassen will. Ansonsten entfällt dieser Schritt. Wird die Rentenbezugsmitteilung zur Vorlage beim Finanzamt erstmalig benötigt, kann sie im Internet angefordert werden. Wer eine Rente bezieht und schon einmal eine Rentenbezugsmitteilung der Deutschen Rentenversicherung beantragt hat, erhält die Bescheinigung über die für 2022 gemeldeten Daten automatisch. Sie wird zwischen Mitte Januar und Ende Februar zugesendet.
Nutzen für Arbeitgeber
Arbeitgeber werden durch die Einführung einer betrieblichen Altersvorsorge ihrer gesetzlichen Informations- und Beratungspflicht gemäß § 1 ff. BetrAVG gerecht und vermeiden hohe Haftungsrisiken. Sie binden die qualifizierten Mitarbeiter durch eine attraktive Vergütung mit Vorsorgebausteinen an ihr Unternehmen und reduzieren auf Dauer die Lohnnebenkosten. Es bestehen bei der Implementierung der Direktversicherung keine zusätzlichen Kosten oder Verwaltungsaufwendungen. Die Arbeitgeberaufwendungen können bilanzneutral und vollständig als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Im Rahmen von Gruppenverträgen bei starken Anbietern lassen sich langfristig attraktive Renditen erzielen.
Nachgelagerte Versteuerung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Frühsommer 2021 entschieden, dass die nachgelagerte Rentenbesteuerung dem Grunde nach verfassungsgemäß sei.

Er führte aus, dass es nicht auszuschließen ist, dass es vielfach zu einer Doppelbesteuerung kommen kann! Im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung ragt folglich das Projekt zur Umsetzung der BFH-Rechtsprechung zur Rentenbesteuerung heraus. Die Übergangsphase hin zu einer nachgelagerten Besteuerung soll entzerrt werden. Der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgebeiträge wird auf 2023 (statt wie ursprünglich geplant 2025) vorgezogen. Außerdem soll der steuerpflichtige Rentenanteil nur noch um einen halben Prozentpunkt pro Jahr gesteigert werden, sodass die Vollbesteuerung erst im Jahr 2060 eintritt. Ob das eine Doppelbesteuerung im Einzelfall tatsächlich verhindert, kann künftig nur anhand der tatsächlichen Berechnungen beurteilt werden.
Nachweisgesetz bußgeldpflichtig verschärft
Völlig neu im Nachweisgesetz (NachwG) ist, dass der Arbeitgeber nun in der Niederschrift den Namen und die Anschrift des Versorgungsträgers aufnehmen muss, wenn er eine bAV extern zugesagt hat. Die Nachweispflicht entfällt nur dann, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist. Es ist nicht ab – schließend geklärt, ob von der künfig geltenden Regelung nur die in § 1b Abs. 2 bis Abs. 4 BetrAVG genannten Versorgungsträger, also Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds und Unterstützungskasse, oder auch unternehmenseigene oder überbetriebliche Contractual Trust Agreements (im Folgenden „CTAs“) bei Direktzusagen umfasst sind. Im Fall von Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds sind die Versorgungsträger nach den §§ 234k ff. des Versicherungsaufsichtsgesetzes zur Information verpflichtet. Dort könnte streitig sein, ob die Nachweispflicht des Arbeitgebers auflebt, wenn der eingeschaltete Versorgungsträger seiner Informationspflicht nicht nachkommt. Die neuen Nachweispflichten für die bAV können ersetzt werden durch einen Hinweis auf die anwendbaren Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen sowie Regelungen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts die Arbeitsbedingungen für kirchliche Arbeitgeber festlegen.
Das Nachweisgesetz sieht zudem eine Verschärfung der Nachweisfristen vor. Bei neuen Versorgungsordnungen ist die Information noch am ersten Tag der Arbeitsleistung, diejenige über einen externen Versorgungsträger spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen. Bei bestehenden Versorgungsordnungen ist diese dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber auszuhändigen.
