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Was ist rechtswirksam? : Digital im Arbeitsverhältnis unterschreiben

Im Rahmen von Arbeitsverhältnissen stellt sich immer wieder die Frage: Wie muss das Dokument unterschrieben werden – geht das auch einfach und schnell digital? Welche Arten von Signaturen das Gesetz überhaupt vorsieht und in welchen Fällen welche diese Signaturen rechtswirksam ist, möchten wir im Folgenden näher beleuchten.

Lesezeit 8 Min.

Generell kennt das Gesetz die Schriftform, die elektronische Form und die Textform. Eine diesen Formvorschriften entsprechende Unterzeichnung kann grundsätzlich durch jedes Individuum erfolgen – anders als die notarielle Beurkundung, die (wie der Name schon sagt) nur von einem Notar durchgeführt werden kann.

Während unter Schriftform (§ 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) die handschriftliche Unterschrift auf dem Papier zu verstehen ist, ist die Textform (§ 126b BGB) die einfachste der Formvorschrift. Denn Textform bedeutet lediglich, dass eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Das heißt, dass eine E-Mail oder ein Fax das Textformerfordernis erfüllen.

Die elektronische Form (§ 126a BGB) sieht vor, dass der Aussteller der Erklärung seinen Namen dem Dokument hinzufügt und das elektronische Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur versieht. Doch was ist überhaupt eine qualifizierte elektronische Signatur?

Formen der elektronischen Signatur

Es gibt verschiedene Formen der elektronischen Signatur nach der – Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste (eIDAS-VO):

  • einfache elektronische Signatur (z. B. Namenszug unter einer E-Mail oder eingescannte Unterschrift),
  • fortgeschrittene elektronische Signatur,
  • qualifizierte elektronische Signatur (sozusagen die „Fortsetzung“ der fortgeschrittenen elektronische Signatur, die von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt wurde, auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruht und damit strengeren rechtlichen Vorgaben als eine fortgeschrittene elektronische Signatur unterliegt).
Eine Hand, die ein Smartphone benutzt. Auf dem Bildschirm ist eine eIDAS-VO-Anwendung im Nahbereich zu sehen. Der Hintergrund ist verschwommen und überwiegend weiß, wodurch die Interaktion zwischen Hand und Telefon hervorgehoben wird.

Der Unterschied zwischen den zuvor genannten elektronischen Signaturen liegt bei den technischen Anforderungen und der Sicherheit bezüglich der Identität des Unterzeichners. Nur die beiden letztgenannten Signaturen (fortgeschrittene elektronische Signatur und qualifizierte elektronische Signatur) erfordern eine Legitimationsprüfung, wobei die Sicherheits bzw. Vertrauensstufen unterschiedlich ausgestaltet sind.

Die höchste Sicherheits- bzw. Vertrauensstufe bietet die qualifizierte elektronische Signatur, da bei dieser die Feststellung der Identität des Unterzeichners durch einen qualifizierten Vertrauensdienstanbieter (i. S. v. Art. 24 Abs. 1 eIDAS-VO) erfolgt. Aufgrund dieser hohen Anforderungen an eine qualifizierte elektronische Signatur hat diese die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift (Art. 25 Abs. 2 eIDAS-VO). Es gibt Anbieter, wie z. B. DocuSign, die alle Arten der elektronischen Signatur anbieten.

Anwendung der elektronischen Signaturen in der arbeitsrechtlichen Praxis

Ob bzw. welche elektronische Signatur für die einzelnen arbeitsrechtlichen Dokumente verwendet werden kann, hängt von der konkreten gesetzlichen Regelung zum Schriftformerfordernis ab.

Grundsätzlich gilt:

  • Fordert das Gesetz kein Formerfordernis oder nur Textform (§ 126b BGB), können Verträge unter Verwendung der (mindestens) einfachen elektronischen Signatur geschlossen werden.
  • Sieht das Gesetz Schriftform vor und schließt die elektronische Form aus (§ 126 Abs. 1 und Abs. 3 BGB), kann keine der verschiedenen Formen der elektronischen Signatur verwendet werden, auch nicht die qualifizierte elektronische Signatur.
  • Schreibt das Gesetz die Schriftform vor, ohne dass die elektronische Form ausgeschlossen ist, kann allein die qualifizierte elektronische Signatur die Schriftform wahren (§ 126a Abs. 1 BGB).

Das bedeutet konkret:

Eine (mindestens einfache) elektronische Signatur kann mangels gesetzlichen Schriftformerfordernisses insbesondere bei folgenden Dokumenten angewendet werden:

  • Policies,
  • Abmahnungen,
  • Betriebsratsanhörungen bei personellen Einzelmaßnahmen und
  • Betriebsratsanhörungen bei Kündigungen,
  • sonstige Vereinbarungen, sofern sie nicht schriftformgebunden sind.
Eine Nahaufnahme von Händen, die ein digitales Gerät verwenden, um ein Dokument mit einer sichtbaren eIDAS-VO-Signatur anzuzeigen. Eine Hand gestikuliert auf dem Gerät, während die andere, mit einem Ring geschmückt, in der Nähe ruht.

Besonderheiten gelten vor allem in Bezug auf folgende Dokumente:

  • Arbeitsvertrag: In der Regel kann ein Arbeitsvertrag ohne Einhaltung einer besonderen Form geschlossen werden, d. h., dass alle Arten der elektronischen Signatur zu einem wirksamen Vertragsschluss führen. Allerdings schließt das Nachweisgesetz die elektronische Form hinsichtlich der wesentlichen Vertragsbedingungen aus (§ 2 Abs. 1 S. 3 NachwG). Wegen des Nachweisgesetzes trifft den Arbeitgeber die Pflicht, dem Arbeitnehmer spätestens am ersten Tag der Arbeitsleistung (bzw. später, je nach Vertragsbedingung) die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen. Das bedeutet, dass die Vertragsbedingungen (auch Nachweisurkunde genannt) auszudrucken, handschriftlich von einem Arbeitgebervertreter zu unterschreiben und dem Arbeitnehmer auszuhändigen sind (Nachweispflicht).

Wird dem Arbeitnehmer hingegen von Anfang an ein schriftlicher (also ein handschriftlich unterzeichneter) Arbeitsvertrag ausgehändigt, entfällt diese Nachweispflicht. Obwohl der Arbeitsvertrag grundsätzlich mit sämtlichen elektronischen Signaturen wirksam geschlossen wäre, läge ein bußgeldbewährter Verstoß gegen das Nachweisgesetz vor. Dieser kann dadurch verhindert werden, dass Unternehmen mit einer sogenannten Nachweisurkunde arbeiten. Diese enthält die wesentlichen Arbeitsbedingungen. Das hat den Vorteil, dass Arbeitsverträge auch ohne strenge Schriftform geschlossen werden können, und wenn sich Vertragsbedingungen ändern, kann die Nachweisurkunde aktualisiert und den Mitarbeitern mit Originalunterschrift zugeschickt werden.

Ebendies (wie zuvor beim Arbeitsvertrag) gilt fürGehaltserhöhungen, Vertragsänderungenoder auchZielvereinbarungen.

Darüber hinaus ist in Bezug auf Arbeitsverträge zu beachten, dass diese häufig eine (doppelte) Schriftformklausel beinhalten. Dann wären Änderungen des Vertrags stets unter Einhaltung der vereinbarten Schriftform abzuschließen, erfordern also zumindest eine qualifizierte elektronische Signatur.

  • Betriebsvereinbarungen: Besonderheiten gelten auch bezüglich Betriebsvereinbarungen. Diese sind grundsätzlich von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen (§ 77 Abs. 2 S. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)), d. h. gemeinsam zu unterzeichnen. Seit dem Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom Juni 2021) können Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form (qualifizierte elektronische Unterschrift) geschlossen werden, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Abs. 2 BGB dasselbe Dokument elektronisch signieren (§ 77 Abs. 2 S. 3 BetrVG).
  • Befristung: Das Gesetz regelt, dass die Befristung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf (§ 14 Abs. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)).

Erst kürzlich hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden (Urteil vom 16.08.2023 – 7 AZR 300/22), dass für die Wahrung dieses Schriftformerfordernisses „nur“ das Beendigungsdatum schriftlich festgehalten werden muss und nicht auch das Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses. Der Beginn muss nur dann schriftlich festgehalten werden, wenn er für die Bestimmung des Endzeitpunktes maßgeblich ist, also wenn eine Vertragsdauer vereinbart wird.

Nach wie vor ist aber nicht abschließend geklärt, ob die Befristung bei einer elektronischen Signatur wirksam vereinbart wäre. Nach § 14 Abs. 4 TzBfG ist die elektronische Form nicht explizit ausgeschlossen. Die Rechtsprechung hat in mehreren Entfristungsklagen, in denen eine Vertragsunterzeichnung in elektronischer Form Gegenstand war, bislang immer entschieden, dass die Unterzeichnung mittels einfacher elektronischer Signatur nicht der Schriftform entspricht, sodass die Verträge nach § 16 TzBfG entfristet wurden. Nach der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – ist noch nicht geklärt, ob die qualifizierte elektronische Signatur dem Formerfordernis von § 14 Abs. 4 TzBfG entspricht. Daher empfehlen wir, bis zu einer abschließenden Klärung für Befristungsabreden bei der „klassischen“ Schriftform zu verbleiben, also Dokumente handschriftlich zu unterzeichnen (so auch befristete Vertragsverlängerungen).

Eine Person in einem beigen Mantel zeichnet oder schreibt mit einem Stift auf einem Tablet, das auf einem weißen Tisch liegt, und ist möglicherweise mit eIDAS-VO-Anwendungen beschäftigt. Der sanft verschwommene Hintergrund verstärkt den Fokus auf die digitale Interaktion.