Die Niederschrift mit den Angaben zum Arbeitsentgelt (Zusammensetzung, Höhe, Art der Auszahlung) ist spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen, und bei Änderungen der Versorgungsordnung muss der Arbeitgeber spätestens an dem Tag, an dem die Änderung wirksam wird, informieren. Im Bereich der bAV handelt ordnungswidrig, wer die oben genannten Nachweispflichten nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt. Und das Schriftformerfordernis ist zwingend einzuhalten. Besonders hinderlich ist gerade in der bAV auch das Schriftformerfordernis des § 2 NachwG, das eine eigenhändige Unterschrift und damit die Papierform für den Nachweis erforderlich macht. Die „Arbeitsbedingungen-Richtlinie“ (Richtlinie (EU) 2019/1152) lässt es zwar zu, die Arbeitsbedingungen auch in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen, doch der deutsche Gesetzgeber hält an der Schriftform mit all ihren Hindernissen fest. Das bedeutet, dass in einer Phase fortschreitender Digitalisierung der Nachweis nicht digital etwa über ein HR-Portal erfolgen kann.
Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass mindestens folgende Angaben gemacht werden: Höhe und Fälligkeit der Versorgungsbeiträge, Höhe oder Berechnung der Versorgungsleistungen, Angabe der abgesicherten Risiken (Tod, Invalidität, Alter), Voraussetzungen für den Eintritt des Versorgungsfalles und Benennung des gewählten Durchführungswegs. Arbeitgeber sollten vorsorglich prüfen, ob sie bestehende Versorgungsordnungen anpassen bzw. die Nachweispflichten in neue Versorgungsordnungen durch konkrete Benennung des Versorgungsträgers implementieren wollen.
Mitteilungspflichten des Arbeitgebers gem. § 5 LStDV
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, gem. § 5 Absatz 2 Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) (vormals: Altersvorsorge-Durchführungsverordnung vom 28.02.2005) dem Versorgungsträger (hier: Versicherungsunternehmen bei einer Direktversicherung) die steuerliche Behandlung der Versicherungsprämien in der Ansparphase mitzuteilen. Der Arbeitgeber hat der Pensionskasse oder der Direktversicherung, die für ihn die betriebliche Altersversorgung durchführt, spätestens zwei Monate nach Ablauf des Kalenderjahres oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses im Laufe des Kalenderjahres die für den Arbeitnehmer geleisteten Beiträge mitzuteilen, sofern diese nach § 3 Nr. 56 und 63 sowie nach § 100 Abs. 6 S. 1 EStG steuerfrei belassen, nach § 40b des EStG a. F. pauschal besteuert oder individuell besteuert wurden. Ferner hat der Arbeitgeber oder die Unterstützungskasse die nach § 3 Nr. 66 EStG steuerfrei belassenen Leistungen mitzuteilen. Die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers oder der Unterstützungskasse kann durch einen Auftragnehmer wahrgenommen werden. Die vorgenannte Mitteilung kann unterbleiben, wenn die Versorgungseinrichtung die steuerliche Behandlung der für den einzelnen Arbeitnehmer im Kalenderjahr geleistet Beiträge bereits kennt oder aus den bei ihr vorhandenen Daten feststellen kann und dieser Umstand dem Arbeitgeber mitgeteilt worden ist.
Folgen bei unterbliebener Mitteilung des Arbeitgebers
Unterbleibt die Mitteilung des Arbeitgebers, ohne dass ihm eine entsprechende Mitteilung der Versorgungseinrichtung vorliegt, hat das folgende Auswirkungen:
Die Versorgungseinrichtung muss davon ausgehen, dass es sich insgesamt bis zu den in § 3 Nr. 56 oder 63 EStG genannten Höchstbeträgen um steuerbegünstigte Beiträge handelt. Dies hat zur Folge, dass diese in der Auszahlungsphase als Leistungen im Sinne von § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG nachgelagert und damit vollständig zu besteuern sind.
Handlungsbedarf
Es ist für Arbeitgeber wichtig, eine Analyse der vorhandenen Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung vorzunehmen. Arbeitgeber müssen intern die bestehenden Versorgungszusagen prüfen, Mitarbeiter nach den neuen Vorgaben des Nachweisgesetzes (NachwG) informieren und anlassbezogen ihre bestehenden Entgeltumwandlungsvereinbarungen anpassen. Die Änderungen müssen im Lohnbüro (Payroll) eingepflegt werden. Mehr denn je scheint es notwendig zu sein, die Zahl der externen Anbieter zu begrenzen und damit den administrativen Aufwand zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben zu reduzieren. Denn nur bei konsequenter Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben lassen sich langfristig Haftungsrisiken und erhebliche Nachforderungen für den Arbeitgeber vermeiden. Im Übrigen gilt es, die betriebliche Altersversorgung im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte als ein wichtiges Instrument einzusetzen.
Raschid Bouabba, MCGB GmbH