Besteht hingegen kein Schriftformerfordernis, kommt es darauf an, ob die Vorschrift vorsieht, dass eine elektronische Unterzeichnung explizit ausgeschlossen ist.

Keine elektronische Signatur – unabhängig von der Art – kann daher erfolgen bei

  • einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses (§ 623 BGB),
  • einer Vollmacht, z. B. für eine Kündigungserklärung,
  • Aufhebungs- und Abwicklungsvereinbarungen,
  • einem Arbeitszeugnis (§ 630 S. 3 BGB).

Daher ist derzeit zu empfehlen …

Unbefristete Verträge:

Unbefristete Verträge können elektronisch signiert werden, z. B. per DocuSign. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Nachweisgesetz sollte aber am besten vor Dienstantritt zusätzlich jeweils für beide Seiten ein Exemplar von den Parteien handschriftlich unterzeichnet werden. Zwar muss nach dem Nachweisgesetz der jeweilige Hinweis nur vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Schriftform gegeben werden. Allerdings bedarf es auch einer Bestätigung des Mitarbeiters, dass er diesen Nachweis erhalten hat. Deswegen kann der gleiche Arbeitsvertrag von beiden Parteien noch einmal handschriftlich unterschrieben und so zu den Akten genommen werden – somit zusätzlich zu den elektronischen Dokumenten, die vielleicht schon lange vorher ausgetauscht worden sind. Dieser Akt dient nur der Absicherung im Hinblick auf die derzeitigen Pflichten aus dem Nachweisgesetz.

Befristete Verträge:

Bezüglich befristeter Verträge raten wir im Hinblick auf die unsichere Lage „auf Nummer sicher“ zu gehen und auf jeden Fall eine von beiden Parteien handschriftlich unterschriebene Version des jeweiligen Vertrags oder der Verlängerung des befristeten Vertrags herzustellen. Eine solche Originalversion sollte dann sowohl dem Arbeitnehmer ausgehändigt als auch zu den Akten genommen werden. Auch hier kann es natürlich sein, dass der Vertrag vorab elektronisch unterschrieben wird (z. B. mit DocuSign). Dann ist im Hinblick auf die Befristung aber entscheidend, dass vor Antritt entweder der ersten Tätigkeit oder vor Antritt der Verlängerung der von beiden Parteien handschriftlich im Original unterzeichnete Vertrag vorliegt. Andernfalls würde dies zum Vorliegen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses führen.

Besonderes Schriftformerfordernis, z.B. Kündigung:

Wie zuvor ausgeführt, gibt es einige Dokumente, für die ein Schriftformerfordernis bislang noch ohne Alternative besteht. Um hier beispielsweise etwaige unwirksame Kündigungen aufgrund eines Formmangels zu vermeiden, sollten elektronische Signaturen diesbezüglich nicht in Betracht gezogen werden. Das bedeutet, dass z. B. Kündigungen stets im Original unterschrieben abzugeben sind. Das gilt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer. Arbeitgeber sollten nicht im Original unterschriebene Kündigungen von Arbeitnehmern mit dem entsprechenden Hinweis des Formmangels zurückweisen, es sei denn, sie sind mit den Kündigungen „einverstanden“.

Geplante Neuerungen

Häufig wird kritisiert, dass das zuvor Ausgeführte nicht mehr zeitgemäß ist. Nicht zuletzt deshalb sind Neuerungen geplant.

Durch das Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) soll es laut dessen Eckpunktepapier vor allem zu folgenden Neuerungen kommen:

  • Das Schriftformerfordernis des BGB soll als Regelform die elektronische Form bedeuten. Dadurch sollen zahlreiche Schriftformerfordernisse aufgehoben werden.
  • Das Nachweisgesetz soll wieder gelockert werden. Es soll eine Regelung geschaffen werden, nach der wie bereits bisher bei schriftlichen Arbeitsverträgen die Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen zu erteilen, entfällt, wenn und soweit ein Arbeitsvertrag in einer die Schriftform ersetzenden gesetzlichen elektronischen Form geschlossen wurde. Das soll auch für in elektronischer Form geschlossene Änderungsverträge bei Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen gelten. Ausnahmen soll es nur in bestimmten Wirtschaftsbereichen und -zweigen geben.
  • Arbeitszeugnisse sollen zukünftig ebenfalls in elektronischer Form erteilt werden können.
  • Weitere Änderungen soll es in Bezug auf das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz geben. Hier soll das Schriftformerfordernis für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit durch die Textform ersetzt werden.

Bis dies aber tatsächlich umgesetzt wird, sollten die zuvor zusammengefassten Empfehlungen berücksichtigt werden. Wir halten Sie gern auf dem Laufenden …

Dr. Michaela Felisiak, Counsel bei Eversheds Sutherland, Fachanwältin für Arbeitsrecht

Laura Hagen, Associate bei Eversheds Sutherland

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